Hosen runter: Roman (German Edition)
hatte.
»Aber da muss doch mehr gewesen sein als nur diese Eifersucht auf den neuen Freund?«, fragte sie.
Ich fuhr mir mit beiden Händen übers Gesicht. »Na ja, er war nicht einfach nur ihr neuer Freund. An dem Abend platzte sie geradezu vor Glück. Sie war schwanger und in den Neuen mindestens genauso verliebt wie zuvor in mich. Mir wurde klar, dass ich in ihrem Leben keine Rolle mehr spielte, dass sie mich komplett gestrichen hatte. Dass es kein Zurück mehr für uns geben würde. Ich habe ewig um sie getrauert.«
Jetzt fehlte eigentlich nur noch, dass jemand »Bitter Sweet Symphony« auflegte, dann hätte ich glatt geheult, aber ich konnte mich zusammenreißen. Ich sah Nathalie in die Augen. Sie wirkte nachdenklich, aber rücksichtsvoll. Kein Vampir mehr. »Sie haben eben sehr viel für diese Frau empfunden. Das nennt man Liebe«, sagte sie.
Ich fühlte mich dadurch nicht besser. Ich lehnte mich zurück und starrte die Decke an.
»Offenkundig haben Sie seitdem Angst davor, solche tiefen Gefühle erneut zuzulassen und womöglich verletzt zu werden«, erklärte Nathalie mir. Sie kritzelte etwas in ihre Unterlagen. Wahrscheinlich stand nun auch noch »Weichei« in meinem Dossier. Sollte Nathalie angesichts ihrer gesammelten Eindrücke von mir tatsächlich auf mich abfahren, musste ich mich ernsthaft fragen, ob sie noch alle Tassen im Schrank hatte.
»Und was tut man gegen diese Angst?«, fragte ich sie.
»Kiffen«, antwortete Chris.
»Oder erwachsen werden«, schlug sie als Alternative vor.
»Frauen wollen ihre Gefühle in sichere Aktien investieren«, wiederholte Oliver, als wäre mein Sexualtrieb an der Börse notiert. »Sie wollen Verlässlichkeit und kein Risiko«, betonte er.
»Aber Liebe ohne Risiko ist langweilig«, erwiderte ich.
»Darum sind Sie ja auch nie verliebt, weil Sie es nicht riskieren, sich auf eine feste Bindung einzulassen«, erklärte mir Nathalie.
»Aber die Frau, für die ich bereit wäre, Kopf und Kragen zu riskieren, der ist es zu brenzlig, sich mit mir einzulassen«, entgegnete ich ihr.
Nathalie horchte merklich auf. Jetzt war sie unruhig, und das gab mir etwas von meinem Selbstvertrauen zurück. Ich grinste sie an.
»Was würden Sie mir in dem Fall raten, Frau Gassner?«
»Dazu müsste ich mehr über diese geheimnisvolle Person wissen«, sagte sie, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Sie werden erstaunt sein, aber schreiben Sie ruhig mit«, riet ich ihr. Sie schlug eine neue Seite auf und wartete. Ich rieb mir die Hände, elektrisiert von der Vorstellung, sie nun zappeln zu lassen. »Ich habe nämlich eine faszinierende Frau kennengelernt, bei der ich nicht weiß, wie ich sie von meiner Liebe überzeugen soll. Ihr natürliches Misstrauen gegenüber Männern rät ihr, die Finger von mir zu lassen, aber meine Gefühle sind echt. Das habe ich ihr gesagt, aber sie glaubt mir nicht. Ich bin nicht perfekt, will ich auch nicht sein, und ich erwarte das auch nicht von anderen. Aber sie will einen Mann aus dem Schlaraffenland, der zu tausend Prozent zuverlässig ist. Doch solche Männer gibt es nur in Hollywoodfilmen.«
Nathalie zögerte mit einer Antwort, stattdessen schrieb sie etwas auf und sah mich danach an. »Sie vermuten, dass diese Frau sich ebenso infantil gegenüber Männern verhält, wie sie es Ihnen in Bezug auf Frauen vorwirft«, fasste Nathalie meine Ausführungen zusammen. »Das nennt man eine Projektion.«
»Aber das gilt doch wohl gegenseitig, oder?«, hakte ich nach.
Sie räumte es mit einer zustimmenden Geste ein.
»Was würden Sie – als absoluter Vollprofi – in diesem Fall empfehlen?«, fragte ich.
Sie hielt kurz inne, dann fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen und lächelte. »Tja, da kann eine Paartherapiehelfen. Auch vertrauensbildende Maßnahmen könnten sinnvoll sein.«
»Was schwebt Ihnen da konkret vor?«
»Verbringen Sie Zeit mit ihr, respektieren Sie aber ihre Grenzen und ihren Wunsch, Distanz zu halten. Übernachten Sie zum Beispiel bei ihr, aber nach klaren Regeln: kein Sex! Nur Zweisamkeit.«
»Und dann?«, wunderte ich mich.
»Wenn Sie erst eine gewisse Zeit auf diese Weise miteinander verbracht haben, wächst das Vertrauen, dass Sie es ernst meinen könnten. Bis irgendwann Gewissheit daraus wird – übrigens auch bei Ihnen selbst.«
»Und was stelle ich nächtelang mit einer höllisch attraktiven Frau im Bett an, wenn nicht Sex?«, wollte ich von ihr wissen.
Nathalie grinste. »Einen Gemeinsamkeitsabgleich«, sagte
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