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Hosen runter: Roman (German Edition)

Hosen runter: Roman (German Edition)

Titel: Hosen runter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Regel
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hätte keiner von uns Lust, mit ihr zusammenzusein. Und aus demselben Grund stehen Frauen nicht auf heulende Jungs.«
    Wenn Hermann recht hatte, hätte auch Frau Gassner nichts für Heulsusen übrig. Meine hotte Therapeutin konnte eigentlich nur ein gespaltenes Verhältnis zu Männern haben. Beruflich lernte sie vermutlich nur Softies kennen, die jede misslungene Erektion mit ihr ausdiskutieren wollten, also dürfte sie privat eigentlich keine Lust mehr auf allzu viel Gelaber haben und Männer bevorzugen, die nicht lange um den heißen Brei herumredeten. Das wiederum konnte den Mäuserich, so absurd die Vorstellung auf den ersten Blick auch schien, in ihren Augen durchaus attraktiv machen. Von ihm wusste sie, dass er nicht lange fackeln würde. Was würde dagegen für mich sprechen? Sollte ich in der nächsten Sitzung auftreten wie ein Mann, der sich und sein Tun reflektiert, oder doch lieber wie ein instinktgetriebener Höhlenmensch?
    »Du wirkst so abwesend?«, riss mich Hermann aus meinen Gedanken.
    »Ach, mir geht die Therapeutin nicht aus dem Kopf.«
    »Wie heißt sie denn?«
    »Frau Gassner.«
    »Ich meine, mit Vornamen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Interessiert dich das nicht?«
    »Doch, natürlich, aber ich habe gerade die Gelben Seiten nicht zur Hand. Sie hat eine Praxis, die müsste da ja drinstehen.«
    Hermann verzog das Gesicht. »Sag mal, wo lebst du denn?«, fragte er mich und holte sein Smartphone aus der Tasche. »Wozu denn die Gelben Seiten? Das google ich.«
    Ich kam mir wirklich altmodisch vor. Mein Mobiltelefon hatte keinen Internetzugang. Während Hermann mit hundert Anschlägen pro Minute etwas in die Suchmaschine eingab, hoffte ich, dass Frau Gassner keine Eltern hatte, die sich den Namen ihrer Tochter im Haschnebel der Hippiezeit ausgedacht hatten, und sie nicht Krishnabella hieß. Oder Lukrezia. Vielleicht Sabine, Andrea oder Susanne? Ja, eigentlich sah sie aus wie eine Susanne.
    »Nathalie«, sagte Hermann und zeigte mir das Display, auf dem ich nur ein paar winzige Buchstaben erkennen konnte.
    »Nathalie?«, wiederholte ich. »Bist du dir sicher?«
    »Ich habe ›Gassner‹ und ›Psychotherapie‹ eingegeben. Ihre Praxis ist in Kreuzberg.« Er tippte weiter auf dem Touchscreen herum. »Sie ist in Tempelhof aufs Gymnasium gegangen und vierunddreißig Jahre alt«, sagte er und steckte sein Telefon wieder weg.
    Manchmal erschreckte mich, wie viel man heute in Sekunden über jemanden herausfinden konnte, aber diesmal war es nützlich. Frau Gassner machte sich in der Gruppe ständig Notizen, insofern war es nur gerecht, dass ich zu unserem nächsten Rendezvous so vorbereitet ging wie der amerikanische Präsident zu Abrüstungsverhandlungen mit einer feindlichen Atommacht.
    »Nathalie ist ein hübscher Name«, sagte ich zufrieden.
    »Wer ist Nathalie?«, fragte Ralph.
    »Unsere Therapeutin«, antwortete ich.
    »Was kümmert dich das? Du bist doch raus?«
    Ich fasste mir an die Stirn. »Geht leider nicht. Sie will mich ja erst nächste Woche genauer unter die Lupe nehmen.«
    »Das klang vorher noch ganz anders. Da hast du gesagt, dass du keine Beziehungsgespräche führst«, wunderte er sich.
    »Tja, Ralph, ich bin eben in mich gegangen. Wie du selbst schon festgestellt hast, habe ich in den letzten Jahren nur flüchtige Frauengeschichten gehabt. Und daran will ich was ändern.«
    Ralph konnte es kaum glauben. »Du willst ernsthaft eine feste Bindung mit einer Frau eingehen?« Er drehte sich zu Markus und Hermann um. »Habt ihr das gehört?«
    Hermann schüttelte den Kopf. »Ralph, unser guter Freund Tom geht da nicht hin, um ein Frauenversteher zu werden.«
    »Aber warum denn sonst?«, war Ralph verwirrt.
    »Er will eure Psychotante ganz traditionell besteigen. Darum.« Hermann hatte als Anwalt die Angewohnheit, einem solche Dinge ebenso lapidar mitzuteilen, als würde er einen wissen lassen, dass die Beratungsstunde in seiner Kanzlei vorüber war.
    Ralph starrte mich vorwurfsvoll an, als hätte er gerade erfahren, dass ich mit seiner Mutter geschlafenhatte. »Du nutzt meine desolate Lage aus, um dein Rohr zu verlegen«, sagte er. »Das hätte ich nicht von dir gedacht.«
    »Das ist eine einseitige Sichtweise. Vielleicht solltest du dich mal therapieren lassen, um dich besser in andere hineindenken zu können«, riet ich ihm.
    »Wie soll ich es denn sonst sehen?«, fragte er.
    »Ich habe dich aus purer Freundschaft zu der Gruppe begleitet. Selbstlos bin ich über meinen Schatten gesprungen. Dafür

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