Hosen runter: Roman (German Edition)
ich soll ihr einfach sagen, dass ich sie liebe?«, fragte ich Hermann.
»Probier es aus.«
Er klang skeptisch. Und das beruhigte mich sechs Stunden vor der wichtigsten Verabredung der letzten Jahre nicht sonderlich. Nervös fuhr ich mir mit den Händen durchs Gesicht.
»Soll ich dir einen Yogitee bestellen?«, erkundigte sich Markus und drehte sich schon zum Kellner um.
»Das würde meinen Ruf hier für alle Zeit ruinieren, also lass es bitte«, hielt ich ihn zurück. Wir saßen in meinem Stammcafé, und hier war man von mir gewohnt, dass ich ab und zu einen kurzen Wodka zum Espresso trank. So weit, dass ich öffentlich ayurvedischen Tee trinken würde, war ich dann doch noch nicht.
»Wenn du die Psychotante haben willst, wirst du nicht drum herumkommen, alles auf eine Karte zu setzen«, machte mir Hermann die Ausweglosigkeit meiner Situation klar.
»Bisher habe ich Frauen rumgekriegt, ohne ihnen meine Gefühle um die Ohren zu hauen«, warf ich ein. »Stellt euch vor, ich mache es diesmal, weil ich es für unglaublich erwachsen halte, mich von meiner emotionalenSeite zu zeigen, und hole mir eine Absage. Das kann einen Mann für alle Zeit lahmlegen«, befürchtete ich.
»Wer weiß, wie viele du schon flachgelegt hättest, wenn du ihnen deine Gefühle gestanden hättest?«, warf Markus ein.
»Mittlerweile glaube ich nicht mehr, dass es ihr darum geht«, erklärte ich. »Ich glaube eher, dass Nathalie genauso Schiss hat, sich auf jemanden einzulassen, wie ich, bis ich sie getroffen habe. Und ein Patient aus einer Therapiegruppe für Männer mit Bindungsängsten ist vielleicht nicht der ideale Kandidat, den man auswählt, um die eigene Bindungsangst zu überwinden. Außerdem weiß sie, dass ich in meinem Laden dauernd mit Frauen in Unterwäsche zu tun habe. Wahrscheinlich denkt sie, dass ich dieser ständigen Versuchung nicht widerstehen könnte.«
»Kannst du ja auch nicht«, sagte Hermann.
Ich fand, dass er übertrieb. »Bei mir finden doch keine Orgien statt«, wehrte ich mich.
»Sag mal, was hat deine Analytikerin eigentlich für ein Männerbild?«, wunderte sich Markus. »Hält die uns alle für dauergeile Primaten?«
»Genau genommen ist das doch diskriminierend«, pflichtete ich ihm bei.
»Würde ich ihr allerdings nicht vor der Nachspeise aufs Brot schmieren«, riet mir Hermann.
»Ich weiß«, sagte ich. »In ihrem Universum bin ich der miese Frauenverächter, und sie ist die selbstlose Männerversteherin.«
Nachdem ich am Nachmittag telefonisch bei einem Italiener in Kreuzberg reserviert und Nathalie eine SMS mit der Adresse geschickt hatte, holte ich das Negligé aus der Ablage. Ich betrachtete es ausgiebig, denn ich wollte ihr etwas Teures schenken. Ich bewunderte die Beschränkung auf das Wesentliche, denn ausgerechnet die Reduktion des Stoffes auf das Minimum erlaubte die Expansion des Preises auf das Maximum. Es lag in der Logik von Damenunterwäsche, dass das Verwenden von viel Baumwolle billiger war, als nur ganz wenig davon zu benutzen, denn knielange Liebestöter verhüllten den weiblichen Körper, und dafür gab kein Mann gern Geld aus.
Aber wenn ich das edle Teil plötzlich in ihrem Schlafzimmer aus dem Hut zauberte, würde das nach einer minutiös geplanten Verführung aussehen, und das wollte ich unbedingt vermeiden. Ich legte das Negligé ordentlich zusammen und verstaute es wieder unter dem Tresen.
Um achtzehn Uhr schloss ich vorzeitig den Laden, um mich in Ruhe in die Badewanne legen zu können. Anschließend zog ich ein weißes Hemd und einen grauen Anzug an und sprühte mich dezent mit Parfüm ein. Ich lief gemütlich zur nächsten Kreuzung, an der ich ein Taxi anhielt. Der Fahrer brachte mich pünktlich zu dem Restaurant, dessen Leuchtreklame azurblau gegen die Dunkelheit glimmte. Ich sammelte gerade Mut, den Laden zu betreten, als ein weiteres Taxi vorfuhr. Die Hintertür öffnete sich, und ein Frauenbein in Highheels schob sich vielversprechend hinaus. Zu meinergroßen Freude gehörte es Nathalie, die mich überrascht anstarrte, als hätte ich ihr heimlich aufgelauert.
»Bin erst vor ein paar Sekunden angekommen«, sagte ich.
Sie sah mich immer noch an, als hätte sie nicht erwartet, dass ich tatsächlich zu unserem Rendezvous erscheinen würde. Und für einen Moment schien es nicht ausgeschlossen, dass sie auf der Rückbank sitzen blieb und einfach wieder davonrauschte. Dann stieg sie endlich aus und warf die Tür hinter sich zu.
Ich führte Nathalie in das Restaurant,
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