Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)
beurteilt, was sie verdienen – und dabei war es egal, ob der Rest der Menschheit leer ausging. Sie waren die Helden. Jeder wollte so sein wie sie!
Wenn du mich fragst, war alles, was du in der Schule gelernt hast, totale Zeitverschwendung. Es gibt nur eine Lektion im Leben, die wirklich wichtig ist, und zwar wie man es anstellt, reich zu werden. Die Designersachen, die du dir kaufen kannst. Die Autos, die du fahren solltest. Warst du schon einmal auf der Fifth Avenue in New York, Scott? Oder dem Rodeo Drive in Los Angeles? Da würdest du Geschäfte voller Zeug sehen, das du nicht brauchst. Du könntest dir eine Uhr für fünfzigtausend Dollar kaufen. Eine Designersonnenbrille für fünfhundert oder zehntausend. Du könntest sogar einen Tausender für ein Hemd ausgeben! Würdest du das gern tun? Natürlich würdest du das! Und dabei verschwenden wir keinen Gedanken an den zehnjährigen Jungen, der in Kalkutta an einen Arbeitstisch gekettet ist und für vier Cent am Tag Knöpfe annäht.
Natürlich sind da auch die Krankenschwestern und Ärzte, die Sozialarbeiter und Priester. Die sind auch jetzt noch da draußen. Aber was können sie schon bewirken? Trotz all der Millionen, die nach Afrika gepumpt wurden, sterben dort nach wie vor Kinder, während die Wohltäter in ihren schicken glänzenden Geländewagen herumfahren und nach Menschen suchen, die sie retten können. Natürlich kommen sich diese Möchtegern-Helfer ganz toll vor, aber wir wissen beide, dass sie nichts ändern werden. Es waren einfach nie genug von ihnen da. Und die paar, die es versuchen, verschwenden ihre Zeit.
Es hat nie irgendwelche Helden gegeben. Und auch keine Bösewichte. Alle Probleme, die du zurzeit auf der Welt siehst – globale Erwärmung, Umweltverschmutzung, Armut, Überbevölkerung, Kriege, Hungersnöte und alles andere –, wessen Schuld ist das? Waren das die gierigen Geschäftsleute? Bestimmt nicht. Die wären längst pleite, wenn die Leute ihre Produkte nicht kaufen würden. Waren es die Politiker? Komm schon! Wer hat sie denn gewählt? Ich weiß, was Matt dir einreden würde. Er würde sagen, dass die Alten an allem schuld sind. Die Kirche behauptet so etwas schon die letzten zweitausend Jahre – natürlich hört denen längst niemand mehr zu. Es ist wie mit dem Teufel in der Bibel. Wenn man jemandem die Schuld zuschieben will, wieso dann nicht ihm? Und wenn ihr fünf zusammen seid, werdet ihr sie vertreiben und alles ist vorbei und alle leben glücklich bis in alle Ewigkeit.
Aber du weißt natürlich, dass das nicht stimmt. Wenn du auch nur eine halbe Sekunde darüber nachdenkst, muss dir klar werden, wie unsinnig diese Theorie ist. Schuld hat nur der Mensch. Nicht der Teufel. Keine Dämonen. Es gibt keinen Voldemort. Es gibt keinen Darth Vader. Es gibt nur die selbstsüchtigen, gierigen, gefühllosen, zerstörerischen Menschen.“
Die Mahlzeit war beendet. Scott hatte den Tisch verlassen und saß dem blonden Mann jetzt in einem Sessel gegenüber. Auch diesmal konnte er sich nicht erinnern, wie er dorthin gekommen war. Er war pappsatt, zufrieden und ein bisschen schläfrig. Er wusste inzwischen, wer der Mann war. Sein Name war Jonas Mortlake und er war der Sohn von Susan Mortlake. Deswegen war er ihm so bekannt vorgekommen. Aber woher wusste er es? Wann hatte ihm der Mann gesagt, wer er war?
„Deswegen sage ich dir, dass du dich entscheiden musst. Du musst wählen, auf welcher Seite du stehen willst.“
Der Mann redete immer noch. Anscheinend wollte er gar nicht mehr aufhören.
„Im Moment geht es nur darum, ob du hier in diesem Raum sitzen und mit mir essen willst oder lieber in der Zelle, wo du dir mit Spinnenbein ein paar Abfälle teilen darfst. Du kannst anständige Kleider und ein warmes Bett haben und natürlich auch alles andere, was dir Freude macht, oder du kannst dir mit Drogen und Elektroschocks das Gehirn zermatschen lassen. Wenn ich jetzt sage, dass du für diese Entscheidung eigentlich gar kein Gehirn brauchst, bitte ich den kleinen Scherz zu entschuldigen. Ich kann meine Männer rufen und dich jetzt gleich von ihnen zusammenschlagen lassen. Ich könnte dich zwingen, allem zuzustimmen, und das würde mir sogar Freude machen, Scott. Mir gefällt so etwas.
Aber was würde das beweisen? Nichts! Ich bin vielmehr daran interessiert, dich dazu zu bringen, meine Sicht der Dinge zu akzeptieren, ohne dir wehzutun. Ich möchte dich mit Argumenten gewinnen, denn das macht den Sieg noch viel süßer. Einen der Fünf
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