hot directions (German Edition)
deute mit der Hand rechts in den Wald.
»Also, als ich vor drei Monaten bei meinen Eltern war, ist mir dieses Gebüsch gar nicht aufgefallen«, sinniere ich.
»So ein Busch kommt ja nicht von alleine«, antwortet Steven amüsiert.
»Das weiß ich«, gebe ich genervt zurück.
»Was glaubst Du, warum ich mich so wundere?«, frage ich Steven.
»Und bevor Du das jetzt vermutest: Ich hatte das letzte Mal genug Sex... ich war nicht abgelenkt oder so - der Busch war definitiv nicht da.«
»Ja, wo soll er denn hergekommen sein? Meinst Du, das ist ein westsibirischer Wanderbusch?«, fragt er amüsiert zurück. In diesem Moment klingelt mein Handy.
»Bauer«, melde ich mich.
»Wenn bei Dir alles in Ordnung ist, dann kratz Dich jetzt nicht am Kinn, okay?« sagt eine computeranimierte Stimme. Bitte? Ich soll mich nicht kratzen, wenn alles okay ist? Also kratze ich mich, wenn etwas nicht okay ist? In der Hoffnung, dass ich alles richtig mache, bleibe ich still stehen.
»Wer ist denn da?«, frage ich verwirrt.
»Schon gut«, sagt die Stimme und legt auf. Ich schaue verdattert auf mein Handy.
»Was issen?«, fragt Steven mich erneut.
»Da hat grad einer angerufen und gesagt, wenn alles in Ordnung ist, soll ich mich NICHT am Kinn kratzen«, gebe ich verwundert zurück. Timo zieht die Augenbrauen nach oben, sagt aber nichts dazu.
Bevor ich mir irgendwelche Gedanken machen kann, raschelt und knackt es hinter uns, und ein Typ im Kampfanzug und mit geschwärztem Gesicht taucht aus dem Unterholz auf.
»Moin, Olaf«, sagt mein martialisches Gegenüber mit Siegmars Stimme, und ich bin kurz davor, vom Glauben abzufallen.
»Siegmar?«, frage ich verblüfft. Tatsächlich, das ist Siegmar. Unverkennbar. Kaum einer im Hunsrück trägt solch einen Bartwuchs. Siegmars Bart ist doppelt gedreht und gezwirbelt, diese Mühe macht sich kaum ein Bartträger.
»Jou«, raunzt er zurück, bevor er mich zu sich zieht und auf die Schulter klopft. Dann schaut er mich ernst an.
»Also, dann paß mal Obacht. Der Busch ist eine getarnte Blechbude, in der rund um die Uhr einer unserer Kumpels sitzt und aufpasst. Du solltest den inoffiziellen Weg nehmen, wenn Du rein oder rauswillst, denn der hier ist ab sofort gesichert, nachdem Du da durchgefahren bist«, erklärt er.
»Ich hör hier immer ‚gesichert‘«, fragt Alex irritiert.
»Tach, ich bin Siegmar«, erwidert dieser unverdrossen und schaut in die Runde.
»Steven«, sagt dieser und hebt lässig die Hand. Auch Timo und Alex stellen sich vor. Siegmar nickt.
»‘Gesichert‘ heißt: Tellerkontaktminen auf dem Weg, Rauchbomben, Blendgranaten, außerdem hab ich die MP ins Dachfenster gestellt und die paar Kisten mit den Handgranaten von neulich stehen im Flur.« Ich nicke. Steven macht ein ausgesprochen verblüfftes Gesicht.
»Ach jou... lauft im Dunkeln draußen nur rum, wenn Ihr diese Armbänder tragt«, fügt Siegmar an und reicht jedem von uns ein Lederband. Meins lege ich sofort um.
»Wieso das?«, fragt Steven irritiert.
»Weil dann der Navigator der Patrouille Euch orten kann und alles andere, was im Weg ist, ein bisschen behindern kann«, erklärt Siegmar.
»Das muss ich jetzt aber nicht verstehen, oder?«, fragt Steven.
Siegmar lacht leise.
»Haste schon mal einen Spähpanzer gesehen, Kleiner?«, fragt er dann in Stevens Richtung. Dieser schaut Siegmar von unten an.
»Nicht nur gesehen, ich kann sogar damit fahren«, erwidert er.
»Echt? Dann bring ich Euch noch nen ‚Fuchs‘ hoch, dann könnt Ihr zum Einkaufen fahren«, schlägt Siegmar vor.
»Wo habtn Ihr das Zeug her?«, fragt Steven belustigt. Siegmar zeigt mit der Hand irgendwo in den Wald.
»Wir haben zwei Muni-Depots hier. Da fällt so was schon mal vom Laster«, grinst er.
»Ich will auch so einen Laster«, schmollt Steven.
»Ach so«, grinst Siegmar.
»Über die Brücke solltet Ihr auch nur nach vorheriger Anmeldung fahren, die ist nämlich auch präpariert. Außerdem ist die Bushaltestelle unten absolutes no-go!«
Wir tauschen Telefonnummern und ich erkläre Timo die notwendigen Schritte. Dann fahren wir vorsichtig zum Haus meiner Eltern.
»Kann ich mal telefonieren?«, fragt Alex. Ich reiche ihm kommentarlos mein Handy. Dann telefoniert er mit irgendwelchen anderen Strichern und macht mit denen klar, dass die uns Bescheid geben, wenn Brunner und Co. in Frankfurt abrücken. Dann telefoniere ich mit Holger, der mir verspricht, mir sofort mitzuteilen, wenn Brunner aus der Haft entlassen wird. Immerhin
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