Horror Cocktail
Und der zweite Grund?«
»Wut. Eifersucht. Rivalität. Solche Dinge.«
»Der dritte?«
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»Einfach die Lust am Töten, nicht wahr? Ausschließlich wegen der Aufregung.«
»Nicht ausschließlich wegen der Aufregung«, berichtigte Mr. Kain. »Die dritte Kategorie fällt für mich aus. Ich werde niemals einen Psychopathen zum Schüler nehmen. Man kann sich einfach nicht darauf verlassen, daß sie sich an die Anweisungen halten.«
»Aber der Fall mit der schwarzen Dahlie war doch nun wirklich das Werk eines Psychopathen.«
»Jetzt kommen wir zum springenden Punkt«, versicherte ihm Mr. Kain. »Natürlich hat es so ausgesehen. Es war ja so geplant.«
»Geplant?«
»Ich habe Ihnen doch vorhin erklärt, daß über die Hälfte aller Morde in diesem Land unaufgeklärt bleiben. Warum wohl? Weil die Hinweise, die die Behörden in den einzelnen Fällen haben, nur selten Schlüsse auf den wirklichen modus operandi zulassen. Vor ein paar Jahren gab es einmal eine Flut von Detektivbüchern, in denen die kompliziertesten und unmöglichsten Arten der Vernichtung beschrieben wurden. Ich muß es wissen: die Bücherregale vorn sind voll davon.
Phantastische Mordpläne – mit Leuten, die vergiftete Pfeile oder Dolche aus Eiszapfen benutzten, mit Alibis, bei denen in einem verschlossenen Raum eine Schallplatte mit der Stimme des Täters lief. Das ist alles lächerlich. Wenn Sie Ihren gesunden Menschenverstand gebrauchen, werden Sie von niemandem gesehen, der als Informant oder Zeuge zur Polizei rennen kann. Es ist nichts Besonderes dabei, nach einem Mord nicht erwischt zu werden. Selbstverständlich vorausgesetzt, daß man bezüglich Fingerabdrücken, Blutflecken und all dem Kindergartenkram besonders vorsichtig ist.
Die Polizei verfolgt heute Mörder kaum noch anhand der Methoden, die sie anwandten. Was sie auf die Anklagebank bringt, ist meistens ihr Motiv. Und das sind genau die 116
fünfundvierzig Prozent, die erwischt werden und die wir vergessen können. In den Fällen, wo der Mord aus Notwendigkeit begangen wurde, ist das Gesetz immer hinter demjenigen her, der davon profitiert haben könnte: hinter einem Erben, zum Beispiel, einem unglücklich verheirateten Mann oder einer Frau, einem geschäftlichen Rivalen. In Fällen der Wut oder Eifersucht ist es noch leichter, den Täter ausfindig zu machen.«
Er ließ seine Worte einen Augenblick einwirken. »Ich versichere Ihnen, hinter jedem einzelnen Mord, den ich geholfen habe zu planen, steckte ein echtes Motiv. Aber ich habe sie immer so geplant, daß kein Motiv ersichtlich wurde. Kurz gesagt, jeder einzelne dieser Morde sah so aus, als sei er von einem Wahnsinnigen begangen worden.«
»Das also ist das Geheimnis.«
»Hat die Person, die Sie zu mir geschickt hat, denn nichts angedeutet?« fragte Mr. Kain. »Kennen Sie denn die Geschichte meines Erfolges überhaupt nicht?«
»Doch«, gab der junge Abel zu. »Und ich kenne die Einzelheiten. Er hat Sie sehr nachdrücklich empfohlen. Nur –
bis jetzt klang das alles für mich einfach unsinnig.«
»Und jetzt glauben Sie es? Gut. Nun gut, dann wäre es aber an der Zeit, daß Sie sich mir anvertrauten, oder nicht? Wen also haben Sie im Auge?«
Mr. Abel zögerte nicht mehr.
»Ich möchte den Mann töten, der Sie mir empfohlen hat«, sagte er.
»Einen meiner früheren Schüler? Aber – mein lieber Junge, das ist doch ethisch wohl kaum …«
»Beruhigen Sie sich. Ich werde Ihnen seinen Namen nicht sagen. Sie werden es nie erfahren. Ihr Gewissen wird also nie belastet werden.«
»Hegen Sie einen persönlichen Groll gegen diesen Mann? Ist es das?«
»Ja. Ich wiederhole, es ist nicht nötig, daß ich Sie mit 117
Einzelheiten belaste. Alles, was Sie wissen müssen, ist, daß er keinerlei Verdacht hegt, daß ich ihn hassen könnte. Nach Ihrer Definition haben wir also schon die idealen Voraussetzungen.
Mit dem Verbrechen würde mich niemand in Verbindung bringen, weil ich offensichtlich kein Motiv hatte. Jetzt muß ich von Ihnen nur die Methode erfahren. Irgend etwas, das es hinterher so aussehen läßt, als wäre es die Tat eines kriminellen Psychopathen.«
»Hm.« Mr. Kain erhob sich und ging im Raum auf und ab.
»Es klingt ziemlich einfach, wenn Sie mir die Wahrheit gesagt haben.«
»Ehrenwort.«
»Nun – wenn das so ist …« Mr. Kain zögerte. »Ich nehme an, es wäre zu einfach, wenn Sie ihn lediglich irgendwo allein in eine Ecke drängten, erwürgten und weggingen? Manchmal ist gerade die Einfachheit
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