Hostage - Entführt
hartnäckiger.
»Mann!«, sagte Dennis.
Er schlich sich an den Schreibtisch und nahm den Hörer mit einer raschen Bewegung ab, aber es läutete weiter.
»Was ist das denn? Warum hört das nicht auf?«
»Man kann hier unter mehreren Nummern anrufen«, sagte Thomas. »Drück auf den Knopf, der blinkt.«
Dennis drückte nicht einfach auf den Knopf – er stach geradezu mit dem Finger auf ihn ein. Dann knallte er den Hörer auf die Gabel. Es läutete nicht mehr.
Dennis ging wieder ans Fenster und schimpfte über reiche Säcke mit mehr als einem Anschluss.
Wieder begann es zu klingeln.
»Scheiße!«
Die megafonverstärkte Stimme von der Straße drang durchs Haus.
»Gehen Sie ans Telefon, Dennis Rooney. Die Polizei ruft bei Ihnen an.«
Talley
Talley hockte hinter dem Vorderrad seines Wagens, hatte das Handy am Ohr und wartete darauf, dass Dennis Rooney an den Apparat ging, als ein Hubschrauber auftauchte und kreisend tiefer kam, um die Situation näher in Augenschein zu nehmen. Schließlich konnte Talley erkennen, dass der Helikopter einem Fernsehsender in Los Angeles gehörte. Die mussten den Polizeifunk abgehört und so von Kim und Welch erfahren haben. Wenn die Hubschrauber da sind, sind die Ü-Wagen und die Reporter nicht weit, dachte Talley. Er legte die Hand auf die Sprechmuschel und drehte sich nach Jorgenson um.
»Wo bleiben die Sheriffs?«
»Sind unterwegs, Chief.«
»Lass das Gebiet für weiteren Flugverkehr sperren. Sag Bescheid, dass hier Hubschrauber mit Reportern auftauchen.«
Im Haus klingelte das Telefon noch immer. Jetzt geh schon ran, du Arschloch, dachte Talley.
»Sag Sarah, sie soll die Telefongesellschaft anrufen. Wir brauchen die Nummern aller Anschlüsse dort drin. Lass die Leitungen so schalten, dass jeder Anruf auf mein Handy kommt. Die Kerle sollen nur eine Verbindung zur Außenwelt haben – zu uns.«
»Alles klar.«
Talley gab noch Anweisungen, als sich eine männliche Stimme am Telefon meldete.
»Hallo?«
Er winkte Jorgenson, still zu sein, und atmete tief durch, um sich zu sammeln, denn seine Stimme sollte keine Angst verraten.
»Sind Sie Dennis Rooney?«
»Wer bist du?«
»Ich heiße Jeff Talley und arbeite bei der Polizei von Bristo Camino. Ich hocke hier draußen hinter dem Auto, das Sie durchs Fenster sehen können. Sind Sie Dennis Rooney?«
Talley gab sich bewusst nicht als Chef der örtlichen Polizei zu erkennen. Es sollte so scheinen, als habe er zwar gewisse Befugnisse, aber nicht wirklich das Sagen. Der Unterhändler war immer der Mittelsmann. Wenn Rooney Forderungen stellte, wollte Talley ihn durch die Behauptung hinhalten können, er müsse sich mit seinem Vorgesetzten abstimmen. So blieb Talley der nette Kerl. Wenn der Gangster den Eindruck gewann, sein Verhandlungspartner befinde sich in einer untergeordneten Position, konnte Talley eine Bindung zwischen sich und Rooney herstellen.
»Dieser Bulle hat nach seiner Waffe gegriffen. Genau wie der Chinese. Keiner wollte auf ihn schießen. Das war ein Unfall.«
»Sind Sie Dennis Rooney? Ich möchte wissen, mit wem ich spreche.«
»Ja, ich bin Rooney.«
Talley spürte, wie er ruhiger wurde. Rooney war kein tobender Verrückter und fing nicht an rumzuschreien, er werde alle im Haus umbringen.
Talley ließ seine Stimme entschlossen, aber entspannt klingen.
»Gut, Dennis, ich muss wissen, ob jemand da drin einen Arzt benötigt. Immerhin ist ganz schön viel geschossen worden.«
»Hier ist alles im Lot.«
»Wir können einen Arzt reinschicken, wenn er gebraucht wird.«
»Alles im Lot, hab ich gesagt. Bist du schwerhörig?«
Rooneys Stimme klang angestrengt und aufgeregt. Das hatte Talley erwartet.
»Jeder hier draußen möchte wissen, wer bei Ihnen im Haus ist, Dennis. Und jeder ist besorgt, wie es denen geht. Sind außer Ihnen noch Leute drin?«
Rooney antwortete nicht. Talley hörte Atemgeräusche, dann ein Rascheln, als habe Rooney die Sprechmuschel mit der Hand abgedeckt. Vermutlich dachte er gerade nach. Talley war klar, dass es für Rooney schwierig werden dürfte, die Dinge in den kommenden Minuten logisch zu durchdenken – bei seinem Adrenalinspiegel, seiner Verzweiflung und seiner Angst. Schließlich meldete Rooney sich wieder.
»Ich hab die Familie. Das ist doch keine Entführung? Ich meine – sie waren ja schon vorher hier. Wir haben sie nicht verschleppt.«
Diese Antwort war ein gutes Zeichen: Rooney machte sich Sorgen um die Zukunft; er verriet damit, dass er nicht sterben wollte und
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