Hotel Cosmos
zunehmende Übelkeit in ihm aufstieg, erkannte Delmo, daß die leuchtenden Farben der Landschaft sich trübten. Er zwinkerte, aber die wiederkehrende Dunkelheit wollte sich nicht verbannen lassen. Ein Schatten breitete sich langsam über die Ebene aus, und sein Gehirn begann zu schmerzen. Binnen Sekunden hatte sich die Nacht wie zuvor herniedergesenkt, und der Horizont lag in düsterem Grau.
Moxham spürte, daß Delmo wieder normal wurde, und entspannte seinen Griff.
„Alles in Ordnung? Bist du wieder bei dir?“
„Wieder bei mir“, echote Delmo niedergeschlagen.
„Und du hast nichts gesehen?“
„Vielleicht“, suchte Delmo nach einer Erklärung, „schlafen sie bei Nacht.“
„Nein.“ Moxham schüttelte den Kopf. „Nachts leuchten sie. Aber vielleicht liegt es an einem anderen Grund, Frosch. Vielleicht macht der Unterschied zwischen deinen Augen und denen eines normalen Menschen es dir unmöglich, das zu erkennen, was wir vermögen. Was hältst du davon?“
„Es wäre möglich. Aber ich habe doch den Rest wahrgenommen – die Veränderung der Landschaft, die Farben …“
„Mag sein, mag sein. Doch das bedeutet nichts.“ Moxham hielt die Frucht in der Hand und blickte sie argwöhnisch an. „Mir scheint, das beste ist, ich versuche selbst. Aber laß mich ja nicht los. Halte mich fest, was ich auch sage oder tue. Begriffen?“
„Ich bin bereit“, bestätigte Delmo. „Ich werde Sie nicht loslassen.“
Moxham biß in die Chlyssa. Delmo verstärkte seinen Griff.
Eine lange Pause trat ein. Moxham machte keinen Versuch, sich aus dem Griff Deimos zu befreien. Delmo war auf eine plötzliche Explosion gestraffter Muskeln und Sehnen vorbereitet, aber nichts geschah. Und endlich murmelte Moxham:
„Verdammt, was ist los? Weit und breit nichts zu sehen. Was ist aus ihnen geworden?“
„Sie vermögen nichts zu erkennen?“
„Nur das übliche, was die Hügel und alles andere betrifft. Aber kein Irrlicht taucht auf.“
„Vielleicht war die Frucht nicht reif genug, die Sie ausgesucht haben? Vielleicht –“
„Daran kann es nicht liegen.“
„Aber –“
„Daran kann es nicht liegen, sage ich dir. Ich kenne mich aus. Ich habe diese Geschichte schon mehr als einmal mitgemacht. An der Frucht ist nichts auszusetzen. Außerdem sehe ich alles andere einwandfrei. Aber wo sind sie?“
Allmählich entspannte sich Moxham. Das verstärkte Wahrnehmungsvermögen verließ ihn wie zuvor Delmo, und dann standen die beiden im Zwielicht der Monde und starrten sich an.
„Nun, welchen Reim machst du dir darauf?“ wollte Moxham wissen.
„Ich kann nichts dazu sagen. Ich begreife es nicht.“
„Ich ebensowenig. Zur Hölle … ich hätte nie geglaubt, daß ich mir den Kopf zerbrechen würde, weil ich keine weißen Mäuse sehe.“
Verärgert kehrten sie ins Lager zurück.
Erst eine Woche später hielt Moxham es für sicher genug, einen neuen Versuch zu unternehmen. Das Resultat war dasselbe.
„Ich muß gestehen“, bemerkte Moxham, „daß ich mir Sorgen mache. Ich weiß nicht, warum, aber irgend etwas stimmt nicht, und das gefällt mir nicht.“
Sie saßen an einem Tisch in der Kantine. Noch eine Woche mußte bis zu ihrem Abflug vergehen.
„Mir scheint“, meinte Delmo traurig, „daß meine Reise umsonst war.“
„Du hast immerhin einige Kredite mit eigener Arbeit verdient, Frosch. Und dein Horizont hat sich geweitet.“ .
„Vielleicht“, vermutete Delmo, „hat es die Geschöpfe, von denen erzählt wird, nie gegeben, Möglicherweise handelt es sich dabei lediglich um Fabelwesen.“
„Was? Ich habe sie mit meinen eigenen Augen gesehen, und so wahr ich hier sitze, ich war nicht betrunken.“
Moxhams Stimme war mit jedem Wort lauter geworden, und an den anderen Tischen drehte man sich nach ihm um. Er gab die Blicke herausfordernd zurück und wandte sich dann einem hartgesichtigen Mann zu, der nur einige Meter entfernt saß.
„Luigi, komm einen Augenblick herüber.“
Luigi stand von seinem Stuhl auf und näherte sich ihnen.
„Alles in Ordnung, Brad?“
„Mit mir immer. Aber erzähle diesem Tölpel hier von den Kobolden. Er glaubt nicht daran. Behauptet, ich hätte sie erfunden.“
Luigi setzte sich zu ihnen.
„Es gibt dieses Geschöpf“, sagte er. „Ich habe sie selbst gesehen. Klein und schimmernd tanzen sie über diese Welt und winken einem – oh, sie gehören keiner Legende an, mein Freund. Ich hatte Glück; ein guter Kamerad war bei mir, der mich festhielt. Aber Sie glauben mir
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