Hosen runter: Roman (German Edition)
erscheinen zu können. Zumal ich bereits eine dumpfe Ahnung hatte, worauf das für mich hinauslaufen würde: auf Carolina. My girl. Und darüber wollte ich auf keinen Fall mit irgendjemandem reden. Holy shit!
»Kann ich bitte meinen Mantel haben?«, forderte Nathalie mich auf.
Ich gab ihn ihr. »Was ist mit dem Negligé?«, wollte ich wissen.
Sie warf einen prüfenden Blick darauf, dann sah sie mir in die Augen. »Leg es mir ein paar Tage zurück. Ich muss erst noch eine Entscheidung treffen«, sagte sie. Dann ging sie hinaus in den Regen. Meine Schaufenster sahen aus, als wären sie voller Tränen. Das Wasser klatschte gegen die Scheiben wie auf hoher See. Dort war man in der Hand Gottes, hieß es. In der Liebe war man als Mann in der Hand der Frauen, und das hatte Nathalie mir gerade sehr deutlich gezeigt. Sie ließ keinen Zweifel daran, dass sie nicht hergekommen war, um sich ein hübsches Nachthemd zu kaufen, sondern um einen Patienten zu begutachten. Immerhin hatte sie sich die Mühe eines privaten Hausbesuchs gemacht.
Aber offenkundig war Nathalie mit dieser Male-male-Competition-Sache ganz und gar nicht zu beeindrucken. Wenn sich zwei Ochsen gegenseitig die Schädel einrammten, bedeutete dies noch lange nicht, dass das Weibchen dem Sieger zur Belohnung ihr Herz schenkte. Soeben hatte ich schmerzhaft lernen müssen, dass man die Biester in ihrer Wahl kaum beeinflussen konnte, und so, wie ich es versucht hatte, schon gar nicht. Doch das war noch lange kein Grund aufzugeben. Ich hatte vielleicht nur eine winzige Chance, dennoch würde ich versuchen, sie morgen in der Gruppe zu nutzen.
KAPITEL 9
Carolina war die erste Frau in meinem Leben, deren Unterwäsche eine Erleuchtung für mich war: Vor ihr hatte ich Begegnungen mit gelben Baumwollschlüpfern mit lila Blümchen, mit überbordenden Spitzenhöschen, die aus dem 19. Jahrhundert zu stammen schienen, oder mit ausgeleierten Liebestötern, aus denen längst jede Farbe rausgewaschen war. Carolina hingegen betrat ihr Schlafzimmer in einem schwarzen Negligé, durch das man ihre Brüste schemenhaft sehen konnte, in Stockings, die mir den Atem raubten, und sie trug auch in der Wohnung stets Highheels. Sie war damals erst zweiundzwanzig, hatte es aber komplett raus, einen Vierundzwanzigjährigen wie mich sexuell an der kurzen Leine zu halten. Bei dem Programm wäre ich niemals auf die Idee gekommen, fremdzugehen, insofern waren ihre Designer-Dessous eine lohnende Investition für sie. Sehr schnell, nachdem wir uns kennengelernt hatten, wurde mir damals bewusst, dass ich es besser kaum treffen konnte, und damit begann die erste ernsthafte Beziehung meines Lebens.
Ich ertrug sogar, dass sie mich »Schnuckie« nannte, stets von einem mädchenhaften Kichern begleitet. Wir hatten sogar ein gemeinsames Lied, »unseren Song«. Als er im Radio lief, wusste ich sofort, dass er für unskomponiert worden war: »Bitter Sweet Symphony« wurde die Schlagzeile zu unserer Liebe, denn unsere Welt war zuckersüß und es floss heiße Milch mit Honig darin. Leider hatte ich vor lauter Glück übersehen, dass der Titel bereits eine Wendung ins Unangenehme vorhersagte. Und zwischen Carolina und mir wurde es allmählich bitterer, weil sie so bald wie möglich Kinder haben wollte – und ich nicht. Es war mir zu früh, um eine solch tiefgreifende Entscheidung zu treffen. Ich verdiente nicht viel, hatte nur einen Job bei einem Modelabel, der gerade für eine kleine Bude und ein paar Drinks am Wochenende reichte. Für Babynahrung, Spielzeug und ständig neue Kindersachen hätte ich eine Beförderung vom Assistenten zum Abteilungsleiter gebraucht, und eine derart steile Karriere war nicht in Aussicht.
Da ich jedoch meine Zukunft mit ihr gestalten wollte, entwickelte ich erstmals so etwas wie einen Plan für mein Leben: Ein gemeinsames Geschäft sollte uns auf ewig zusammenschmieden! Da ich in der Modebranche unterwegs und Carolina die Expertin für scharfe Wäsche war, hatte ich die Idee, dass wir eine Dessousboutique aufmachen sollten. Carolina war begeistert, und so mietete ich einen kleinen Laden, in dem ich die nächsten zwei Monate ackerte, um ihn für unsere Bedürfnisse umzubauen. Doch während ich Schutt wegschaufelte, Wände verputzte, Türen lackierte und Möbel aussuchte, ging sie mit irgendeinem Arschloch heimlich ins Bett, der offensichtlich weniger Berührungsängste mit Kindern hatte und sie schwängerte.Ich erfuhr es erst wenige Tage vor der Eröffnung, als sie
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