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Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch

Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch

Titel: Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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viel Macht sie verfügte.
    Und jetzt konnte das alles gefährdet sein. Zu erfahren, dass einer der Torhüter tatsächlich in England aufgetaucht war, hatte sie freudig erregt. Und nach dem Anruf der Lehrerin (der inzwischen toten Lehrerin) hatte ihr Entzücken keine Grenzen gekannt. Endlich konnte sie sich des Vertrauens würdig erweisen, das die Alten in sie setzten. Sie würde ihnen den Jungen bringen und dafür mit einem Leben in Luxus belohnt werden, weit weg von dem Rattenloch, zu dem dieses Land verkommen war. Sie hatte nicht im Traum damit gerechnet, dass Jamie ihr entwischen könnte. Sie wusste, dass die Türen nicht mehr funktionierten. Sie war überzeugt, dass er nirgendwo hinkonnte.
    Eleanor Strake hatte das Ende der Straße erreicht und betrat den Bootsanleger. Hier hatte eine erbitterte Schießerei stattgefunden. Neun oder zehn Polizeibeamte waren getötet worden – anscheinend von nur einer Person; einem leicht übergewichtigen blonden Jungen im späten Teenageralter. Er lag auf der Seite, ein Maschinengewehr im Arm. Er sah merkwürdig friedvoll aus. Sie fragte sich einen Moment lang, wen oder was er wohl verteidigt hatte. Dann ging sie ein paar Schritte weiter bis an den Rand des schwarzen ekligen Jauchegrabens, der früher einmal ein Fluss gewesen war. Darin regte sich nichts mehr. Das Wasser war so tot, dass es nicht einmal mehr wie Wasser aussah. Es musste Jahre her sein, seit der letzte Fisch gesichtet worden war.
    Konnte der Junge auf diesem Weg entkommen sein? Eine alte Frau im Dorf hatte gesagt, dass er in östlicher Richtung durch den Wald flüchtete, aber es war auch denkbar, dass sie gelogen hatte. Doch in dieser öligen Brühe konnte kein Segelboot vorankommen. Hätte er versucht, auf diesem Weg zu fliehen, hätten die Polizeikräfte ihn längst aufgespürt. Einen kurzen Augenblick lang bekam Strake Angst. Wenn sie versagte, wenn sie ihn nicht fand, was würde dann mit ihr geschehen? Diese Frage bedurfte wohl keiner Antwort. Es war klar, welches Schicksal sie dann erwartete.
    Sie machte kehrt und ging zurück ins Dorf, wo ihr privater Hubschrauber wartete. Es war noch früh am Tag. Sie war überzeugt, dass sie den Jungen spätestens am Mittag haben würden.
    Aber in ihrem Übereifer und ihrer Blutgier hatte die Oberbefehlshaberin einen Fehler gemacht. Ihre Offiziere hatten niemanden am Leben gelassen, der verhört werden konnte, und deshalb erfuhr sie auch nie, dass ein Mann, der sich selbst Reisender nannte, einst mit einem Kanalboot im Dorf aufgetaucht war. Natürlich hatte niemand gewusst, dass die Lady Jane immer noch Treibstoff hatte und einen funktionierenden Motor besaß, aber dennoch … Hätte die Polizei danach gefragt, wäre wohl aufgefallen, dass das Boot verschwunden war, und da die gedämpfte Lampe am Bug genügend Licht spendete, um die Uferböschungen erkennen zu können, konnte es die ganze Nacht durchfahren. Inzwischen war die Lady Jane vierzig Kilometer weit weg und folgte dem Kanal Richtung Süden nach London.
    Sie war eine wandelnde Tote. Als Strake sich auf den Rückweg durch die Leichenberge machte, wartete sie auf die Quäkstimme aus dem Funkgerät, die ihr meldete, dass die Mission erfolgreich und Jamie Tyler in Gewahrsam war. Aber ein Teil von ihr wusste bereits, dass es schiefgegangen war und diese Nachricht nie kommen würde.
    Jamie starrte nach vorn und betrachtete das vorbeigleitende Ufer.
    Seit ihrer Flucht aus dem Dorf waren zwölf Stunden vergangen und fast die ganze Nacht lang war er zu aufgewühlt und zu traumatisiert gewesen, um auch nur an Schlaf zu denken. Er hatte geglaubt, in Sicherheit zu sein, zumindest vorläufig, aber im Laufe von nur wenigen Stunden war alles auf den Kopf gestellt worden. Erst Miss Keylands Abstecher in den Wald, dann die Telefonzelle, die plötzliche Ankunft der Polizei, die Flammenwerfer und Maschinengewehre – und schließlich George, der sich zwischen sie und die Angreifer gestellt hatte, obwohl sein eigenes Leben bereits aus ihm herausblutete – das war alles zu viel gewesen und es war zu schnell passiert.
    Und dann noch die Lady Jane. Jamie war bisher noch nie auf einem Hausboot gefahren. Er war auch noch nie auf einem Kanal gewesen und abgesehen vom Truckee River, der in seinem Betonbett durch die amerikanische Stadt Reno in Nevada floss, war ihm jede andere Wasserstraße ein Buch mit sieben Siegeln. Die erste Stunde hatte er zusammen mit Holly am Bug gestanden, während der Reisende mit hängenden Schultern am Ruder

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