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Hosen runter: Roman (German Edition)

Hosen runter: Roman (German Edition)

Titel: Hosen runter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Regel
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einsichtig.
    »Eigentlich müsste ich dir eine Rechnung stellen. Therapeuten gibt es nicht umsonst«, sagte ich.
    »Du bist eben ein echter Freund«, lobte Markus mich, aber ich ahnte, dass er sich damit nur die nächsten fünftausend Freiminuten in meiner Telefonleitung sichern wollte. »Was macht eigentlich deine Therapeutin?«, fragte er anstandshalber.
    »Sie hat in der Sitzung Andeutungen gemacht, dass sie mit mir essen gehen würde«, berichtete ich von gestern Abend.
    »Ist doch schon mal was«, sagte er.
    »Na ja. Es geht eher schleppend voran mit uns«, bemühte ich mich um eine realistische Einschätzung.
    »Mit dir möchte man aber auch wirklich nicht zusammen sein«, war wiederum seine realistische Einschätzung. So was haute er einfach so raus.
    »Wie meinst du das?«, fragte ich beleidigt.
    »Sieh dich bei dir um«, antwortete Markus. »Du verkaufst keine Modelleisenbahnen. Du machst dein Geld mit Dessous, und dauernd schneien bei dir hübsche Schnecken rein.«
    »Ja, und?«
    »Ich kann mir vorstellen, dass Frauen davon nicht sobegeistert sind. Du hast ständig nacktes Fleisch in Reichweite.«
    »Ich grapsch doch nicht jede Kundin an«, wehrte ich mich.
    »Wärst du gern mit einer Frau zusammen, die im Fitnessstudio arbeitet?«, fragte er. »Die den ganzen Tag von durchtrainierten Kerlen in Muscle-Shirts umzingelt ist?«
    Gar nicht so dämlich, was Markus da vermutete. Es konnte gut sein, dass Nathalie ein Problem damit hatte, dass ich diesem ganz speziellen Publikumsverkehr ausgesetzt war. »Alter, du hast recht«, beschloss ich. »Nicht ich habe Angst, sondern sie!«
    Ich wusste zwar noch nicht, wie ich Nathalie von der Ernsthaftigkeit meiner Absichten überzeugen könnte, aber ich wollte sie unbedingt dazu bringen, ihre Gefühle für mich zuzulassen. Das müsste doch möglich sein, zumal der Mäuserich aus dem Spiel war. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er noch mal in der Gruppe auftauchen würde. Insofern hatte ich bis zur nächsten Gruppensitzung noch sechs Tage Zeit, um Nathalie zu beweisen, dass ihre Gunst bei mir sicher angelegt war.
    Um keine Minute zu vergeuden, beschloss ich in meiner Mittagspause, spontan zu ihr in die Praxis zu fahren. Unterwegs kamen mir Zweifel, ob es wirklich eine gute Idee war, dort unangemeldet aufzukreuzen. Doch ich musste herausfinden, ob zwischen uns alles auf dem richtigen Weg war.
    Nathalie sah mich überrascht an, als ich in ihr frisch gestrichenes Empfangszimmer platzte. »Ich konnte nicht länger warten. Ich wollte dich sehen«, sagte ich.
    Sie reagierte gelassen, rief nicht die Polizei und stieß auch keine Schreie des Entsetzens aus. Das war doch schon mal ein gutes Zeichen. »Schön«, sagte sie dann.
    Das war mehr, als ich zu hoffen gewagt hatte. Aber wie ging es jetzt weiter? »Ähm, ja … cool«, antwortete ich. »Hättest du Lust, mit mir essen zu gehen? Wann hast du Zeit?«
    Sie zögerte kurz, dann schaute sie kühl in ihren Kalender, als wäre ich ein Beziehungsgestörter, der einen Termin wollte. »Morgen Abend ginge bei mir«, schlug sie vor.
    Ich war glücklich und grinste selig vor mich hin.
    »Was guckst du denn so komisch?«, fragte sie irritiert.
    Es war mir nicht aufgefallen, aber wahrscheinlich hatte ich ausgesehen wie ein Dorfdepp. Ich strengte mich an, wieder halbwegs intelligent aus der Wäsche zu gucken. »Ich freue mich über unsere Verabredung«, sagte ich, während ich mich dafür verdammte, ohne jeden Plan für morgen Abend dazustehen. »Wie wäre es mit einem netten Italiener?«, improvisierte ich.
    Der Vorschlag wurde genehmigt. Nathalie blickte auf ihre Armbanduhr. »Ich muss mich jetzt auf meinen nächsten Patienten vorbereiten«, sagte sie.
    »Klar. Ich rufe dich wegen der Adresse des Restaurants noch an«, sagte ich und verabschiedete mich.Leute, die mit ihren Autos an Ampeln stehen und ihre Stereoanlage voll aufdrehen, waren für mich bis zu diesem Tag Schwachköpfe gewesen. Doch in diesem Augenblick entsprach das genau meiner Stimmung. Ich drehte die Lautstärke so weit auf, wie es ging, und aus  den Boxen dröhnte »Thinking of You« von Sister Sledge. Und natürlich sang ich mit. Es hätte nicht viel gefehlt, und ich hätte zusätzlich das Seitenfenster runtergekurbelt, damit der Rest der Welt Bescheid wusste, dass ich schwer verknallt war. Aber das Weise an Popsongs ist, dass sie nur drei Minuten dauern, und ich mich dadurch nicht viel länger als hundertachtzig Sekunden zum Affen machte.

KAPITEL 11
    »Meinst du,

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