Hostage - Entführt
sind, die diesen Mist angezettelt haben. Smith fängt womöglich an auszupacken, um sich und seine Familie freizubekommen. Vielleicht erzählt er ihnen alles.«
»Der wird sich hüten.«
»Da will ich sicher sein, Phil.«
»Ich arbeite dran. Wir kriegen das raus.«
Benza betrachtete die drei Polizisten, die hinterm Streifenwagen hockten. Der, den er für den Chief hielt, sprach in ein Handy. Sonny hatte nie einen Polizisten getötet, denn das war schlecht fürs Geschäft. Jetzt aber würde er nicht zögern. Er würde alles tun, um zu überleben. Sogar einen Bullen umlegen.
»Ich will über diesen Talley Bescheid wissen. Find alles raus, was sich in Erfahrung bringen lässt. Vor allem, wie wir ihn kleinkriegen können. Heute Abend will ich ihn in der Hand haben.«
»Das schaffen wir, Sonny.«
»Na hoffentlich.«
ZWEITER TEIL
Die Fliege
6
Freitag, 18:17
Talley
Zwei Polizisten von der Nachtschicht, Fred Cooper und Joycelyn Frost, tauchten mit dem eigenen Wagen auf. Cooper war außer Atem, als wäre er den ganzen Weg von seinem Haus in Lancaster hergerannt. Frost hatte sich nicht mal die Zeit genommen, ihre Uniform anzuziehen; sie hatte die kugelsichere Weste über ein ärmelloses Baumwollshirt geschnallt, und das Revolverholster hing über ausgeleierten Shorts, die ihre bleichen Beine in voller Länge zeigten. Beide gingen zu Campbell und Anders in den Castle Way.
Talley saß reglos in seinem Wagen.
Als er noch beim SEK gewesen war, hatte er bei einer Geiselnahme mit Verbarrikadierung einen großen Apparat im Rücken gehabt: ein schwer bewaffnetes Team für den Sturmangriff; ein Verhandlungsteam; ein Team, das den Verkehr umleitete und nur bestimmte Wagen in die Gefahrenzone ließ; ein Team schließlich, das den Kontakt zu anderen Einrichtungen wie der Feuerwehr, Telefongesellschaften, Gerichten, Krankenhäusern und Bauämtern hielt. Und die Teamchefs hatten das Vorgehen des SEK ständig untereinander abgestimmt. Das Verhandlungsteam allein hatte schon aus fünf Leuten bestanden – dem Leiter; einem, der für das Sammeln von Informationen bei Behörden, Nachbarn und Zeugen zuständig war; dem Verhandlungsführer, der sich auf die Geiselnehmer konzentrierte; seinem Assistenten, der die Gespräche protokollierte und die Aufzeichnungen in übersichtlicher Form aufbereitete; und dem Psychologen, der die Persönlichkeit der Geiselnehmer umriss und entsprechende Verhandlungstechniken empfahl. Jetzt hingegen war Talley auf sich allein angewiesen. Und auf ein paar Kollegen, die von der Situation völlig überfordert waren.
Er schloss die Augen.
Er war sich bewusst, dass ganz langsam Panik in ihm hochzusteigen begann. Er zwang sich dazu, sich auf die grundlegenden Dinge zu konzentrieren, die er tun musste: Umgebung sichern – Informationen sammeln – Rooney ruhig halten. Mehr musste er doch gar nicht tun. Und das auch nur, bis die Sheriffs den Fall übernahmen. Talley legte im Geist eine Liste an – nur so konnte er seinen Kopf einigermaßen klar halten.
Sarah rief ihn über Funk.
»Chief?«
»Ja, Sarah?«
»Mikkelson und Dreyer haben das Video der Überwachungskamera im Minimart sichergestellt. Darauf soll man die Täter so deutlich sehen wie einen Pickel auf der Nase.«
»Sind die beiden unterwegs?«
»In spätestens fünf Minuten sind sie bei Ihnen.«
Talley spürte, wie ihn der Gedanke an das Video entspannte – endlich was Konkretes! Dennis Rooney und die anderen Geiselnehmer zu sehen würde es ihm erleichtern, die emotionalen Untertöne in Rooneys Stimme zu dechiffrieren. Talley hatte bei Geiselnahmen nie auf seine Intuition gesetzt, doch er wusste, dass es unauffällige Hinweise auf psychische Schwächen – oder Stärken – gab, die ein scharfsinniger Unterhändler entziffern konnte. Damit kannte er sich aus. Damit war er vertraut.
Die Polizisten blickten schon seit ein paar Minuten unverwandt zu ihm rüber. Sie warteten.
Talley stieg aus und ging auf sie zu. Metzgers Gesichtsausdruck sagte deutlich genug, dass es ja wohl endlich Zeit wurde.
Sie brauchten ein Haus, in dem sie sich das Video ansehen konnten. Er schickte Metzger los, sich darum zu kümmern. Dann verteilte er weitere Aufgaben. Einer musste herausfinden, ob die Smiths in der Gegend Verwandte hatten, und sie gegebenenfalls benachrichtigen. Auch galt es, Mrs. Smith in Florida ausfindig zu machen. Die Sheriffs würden einen Grundriss vom Haus der Smiths und Angaben über eventuelle Sicherheitssysteme auf dem
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