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Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch

Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch

Titel: Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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aussahen, als wären sie einem Albtraum entsprungen. Sie waren wie Roboter. In ihren dunklen Uniformen und mit den identischen Waffen im Anschlag hatten sie nichts Individuelles an sich. Ihre Gesichter waren zu weit weg, um sie zu erkennen, aber selbst aus der Nähe hätten sie kühl und emotionslos gewirkt, nur auf ihre Arbeit konzentriert. Sie waren einfach nur eine Meute, die nicht anhalten würde, bis sie gefunden hatte, wonach sie suchte, und die nicht zulassen würde, dass sich ihr etwas in den Weg stellte.
    Dreihundert von ihnen hatten den Befehl bekommen, die Zielperson aufzuspüren: einen dünnen blassen Fünfzehnjährigen mit dunklen Haaren. Beim Verhör würde er mit einem amerikanischen Akzent sprechen. Man nahm an, dass er mit einem Mädchen in seinem Alter unterwegs war. Nach Möglichkeit sollte der Junge lebend gefasst werden. Das Mädchen war entbehrlich und konnte ohne Bedenken getötet werden.
    Sie waren vom Dorf aus in alle Richtungen ausgeschwärmt, als wäre es das Zentrum eines riesigen Kompasses. Den aktuellen Informationen zufolge durchquerte der Junge – Jamie Tyler – den dichten Wald in Richtung Osten, aber es war auch denkbar, dass er umgekehrt und schon jenseits ihres Suchradius war. Männer mit Hunden durchkämmten den Wald und die Verstärkung war schon unterwegs. Ein Geschwader Fliegensoldaten hatte London bereits verlassen. Eines war sicher: Mitten in der Nacht konnte der Junge nicht weit gekommen sein. Er war garantiert noch irgendwo in der Nähe.
    Sie durchsuchten jedes Gebäude, das sie fanden. Es waren ein paar frei stehende Kirchen und einige Bauernhöfe – längst verlassen – mit vermoderten Heustapeln, Obstgärten und Schweineställen. In früheren Zeiten war die Gegend berühmt gewesen für ihre Schweinezucht. Alle Häuser, die noch standen, wurden in Brand gesteckt. Das war einfacher, als sie Zimmer für Zimmer zu durchsuchen. Über der ganzen Landschaft hing eine dichte Rauchwolke. Der Tag brach in einem deprimierenden erstickenden Grau an.
    Das Dorf, in dem der Junge Zuflucht gesucht hatte, existierte nicht mehr. Jedes einzelne Haus war zerstört worden. Die Dorfbewohner waren tot. Sie hatten einen der Torhüter bei sich aufgenommen, wissentlich oder nicht, und dies war ihre Strafe. Die Straßen und der Dorfplatz waren mit Leichen übersät. Erste Krähenschwärme hatten sich bereits eingefunden und hackten auf das tote Fleisch ein. In den Himmel stiegen weitere Rauchsäulen auf, die noch in fünf Kilometern Entfernung zu riechen gewesen wären – wenn noch jemand da gewesen wäre, um sie zu riechen. Die Polizisten hatten alles mitgenommen, was einen Wert besaß. Alle Nahrungsmittel zum Beispiel. Die Apfelbäume im Obstgarten waren zum letzten Mal abgeerntet worden.
    Mitten in dieser Verwüstung schritt eine einzelne Person die Hauptstraße entlang, die vom Dorfplatz hinabführte. Ihr schwarzer Ledermantel bauschte sich beim Gehen und der Wind fuhr ihr durch das rote Haar. Ihr Gesicht hatte seine Farbe verloren. Die Wangen waren verkniffen, die Augen verengt und der Blick verriet nichts. Ihr war klar, dass sie an einem Wendepunkt ihres Lebens angekommen war und sich ihrer größten Herausforderung gegenübersah. Sie hoffte nur, dass sie noch nicht versagt hatte.
    Ihr Name war Eleanor Strake und sie war … nun, es war schwer zu definieren, was genau sie war. Sie befehligte die Polizei, aber da die Polizei jetzt die Herrschaft über das Land hatte, machte sie das zur – was? Oberbefehlshaberin? Jedenfalls sah sie sich selbst so und mit der Macht der Alten hinter sich würde sicher niemand wagen, das zu bestreiten. Die lang anhaltende Serie terroristischer Anschläge auf fast jede Großstadt in Großbritannien hatte schon vor langer Zeit alles ausgelöscht, was auch nur im Entferntesten an eine Regierung erinnerte. Und das war erst der Anfang gewesen. In den folgenden Jahren hatte man den Eindruck gewinnen können, dass ein Fluch auf dem Land lag, und den Menschen war alles weggenommen worden, was sie brauchten, Stück für Stück. Sicherheit, Kommunikation, Gesundheitswesen, Arbeit, Gesetz und Ordnung. Und zum Schluss auch Essen und Wasser. Die wenigen Jammergestalten, die überlebt hatten, brauchten jemanden, der sie vor dem Hungertod bewahrte, selbst wenn sie dazu in die Arbeitslager gesteckt werden mussten, die im Norden und Süden des Landes errichtet worden waren – und dieser Jemand war sie. Oberbefehlshaberin Strake. Manchmal konnte sie kaum fassen, über wie

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