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Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch

Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch

Titel: Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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waren. Wieso sollte ich also jetzt damit aufhören? „Ich weiß, dass sich das kindisch anhört“, sagte ich. „Aber ich habe wirklich Angst im Dunkeln.“
    Das war Jamies Stichwort. „Schon gut“, sagte er. „Ich muss auch aufs Klo. Ich gehe mit dir.“
    Es war nicht zu übersehen, wie enttäuscht die Frau des Majors war. Sie dachte kurz nach und zuckte dann mit den Schultern. „Dann geht ruhig zusammen“, sagte sie und sah den Jungen an. „Cosmo, begleite sie und sorge dafür, dass sie sich nicht verlaufen.“
    Sie traute uns nicht. Cosmo stand auf, griff nach einer Schrotflinte und schwang sich den Riemen über die Schulter. Es sah komisch aus, jemanden in seinem Alter bewaffnet zu sehen, aber Cosmo ging mit dem Gewehr um, als wäre er damit aufgewachsen. Gemeinsam verließen wir den Raum. Es war jetzt, wo die Sonne untergegangen war, viel kälter, aber zumindest war der Himmel noch hell genug, dass man etwas sehen konnte. Cosmo zeigte auf einen Kiesweg, der an einer Seite um den Pub führte. „Hier geht’s lang“, sagte er.
    „Wir sind schon vorgegangen“, sagte Jamie. „Du solltest dich beeilen, wenn du uns noch einholen willst.“
    Was er da sagte, ergab überhaupt keinen Sinn. Wir bewegten uns gar nicht. Wir standen direkt vor ihm. Einen Moment lang sah Cosmo verwirrt aus. Dann nickte er und lief in die Dunkelheit, die ihn kurz darauf verschluckte. Erst da kapierte ich, dass Jamie es irgendwie fertiggebracht hatte, dass Cosmo ihm glaubte, obwohl er doch deutlich sehen konnte, dass Jamie ihn anlog. Irgendwie ließ mich das schaudern. In vieler Hinsicht war Jamie so normal. Ich meine, er war wie jeder andere Fünfzehnjährige, wie ich. Aber zugleich war er so was wie ein Superheld. Er war einer der Fünf. Er besaß diese unglaubliche Fähigkeit.
    Sobald der Junge weg war, setzte sich Jamie in die andere Richtung in Bewegung. „Bleib dicht bei mir“, sagte er. Seine Stimme war nur ein Flüstern und es hörte sich an, als hätte er Angst. „Wir haben nicht viel Zeit.“
    „Wohin gehen wir?“
    „Ich muss dir etwas zeigen. Es wird dir nicht gefallen. Aber ich muss sehen …“
    Wir gingen um die Punch Tavern herum und kamen an ein Fenster, das von innen durch Kerzen erleuchtet war. Mir wurde klar, dass es sich um die Küche handelte – wo das Fleisch hergekommen war. Ich glaube, ich wusste schon, was ich sehen würde, bevor ich es sah. All meine Nerven kribbelten und eine böse Vorahnung krampfte mir den Magen zusammen. Wir schlichen vorwärts und spähten durch die Scheibe. Und da war es. Ich werde diesen Anblick nie vergessen.
    Drinnen stand ein Koch in einer weißen Schürze und mit einer weißen Kochmütze. In Little Moulsford machten sie alles, wie es sich gehörte, nicht wahr? Ich wette, er wusch sich sogar die Hände, bevor er anfing zu kochen. Auf einem Holzbrett vor ihm lag ein riesiger Brocken Fleisch – nur dass es kein Fleisch war. Es war ein Mensch … oder das, was von ihm noch übrig war. Ich konnte deutlich einen Arm, eine Schulter und einen Teil des Oberkörpers erkennen, die zum Teil in Alufolie eingepackt waren. Das war es also, was sie uns gerade serviert hatten. Das hätte ich beinahe gegessen. Ich wendete mich ab und übergab mich ins Gras. Ich konnte nichts dagegen tun.
    Jamie hatte sofort Angst, dass mein Würgen uns verraten würde. Aber zum Glück hatte der Pub dicke Mauern und Fensterscheiben. Der Koch hörte mich nicht.
    Ich wischte mir den Mund mit dem Ärmel ab und holte tief Luft. Ich wusste nicht, ob da drinnen ein Mann lag oder eine Frau. Es war zu schrecklich, darüber nachzudenken. Aber so hatten diese Leute überlebt. Sie waren Kannibalen. Sie hatten angefangen, Menschen zu essen.
    „Wir müssen den Reisende finden“, flüsterte Jamie.
    „Wo ist er?“ Einen grässlichen Moment lang fürchtete ich, dass wir ihn gerade gesehen hatten. Aber das war nicht möglich. Es musste Stunden gedauert haben, den Toten in der Küche zuzubereiten, aber der Reisende war nur ein paar Minuten vor uns gegangen.
    Jamie starrte in die Dunkelheit, als lauschte er auf etwas – und auf seine eigene Weise tat er das auch. Er fing Gedanken auf wie Radiowellen. „Da ist eine Scheune …“
    Wir rannten darauf zu. Ich war froh, möglichst viel Abstand zwischen mich und die Punch Tavern zu bringen, und konnte es nicht erwarten, endlich zu verschwinden. Aber ohne den Reisenden würden wir nirgendwo hinfahren. Wir konnten das Boot nicht allein bedienen und außerdem kam es nicht

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