Hot Summer
wölben. Er roch nach Sonnencreme, weil wir draußen am Pool gewesen waren. Ich liebte ihn so sehr, dass mein Herz vor lauter Liebe zerspringen wollte.
Ich rang darum, den perfekten Moment und die richtigen Worte zu finden, aber alles, was dabei herauskam, war: „Ich bin schwanger.“ Platt. Einfältig. Ich hätte ihm genauso gut sagen können, dass ich hungrig oder müde bin.
Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, aber sein Körper, der eben noch entspannt auf mir gelegen hatte, war plötzlich so gespannt wie eine Gitarrensaite. Er fragte nicht, ob ich sicher wäre. Er sagte gar nichts. Dann erhob er sich und ging ins Badezimmer. Die Tür schloss er mit einem leisen Klicken, das sich für mich sehr endgültig anhörte.
Minuten vergingen, während ich darauf wartete, dass er zurückkam. Durch die Wand hörte ich das tiefe, würgende Geräusch, als er sich erbrach. Da stand ich auf, zog mich an und verließ das Haus, ohne länger auf ihn zu warten.
Er rief mich nicht an. Mein Herz zerbrach wie Glas, das jemand an einer Ziegelsteinwand zerschmettert. Es war in so viele Teile gebrochen, dass ich sie nicht zusammenraffen konnte, und ich schnitt mich an den Scherben, als ich sie aufheben wollte. Ich sah ihn bei der Abschlussfeier. Auf den Fotos stehen wir auf derselben Stufe, aber wir blicken starr geradeaus.
Ich war im zweiten Monat, und bis ich zum College ging, blieben mir noch drei Monate. In diesem Sommer hatte ich einen Job. Ich arbeitete als Kellnerin, um das College zu bezahlen. Mein ganzes Leben lag vor mir, die Flucht von zu Hause schon in greifbarer Nähe und nicht einmal mehr Michael da, um mich zurückzuhalten. Und nun glitt mir meine Zukunft durch die Finger.
Selbstmord zu begehen war zu melodramatisch, um es in Erwägung zu ziehen. Das Geld für eine Abtreibung hatte ich nicht, ganz zu schweigen von dem Preis, den meine unsterbliche Seele hätte zahlen müssen, wenn ich denn an so etwas geglaubt hätte. Ich war sogar schon so weit, dass ich im Telefonbuch nach dem Stichwort „Adoption“ suchte, doch dann begannen meine Handflächen zu schwitzen, und ich musste das Telefon weglegen, bevor ich umkippte.
Es war ein Albtraum. Schlimmer als die Albträume, die ich über das Ertrinken hatte. Ängste hatten mich im Griff, sie überkamen mich jedes Mal, wenn ich meine Hände über den Bauch gleiten ließ oder das Telefon klingelte und es nicht Michael war. Es wurde nicht besser, wie es manchmal mit solchen Ängsten passierte.
Ich wusste, dass es falsch war. Dennoch trank ich den ersten Schnaps. Er brannte in der Kehle. Ich stand mit der Flasche meines Vaters in der Hand in der Küche und wartete darauf, das zu fühlen, was er immer fühlte. Was er spüren musste, was ihn dazu trieb, zu trinken. Ich wartete auf Erlösung oder irgendwas, das dieses ständige Gefühl der Panik auflöste. Denn die Panik wuchs mit jedem Tag.
Doch ich fühlte nichts.
Darum trank ich ein zweites Glas, richtete mich auf, keuchte und hustete, aber behielt den Schnaps unten. Er schmiegte sich jetzt warm in meinen Magen, wie ein alter Freund. Ich trank noch einen. Beim dritten Schnaps schien mein Leben gar nicht mehr so schlimm zu sein, und ich begann, den Reiz zu verstehen. Später, als ich vor dem Klo kniete und so heftig kotzen musste, dass ich blutete, würde ich denken: Ich werde nie wieder trinken .
Zwei Wochen später, als ich ein besonders schweres Tablett mit Steaks anhob, explodierte ein drehender, stechender Schmerz in meinem Unterleib. Ein zweiter Krampf folgte. Er blieb lange genug aus, dass ich das Essen servieren konnte, aber eine Stunde später begann der Schmerz wieder. Ich ging auf die Toilette und fand einen dunklen Klumpen Blut, der etwa daumengroß war, in meiner Unterhose. Ich erstickte die Tränen, in die ich ausbrach, mit beiden Händen, stopfte mir eine dicke Binde in die Unterhose und kehrte an die Arbeit zurück.
Ich schaffte es durch die Schicht. Zu Hause stand ich unter der Dusche und betrachtete das Blut, das an meinen Beinen herunterrann und wirbelnd im Abfluss verschwand. Mein Lachen klang wie Schluchzen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich wusste nur, dass Gott meine nie gesprochenen Gebete erhört hatte.
Im August kam Michael in das Restaurant, in dem ich arbeitete. Er bestellte ein Mineralwasser, das ich ihm mit einer Zitronenscheibe im Glas brachte. Ich gab ihm einen Strohhalm, ohne dass er danach fragen musste.
„Wie geht’s dir?“, fragte er. Seine Augen huschten hin und her,
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