Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch
Er war wütend auf sich selbst, weil er einfach nur dagesessen und den Wein auch noch freiwillig getrunken hatte.
Ihm fiel wieder ein, wie Matt in der Traumwelt versucht hatte, ihn zu warnen. Wie hatte er diesem Mann vertrauen können, der immer noch so vernünftig auf ihn einredete, als wäre vollkommen verständlich, was er getan hatte?
„Es sind schlimme Zeiten, Pedro. Es scheint, als wäre das Ende der Welt nahe. Ganz Süditalien ist überflutet und jetzt ist auch noch der Vesuv ausgebrochen und hat im Westen Tod und Verwüstung angerichtet. Die Städte sind voller Menschen aus Osteuropa, die vor Krieg und Hungersnot geflohen sind, und wir haben weder Nahrung noch Unterkunft für sie. Die Regierung geht auf eine Weise gegen sie vor, an die ich lieber nicht denken will. Sie werden getötet … zu Zehntausenden. Sogar der Heilige Vater schaut nicht mehr hin. Was sollen wir da tun?
Und es passieren noch schlimmere Dinge auf dem Planeten. In Indien, in China, in Amerika, in Afrika. Ganze Länder sind verschwunden. Manche sind ins finsterste Mittelalter zurückgefallen. Terroristen und Fanatiker haben Millionen auf dem Gewissen. Hast du jemals die Bibel gelesen? Die Könige der Erde, die Mächtigen, die Reichen und die Starken haben sich in den Höhlen und Felsspalten der Berge versteckt und gesagt: ‚Fallt über uns und verbergt uns vor dem Zorn des Lammes, denn es ist gekommen der große Tag des Zorns und wer kann bestehen?’ Das stammt aus der Offenbarung des Johannes. Das Ende der Welt. Das ist es, was gerade geschieht.“
Pedro musste schnell handeln. Er merkte, wie seine Kräfte schwanden und sich die schwere Hand des Schlafs auf ihn legte – des ewigen Schlafs. Der Priester redete immer noch, doch das Sprechen fiel ihm schwer. Einige Worte lallte er nur noch. Er saß auf seinem Stuhl, die Hände im Schoß. Nur seine Lippen bewegten sich. Er würde schon sehr bald tot sein.
Aber Pedro hatte ihm etwas voraus. Er war ein Heiler. Er hatte jahrelang in einem Slum voller Giftmüll gelebt – der sogar Poison Town hieß. Aber er war trotzdem nie krank geworden. Er hatte den Grund dafür zwar nicht gekannt, aber seine Gabe hatte ihn geschützt. Diesen Vorteil konnte er jetzt nutzen. Er konnte seine Heilkräfte auf sich selbst richten.
„Vielleicht hätten du und die anderen Torhüter uns retten können, wie du Maria gerettet hast“, fuhr der Priester fort. „Aber das verstehst du doch sicher – das konnte ich nicht zulassen. Wir müssen akzeptieren, dass alles, was in der Welt geschieht, der Wille des Allmächtigen ist und dass uns nur unser Glaube hilft, diese Prüfungen zu überstehen. Wenn plötzlich fünf Kinder auftauchen, um die Menschheit mit gotteslästerlichen Methoden zu retten, was glaubst du, wird dann passieren? Es bedeutet das Ende der christlichen Kirche. Wir werden versagt haben! All der Glaube, alles, was wir in den letzten zweitausend Jahren aufgebaut haben, wird zusammenbrechen. Verstehst du das? Es kann nur einen Erlöser geben und das bist nicht du.“
Als Erstes musste Pedro so viel von dem Gift loswerden, wie er konnte. Das war das Wichtigste. Er brauchte Wasser, aber es gab kein Waschbecken im Zimmer. Dann fiel es ihm wieder ein. Sie stand direkt vor ihm … die Blumenvase.
Es kostete ihn seine ganze Kraft, danach zu greifen. Mit einer Hand zog er die Blumen heraus. Sie starben bereits. Wie er! Das Wasser in der Vase war grün und schleimig. Das war gut. Pedro setzte die Vase an und kippte sich die Brühe in den Hals. Sie schmeckte widerlich. Ein paar Schleimfetzen blieben in seinen Zähnen hängen.
„Was machst du da, Pedro?“, fragte der Priester, aber seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Pedro ignorierte ihn. Das eklige Wasser hatte genau die Wirkung, auf die er gehofft hatte. Ihm wurde schlecht und einen Moment später drehte er den Kopf zur Seite und übergab sich. Er war sicher, dass der gesamte Inhalt seines Magens auf dem Fußboden gelandet war. Also musste er zumindest einen Teil des Giftes losgeworden sein.
„Nein!“ Silvio sah ihn entgeistert an.
Pedro war der Priester mittlerweile vollkommen gleichgültig. Vielleicht bildete er es sich nur ein, aber er war überzeugt, dass der Geschmack des Gifts aus seinem Mund verschwunden war. Er warf sich nach vorn, fiel vom Stuhl und landete auf den Knien – direkt vor dem antiken Spiegel.
Er konnte sein Spiegelbild sehen. Er sah furchtbar aus, ganz bleich, schwitzend und mit starrem Blick.
Er konzentrierte
Weitere Kostenlose Bücher