Hostage - Entführt
retten. Aber die Worte werden sich ja doch nicht einstellen, werden mir aufs Neue fehlen, dachte er. Und er fühlte sich feige deswegen.
Er beauftragte Metzger, seine Frau und seine Tochter aus der Siedlung zu begleiten, und ging wieder zum Auto, um im schwächer werdenden Tageslicht auf die Sheriffs zu warten.
19:02
Santa Clarita, Kalifornien
Zehn Kilometer westlich von Bristo Camino
Chili's Restaurant
Glen Howell
Glen Howell brauchte seine Leute nicht zu ermahnen, leise zu sprechen. Rundum saßen stinknormale, spießige Familien, die mit Scheiblettenkäse überbackene Tiefkühlshrimps zum Billigtarif schlemmen wollten: Schließlich war Freitagabend – da musste man was unternehmen. Alles Zombies hier, dachte Glen. Gereizte Männer und Frauen, die wieder eine sinnlose Woche hinter sich gebracht haben und so tun, als seien ihre schreienden, nicht zu bremsenden, aufgeschwemmten Kinder keine Monster. Willkommen in der Vorstadt, dachte er.
Er erlaubte den vier Männern und zwei Frauen keinen Alkohol. Und auch nichts zu essen, denn das musste man persönlich ordern, und er hatte nicht die Zeit, sich am Tresen rumzudrängeln, um seine Bestellung bei den Knackies auf Bewährung, die hier für schlechtes Geld arbeiteten, aufzugeben. Und Alkohol machte nur schläfrig. Er brauchte blitzwache Leute. Howell hatte alle sechs selbst telefonisch herbestellt, nachdem er die Liste abgesprochen hatte, und zwar mit Sonny Benza persönlich. Sie waren schon lange dabei und konnten alles Nötige erledigen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Und zwar schnell. Nach dem, was Howell bisher erfahren hatte, kam es vor allem auf Schnelligkeit an. Auf Schnelligkeit und die völlige Kontrolle über die Lage vor Ort. Was machte es schon, dass er kein Auge zu tun würde, bevor diese Sache vorbei war?
Ken Seymore, der sich in den letzten zwei Stunden als Reporter der Los Angeles Times ausgegeben hatte, berichtete: »Die haben bei den Bezirkssheriffs von Los Angeles ein komplettes SEK angefordert. Die Sheriffs sind inzwischen unterwegs, aber vorher hat es irgendein Problem gegeben, das sie aufgehalten hat.«
Duane Manelli stellte eine Frage. Seine Worte kamen wie Schüsse aus einem Schnellfeuergewehr.
»Wie viele Leute sind das?«
»Das SEK der Sheriffs?«
»Klar.«
Als Duane Manelli achtzehn gewesen war, hatte ihn der Richter vor die Wahl gestellt, sich zum Militär zu melden oder zwanzig Monate wegen bewaffneten Raubs abzubrummen. Manelli hatte sich für die Armee entschieden und Gefallen daran gefunden. Er war zwölf Jahre dort gewesen, hatte die Welt von oben gesehen, sich durchs Unterholz geschlagen und war schließlich bei einer Spezialeinheit gelandet. Jetzt leitete er in Sonny Benzas Unternehmen die beste Gang für Speditionsdiebstähle.
Inzwischen hatte Seymore seine Notizen gefunden.
»Also – womit haben wir's zu tun? Mit einem Leitungsteam, das den Einsatz koordiniert; mit einem Verhandlungsteam; mit einem Angriffsteam – das besteht aus einer Gruppe, die das Grundstück umstellt und Feuerschutz gibt, einer Sturmtruppe sowie Scharfschützen und Breschenschlägern; und dann noch mit einem Rechercheteam, das Informationen sammelt. Kann sein, dass einige gleichzeitig zwei Aufgaben übernehmen, aber trotzdem – wir bekommen es da mit etwa 35 neuen Leuten zu tun.«
Jemand stieß einen Pfiff aus.
»Wenn die Jungs sich in Bewegung setzen, dann richtig.«
L.J. Ruiz lehnte sich stirnrunzelnd auf den Ellbogen vor. Er war ein ruhiger, nachdenklicher Mann, der dafür sorgte, dass die Leute nach Howells Pfeife tanzten. Außerdem war er darauf spezialisiert, Kneipenbesitzer so lange zu schikanieren, bis sie ihren Alkohol bei den Großhändlern kauften, die Benza ihnen empfahl.
»Breschenschläger?«
»Wenn eine Tür oder was auch immer aufgesprengt werden muss, kümmern sich die Breschenschläger darum. Dafür gibt's eine eigene Ausbildung.«
Dass so viele Polizisten dazukamen, gefiel Howell nicht, aber sie hatten damit gerechnet. Seymore hatte berichtet, bis jetzt sei das FBI nicht angefordert worden, doch Howell war klar, dass die Wahrscheinlichkeit dafür im Lauf der Zeit stieg.
Er fragte, wann die Sheriffs kommen würden.
»Der Bulle, mit dem ich gesprochen habe, meinte, in drei Stunden, höchstens vier.«
Howell sah auf die Uhr und nickte Gayle Devarona zu, einer der beiden Frauen am Tisch. Sie hatte sich wie Seymore als Reporterin ausgegeben, um offen Fragen stellen zu können. Wenn die zu unverhohlen waren, um
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