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Horror Factory - Das Grab: Bedenke, dass du sterben musst! (German Edition)

Horror Factory - Das Grab: Bedenke, dass du sterben musst! (German Edition)

Titel: Horror Factory - Das Grab: Bedenke, dass du sterben musst! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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also dastehe, zart über die bleichen Wangen fahre und mich nicht sattsehen kann an der Schönheit, die nicht einmal der Tod zu verheeren wagte, frage ich mich doch, wie so etwas zugehen kann. Die Kühle des Grabes mag die Zersetzung eines Körpers verlangsamen, aber gewiss nicht in dem Maße, wie ich gerade Zeuge werde. Nicht einmal ein Hauch jenes Geruchs, den ich bei anderen Leichen wohl schon nach ein, zwei Tagen bemerkte, wenn ich Häuser besuchte, wo welche aufgebahrt waren, steigt aus dem Sarkophag zu mir empor. Im Gegenteil, Liz duftet noch so betörend nach Rosenwasser, als hätte sich der Deckel gerade erst über ihr geschlossen!
    »Meine Liebe …«
    Meine Worte scheinen in sie einzusickern. Aber nichts regt sich, starr und steif liegt sie da, scheinbar ganz nah, aber vom Tode mir doch so sehr entfernt, als würde eine Million Meilen uns trennen.
    Ich setze mich auf den Rand des Sarges und flechte die Finger ihrer kalten Hand in meine. Ich kann sie nicht wärmen.
    Während ich so dasitze, formt sich ein neuer Gedanke in mir, dessen Umsetzung ich aber auf morgen verschieben will.
    Ich lasse den Sarg offen, als ich gehe. Es gibt keinen Grund, ihn zu schließen. Morgen werde ich den Deckel vollends entfernen. Und überprüfen, wie es sich mit den anderen verhält, die Liz hier unten Gesellschaft leisten …
*
    Ich schlafe fast bis Mittag, und als ich aufstehe, fühle ich mich matt und krank. Ich schiebe es auf die Kälte in der Gruft, die zwar von Liz’ sphärischer Wärme kaschiert wird, die aber nichtsdestotrotz da ist.
    Es ist ein sonniger Herbsttag, kein Wölkchen trübt den Himmel, als es mich, wie an einem Wintertag gekleidet und zu ungewohnter Stunde, hin zu den Särgen zieht.
    Alles ist so, wie ich es in der Nacht hinterließ, der Deckel von Lizzys Sarkophag so verschoben, dass ich erneut nicht der Versuchung widerstehen kann, hineinzugreifen und meinen toten Engel zu berühren.
    Ich habe die Tür sperrangelweit aufgelassen, sodass ein anderes Licht als zuletzt auf ihr Gesicht fällt. Es wirkt dadurch herber als im Schein der Laterne, aber auch lebendiger.
    Da mich keine Eile drängt, genieße ich zunächst die Nähe meiner Liebsten. Doch dann fällt mein Blick auf das Eisen, mit dem ich dem Steindeckel zu Leibe rückte, und fortan kreisen meine Gedanken um den wahren Grund meines jetzigen Besuchs.
    Mit gemischten Gefühlen greife ich das Werkzeug und begebe mich damit zum Sarkophag meines Vaters, der hier schon seit drei Jahrzehnten ruht. Er starb an Tuberkulose, nicht hier auf dem Crowley’schen Anwesen, sondern in einem Sanatorium nahe London, das sich auf diese Krankheit spezialisiert hatte. Doch auch dort konnte ihm niemand helfen, und so verschied er dort fernab der Familie und wurde erst Tage nach seinem Ableben hierher überführt. Ich war ein junger Mann von Anfang zwanzig, und ich erinnere mich an seine »Heimkehr«, als wäre es gestern gewesen.
    Dreißig Jahre ist das her. Meine Hände zittern, als ich mir einen Ruck gebe und das Eisen in die Fuge stoße. Der Deckel sitzt fester als der von Lizzys Sarg, und beim ersten Versuch rutsche ich ab, gerate ins Straucheln und komme zu Fall. Ich stoße mir den Kopf, und während ich mich stöhnend wieder aufrappele, fällt mein Blick in eine Ecke der Sargnische, wo etwas Pelziges liegt.
    Eine tote Ratte.
    Sie erregt meine Aufmerksamkeit nur flüchtig, dann widme ich mich wieder meinem Vorhaben, den Deckel zu öffnen, und schließlich ist es geschafft. Ich entfache die mitgebrachte Lampe und beuge mich damit über die Öffnung.
    Auch jetzt steigen mir keine modrigen Gerüche entgegen, aber statt auf ein Gesicht starre ich auf zugenähtes Leinen, auf den Sack, in dem Vater damals aus London hergebracht und hier beigesetzt wurde.
    Nun zögere ich doch. Soll ich wirklich …?
    Es ist, als würden mir meine Hände die Entscheidung abnehmen und ein Eigenleben entwickeln. Zuerst stelle ich die Lampe auf dem Rand des Steinsargs ab, dann krallen sich meine Finger rechts und links der Naht in das Stoffgewebe. Ein Ruck – und die Naht bricht auf. Darunter kommt jedoch kein Gerippe zum Vorschein, sondern ein mit Geschwüren übersätes Gesicht mit eingefallenen Wangen. Ich bin froh, dass die Augen geschlossen sind, und diesmal will ich mir nicht vorstellen, dass sie mich durch die geschlossenen Lider hindurch anstarren; anders als bei Liz könnte ich es hier nicht genießen.
    Mich fröstelt. Aber dem ersten Schrecken folgt die Erkenntnis: Ja, mein Verdacht

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