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Hostage - Entführt

Titel: Hostage - Entführt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Crais Robert
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linke Schläfe war frisch verbunden, und in der Nase steckte ein Sauerstoffschlauch. Zwei Schwestern – die eine rot-, die andere schwarzhaarig – bauten medizinische Geräte auf, die Marion wegen der Monitore für EEG und EKG hielt. Da die Schwestern das erst jetzt taten, musste die Untersuchung eben zu Ende gegangen sein. Also warteten die Ärzte noch auf die Ergebnisse. Das hieß, dass Marion Zeit hatte. Erst wenn sie genau wüssten, in welcher Verfassung Smith war, würden sie ihn operieren oder aus der Intensivstation in eine andere Abteilung verlegen. Dort wäre die Sache für Marion zwar leichter, eine Operation dagegen würde es ihm unmöglich machen, seine Aufgabe zu erledigen. Er beschloss, dieses Risiko nicht einzugehen.
    Weiter hinten im Flur fand er ein ruhiges Plätzchen, wo er eine Spritze und eine Ampulle Lidocain in der Tüte verstauen konnte. Beides hatte er aus dem Auto mitgebracht.
    Ein junger Mann schob einen leeren Rollstuhl um die Ecke. Er sah müde aus.
    Marion lächelte ihn freundlich an.
    »Früher hab ich mir eingeredet, ich würde mich an diese Arbeitszeiten gewöhnen, aber es ist hoffnungslos.«
    Der Mann lächelte zurück – schließlich hatte hier einer Verständnis für das Elend von Nachtschichtarbeitern.
    »Das können Sie laut sagen.«
    Als der Mann verschwunden war, langte Marion mit beiden Händen in die Tüte – niemand sollte sehen, was er jetzt machte. Er nahm die Spritze aus der Verpackung, setzte die Nadel ein und knackte die Ampulle. Dann zog er das Lidocain auf, eines seiner Lieblingsmedikamente. Wenn man das jemandem in die Vene schoss, der eine durchschnittlich gesunde Pumpe hatte, führte es zum Herzstillstand. Marion legte die Spritze auf Smiths zerschnittene Sachen, um sie griffbereit zu haben, schloss die Tüte und wartete.
    Nach ein paar Minuten verließ die dunkelhaarige Schwester Smiths Zimmer. Kurz darauf verschwand die andere.
    Marion trat ein. Ihm war klar, dass er nicht viel Zeit hatte, aber die brauchte er auch nicht. Er legte die Tüte aufs Bett. Smiths Augenlider flatterten, öffneten sich halb und fielen wieder zu, als bemühte er sich, wach zu werden. Marion schlug ihm mit der flachen Hand auf die Wange.
    »Wach auf.«
    Dann auf die andere.
    »Walter?«
    Die Augen öffneten sich, aber nicht ganz. Marion war nicht sicher, ob Smith ihn wirklich sah. Er gab ihm noch eine Ohrfeige, diesmal eine stärkere, die einen roten Fleck auf die Wange zauberte.
    »Sind die Disketten noch bei dir zu Hause?«
    Smith murmelte etwas, das Marion nicht verstand. Er packte ihn am Kinn und schüttelte seinen Kopf energisch.
    »Rede mit mir, Walter. Hast du jemandem erzählt, was du machst?«
    Smiths Lider flatterten und blieben dann offen. Sein Blick wurde klar, und er sah Marion an.
    »Walter?«
    Die Augen verschleierten sich wieder und fielen zu.
    »Gut, Walter – wie du willst.«
    Marion beschloss, der Moment sei gekommen. Nach Lage der Dinge konnte er guten Gewissens berichten, dass die Disketten noch im Haus waren und Smith seit seiner Freilassung nicht hatte reden können. Die Leute in Palm Springs würden erfreut sein. Auch darüber, dass Walter Smith tot war.
    »Tut nicht weh, Walter. Das versprech ich dir.«
    Marion grinste und unterdrückte ein Lachen.
    »Na ja, so ganz stimmt das nicht – ein Herzinfarkt tut mörderisch weh.«
    Marion öffnete die Tüte und griff nach der Spritze.
    »Was machen Sie da?«
    Die rothaarige Schwester stand in der Tür, musterte Marion mit offensichtlichem Argwohn und kam dann schnurstracks aufs Bett zu.
    »Sie dürfen hier nicht rein.«
    Marion lächelte sie an. Seine Hände steckten noch in der Tüte. Er ließ die Spritze los und durchwühlte Smiths Sachen. Dabei sah er die Schwester die ganze Zeit an und lächelte. Er hatte ein schönes Lächeln. Ein süßes Lächeln, wie seine Mutter immer sagte.
    »Ich weiß. Ich hab seine Sachen abgeholt und dann gedacht, ich sollte ihm was Persönliches dalassen – als Glücksbringer. Aber hier war niemand, den ich um Erlaubnis fragen konnte.«
    Marion zog die Brieftasche aus der Tüte, öffnete sie und nahm ein abgegriffenes Foto heraus: Walter mit Frau und Kindern. Das zeigte er der Schwester.
    »Könnte ich das dalassen? Bitte! Ich bin sicher, es hilft ihm.«
    »Das kann verloren gehen.«
    Marion sah an ihr vorbei. Im Flur war niemand. Er schaute kurz nach links – dort war noch eine Tür, vielleicht zum Bad, zum Wandschrank oder zu einem anderen Flur. Er könnte ihr den Mund zu

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