Hostage - Entführt
hinten raus lag. Es war riesig und hatte gläserne Schiebetüren zum Pool. Dieser Raum allein war größer als die Wohnung, die Dennis und Kevin sich teilten. Dennis fragte sich, ob es hier ein Badezimmerfenster oder eine andere Möglichkeit gab, sich davonzustehlen.
Kevin zupfte ihn am Arm.
»Dennis, hör doch mal.«
»Ich such nach einem Fluchtweg!«
»Mars hat gelogen – der Bulle an der Haustür hat seine Kanone überhaupt nicht gezogen. Du hättest gar nicht schießen müssen.«
Dennis packte Kevin am T-Shirt.
»Hör auf! Wir hatten keine Wahl!«
»Ich stand direkt daneben. Ich hab ihn beobachtet, Dennis. Er hat die Hand auf den Griff seiner Kanone gelegt, aber er hat sie nicht gezogen. Hörst du – er hat nicht gezogen!«
Dennis ließ Kevins Hemd los und trat einen Schritt zurück. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
»Du hast das einfach nicht mitbekommen«, meinte er dann.
»Ich stand doch dabei! Mars lügt.«
»Warum sollte er?«
»Mit dem stimmt was nicht, Dennis – er wollte auf den Bullen schießen.«
Dennis spürte, wie sich ihm die Kehle zuschnürte. Jetzt langte es ihm wirklich bald. Typisch, was sein verkorkster Bruder da wieder laberte – er haute einfach noch eine Kelle Dreck auf einen Teller, der ohnehin schon überquoll.
»Du hast keine Ahnung, wovon du redest. Wir sind von Bullen umstellt, die uns wegen Mord drankriegen wollen. Wir müssen einen Weg hier heraus finden – also hör endlich auf!«
Vom Schlafzimmer gingen drei Türen ab. Dennis dachte, sie würden in die Garderobe oder ins Bad führen und hätten vielleicht ein Fenster zur Seite raus, aber er fand etwas ganz anderes:
An Stangen hingen Anzüge und Kleider, und darunter standen Schuhe im Regal, wie es in einer Garderobe eben üblich ist. Doch das war nicht alles – an der Wand gleich neben der Tür befanden sich viele kleine Schwarzweiß-Monitore. Auf einem Bildschirm waren Mars und die Kinder von Mr. Smith zu sehen, ein anderer zeigte den Streifenwagen vor dem Haus, ein dritter die Garage mit Jaguar und Range Rover. Jedes Zimmer war zu sehen, auch Bäder und Flure. Und dazu das Haus von außen. Und der Swimmingpool mit dem Umkleideraum und das Gelände dahinter. Jeder Quadratzentimeter des Grundstücks schien kameraüberwacht zu sein.
»Kevin?«
Der tauchte hinter Dennis auf und pfiff durch die Zähne.
»Was ist das denn?«
»Ein Sicherheitssystem. Schau dir das mal an!«
Dennis blickte auf den Monitor, der das Schlafzimmer zeigte. Die Kamera schien oben links im Winkel über der Tür zur Garderobe zu sitzen. Er ging zurück ins Schlafzimmer und musterte die Ecke – nichts zu erkennen.
»He – ich seh dich«, sagte Kevin von der Garderobe her.
Dennis ging wieder zu seinem Bruder. Unterhalb der Bildschirme befand sich eine breite Schalttafel voller Leuchtdioden und roter und grüner Knöpfe. Im Moment leuchteten nur die grünen. Rechts der Schalttafel befanden sich noch ein paar Reihen Knöpfe, auf denen ›Bewegungsmelder‹ stand, ›Infrarotmelder‹, ›Verriegelungen oben‹, ›Verriegelungen unten‹ und ›Alarmanlage‹. Dennis wurde unheimlich zu Mute. Er wandte sich um und drückte gegen die Tür. Sie schwang mühelos weiter auf, doch er spürte, dass sie schwer und massiv war. Ein dicker Querriegel war eingebaut, mit dem sich die Garderobe von innen verbarrikadieren ließ. Dennis klopfte an die Tür – Stahl.
Er drehte sich wieder zu seinem Bruder um.
»Was ist denn hier los? Das Haus ist ja gesichert wie eine Bank.«
Halb verdeckt von Anzügen und Kleidern, kniete Kevin ganz hinten in der Garderobe. Dann setzte er sich auf die Hacken und drehte sich um. Er hatte eine weiße Pappschachtel von der Größe eines Schuhkartons in den Händen. Dennis sah, dass sich an der Wand hinter der Garderobenstange so etwas wie ein kleines Garagentor aus Metall befand, das hoch- und runtergefahren werden konnte. Es war hochgefahren, und dahinter stapelten sich viele weiße Schachteln.
Kevin hielt ihm den Karton hin.
»Sieh mal.«
Er war voller 100-Dollar-Scheine. Kevin nahm noch einen Karton heraus. Und noch einen. Alle waren prall voll Geld. Dennis öffnete eine vierte Schachtel. Geld.
Die beiden sahen sich an.
»Komm, wir holen Mars.«
Jennifer
Jennifer war sehr besorgt. Ihr Vater atmete rasselnd, und seine Augen bewegten sich hektisch unter den geschlossenen Lidern, wie es bei Albträumen typisch ist. Sie schob ihm ein Sofakissen unter den Kopf, setzte sich neben ihn und drückte ihm
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