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Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch

Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch

Titel: Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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da war ich auch schon eingeschlafen.
    Als ich die Augen wieder öffnete, war Jamie bereits auf und durch die Fenster fiel graues Licht herein. Ich schaute hinaus und sah die Uferböschung vorbeiziehen, braun und schlammig mit nur ein paar vereinzelten Grasbüscheln. Sie war sicher einmal schön grün gewesen, aber das war lange her. Das Wetter war schlecht und das Wasser so tiefschwarz, dass ich keine Ahnung hatte, wie spät es sein mochte. Im Dorf wäre ich jetzt wohl im Obstgarten gewesen oder hätte Anweisungen von Mr Bantoft bekommen – das war an diesem Morgen mein erster Gedanke. Aber ich würde nie wieder ein Wort vom Verwalter unserer Farm hören. Von keinem von ihnen. Das war vorbei. Für immer.
    Ich stand auf und bahnte mir einen Weg durch die Kajüte, wobei ich aufpassen musste, mir nicht den Kopf an den Töpfen und Pfannen zu stoßen, die von der Decke herabhingen. Alles war sehr eng und schmal, wie ein Puppenhaus, das jemand zusammengedrückt hatte. Jamie war beim Reisenden an Deck. Die beiden standen zusammen am Ruder.
    „Auch schon wach?“, murmelte der Reisende. „Das Frühstück hast du verpasst, aber wenigstens bist du rechtzeitig zum Mittagessen aufgewacht.“
    Mittagessen? Hatte ich wirklich so lange geschlafen? Ich sah mir die fremde Landschaft an, durch die wir fuhren – auf einer Seite von Gras überwucherte Felder mit ein paar mickrigen Bäumen, um die dichter Nebel waberte, und auf der anderen Seite ein mit Gestrüpp bewachsener Hügel. Keine besonders aufregende Aussicht, aber neu für mich – das erste Mal seit fünfzehn Jahren. Ich stellte mir vor, dass ich dasselbe empfand wie jemand, der gerade aus dem Gefängnis entlassen worden war.
    „Was gibt’s zum Mittagessen?“, fragte ich.
    „Dosenlachs. Dosentomaten. Dosenbohnen. Doseneintopf. Es hängt davon ab, welche Dose ihr aufmachen wollt.“
    Im Dorf hatte es schon seit einer Ewigkeit keine Konservendosen mehr gegeben und so klang die Aufzählung des Reisenden für mich nach einem echten Festmahl.
    „Ist alles in Ordnung, Holly?“, fragte Jamie.
    Ich nickte. Eigentlich hätte ich mich schlechter fühlen sollen, aber der Schlaf hatte ebenso geholfen wie die Tatsache, dass wir schon so weit weg waren. Es war mir gelungen, auch ein paar meiner Albträume hinter mir zurückzulassen.
    Wir kamen an eine halbrunde Brücke, über die eine Landstraße führte, und der Reisende verlangsamte die Geschwindigkeit und ließ das Boot so weit vorwärtstreiben, bis das alte Mauerwerk uns verbarg. Er schien genau zu wissen, was er tat, was auch gut war, weil ich keine Ahnung hatte, wohin wir fuhren oder was wir tun würden, sobald wir da waren.
    „Mach die Taue fest, Jamie …“
    Wir banden das Boot unter der Brücke fest, damit wir außer Sicht waren, falls ein Hubschrauber vorbeikam. Der Reisende schaltete den Motor ab, wir gingen in die Küche und setzten uns an den Tisch – Jamie und ich an einer Seite, der Reisende an der anderen. Er machte mehrere Dosen auf und kochte sogar richtigen Kaffee, den er in einer weiteren Dose aufbewahrte. Das war nun schon das zweite Mal, dass ich welchen trank, obwohl ich ehrlich gestehen muss, dass ich den Geschmack nicht mochte. Der Lachs war jedoch unglaublich; weich und saftig, und er machte richtig schön satt. Die Vorstellung, dass der Fluss früher einmal voll von diesen Fischen gewesen sein sollte, war fast zu viel für mich.
    Nun saßen wir also zu dritt in der engen aber gemütlichen Kajüte, gut versteckt unter der Brücke, vielleicht vierzig oder fünfzig Meilen vom Dorf entfernt. Ich wartete darauf, dass der Reisende zu sprechen begann, was er schließlich auch tat.
    „Mein Name ist Graham“, sagte er. „Ihr könnt mich so nennen, wenn ihr wollt. Ich habe gestern schon mit Jamie gesprochen. Ich gehöre einer Organisation an -du würdest sie vielleicht als Geheimgesellschaft bezeichnen –, die ihm helfen will.“ Das ergab Sinn. Ich hatte noch nie jemanden getroffen, der geheimnisvoller war als der Reisende. Seine dunklen Augen hatten nie etwas preisgegeben. „Der Name der Organisation ist Nexus. Jamie weiß darüber Bescheid und auch, dass er mir trauen kann.“
    Ich war klug genug, noch nichts zu sagen. Außerdem hatte ich ohnehin den Mund voll. Eigentlich war mein Mund schon voll gewesen, seit ich mich hingesetzt hatte.
    „Der Nexus erwartet uns“, fuhr er fort. „Wir müssen nur den Sheerwall Tunnel erreichen, der am Rand von London liegt – und dies ist der beste Weg. Wie ich

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