Hotel in Flammen
Nachwuchs-Profis begaben sich ins
Haus.
In der Halle, kaminnahe, hingen Plöckl
und seine Gunilde in den Sesseln.
Im Champagner-Kübel dümpelte eine
halbleere Flasche. Offenbar hatte Oberkellner Trill die richtige serviert, denn
die Mienen drückten nicht Zoff aus, sondern Friede-Freude-Eierkuchen.
Hinter einer Zeitung versteckt,
verdöste der gaulgesichtige Grimp den Abend. Eben gähnte er mit weit aufgerissenem
Mund den Wirtschaftsteil an, was man nur von schräg links sehen konnte, wo ihn
die Blätter nicht deckten. Im übrigen war das Gähnen glatte Ungerechtigkeit,
denn die Wirtschaftsberichte konnten eher aufregen als einschläfern. Von
Firmenzusammenbrüchen, Pleiten, Verfall der Währungen und sinkenden
Aktienkursen war die Rede.
Glattfeldt war wieder hinter der
Rezeption. Ihm stand Nachtdienst bevor. Doch unter Arbeitslast würde er
sicherlich nicht zusammenbrechen.
„Bevor wir uns in die Poofe verrollen“,
sagte Tim, „sollten wir Tante Isa Gute Nacht wünschen.“
Sie sohlten zum Privatbüro. Aber dort
war sie nicht.
Sie fuhren mit dem Lift zu den
Privatgemächern. Bei Isabel brannte Licht.
„Oh, ihr!“ meinte sie — und lächelte.
Aber das Lächeln griff nur mühsam Platz. Ärger versuchte, Furchen in ihr
apartes Gesicht zu graben.
„Über euch höre ich nur Gutes“, sagte
sie. „Ein Jammer, daß ich euch nicht behalten kann. Hat’s Spaß gemacht?“
Es habe, bestätigten alle.
Isabel streckte die linke Hand aus.
„Seht mal! Mein Ring ist wieder da.
Jörg hat ihn gefunden.“
Sie erzählte.
Hoppla! dachte Tim. Dazu denke ich mir
mein Teil. Ist schon etwas seltsam, wie hier der Ring verschwindet und wieder
auftaucht, verschwindet und wieder auftaucht... Demnächst kann man die Uhr
danach stellen.
Daß Isabel sauer war wie eine
Zitronen-Sonderzüchtung, ließ sich mit Blicken schmecken.
Ihr Lächeln hielt auch nicht lange,
sondern wurde wieder vom Ärger verdrängt.
„Von Valentin Köschen, meinem
ehemaligen Ehemann“, sagte sie, „habe ich euch ja schon erzählt. Wäre ich ihm
doch nie begegnet! Die Scherereien enden nicht mit der Scheidung, sondern
setzen sich fort.“
„War er hier, um zu klauen?“ fragte
Klößchen.
„Hier hat er Hausverbot“, erklärte Isa.
„Aber er findet andere Wege, um mich zu schädigen. Zur Zeit lebt er mit einer
Frau zusammen. Mit so einer komischen Braut namens Carmen Tottrich. Das geht
mich nichts an. Aber ich wünschte, sie würde ein bißchen auf ihn aufpassen.
Denn neuerdings macht er Schulden auf meinen Namen. Er behauptet überall, ich
wäre in seiner Schuld. Deshalb läßt er Rechnungen an mich schicken. Und zwar
Zechschulden. In der Kneipe, wo er Stammgast ist, wird angeschrieben. Und der
Wirt bittet mich zur Kasse.“
„Ziemlich unverschämt“, meinte Tim. „Laß
dir das nicht bieten.“
„Ich werde ein ernstes Wort mit ihm
reden“, nickte sie.
12. Schlimmer Irrtum
Seltsamer Job! dachte Carmen Tottrich.
Bildet er sich ein, daß ich das glaube?
Sie beobachtete, wie Valentin — ihr
Lebensgefährte — die Zeitung beiseite legte und aufstand.
Es war 21.50 Uhr. Ein milchiger Mond
hing über Bad Neuzell. Seit fünf Minuten regnete es wieder. Der Wind schleppte
Dunstschleier durch die Straßen.
Valentin grinste. Aber sie kannte ihn
zu genau — immerhin seit zwei Jahren um nicht zu merken, wie unecht das war.
Vergeblich bemühte er sich um
Lockerheit, wenn er zu seiner nächtlichen Arbeit aufbrach: zweimal in der
Woche, manchmal dreimal.
In seinem erlernten Beruf als
Maschinenbauer hatte er nicht mehr gearbeitet seit seiner Heirat mit Isabel Glockner.
In all den Jahren hatte ihn seine verhängnisvolle Neigung zum Alkohol arg
zugerichtet. Daran war auch seine Ehe gescheitert, wie Carmen wußte.
Valentin war hochgewachsen. Trotz der
Tränensäcke und beginnender Stirnglatze war er immer noch ein gutaussehender
Mann. Außerdem konnte er auf bestrickende Weise liebenswürdig sein, was über
seinen Charakter hinwegtäuschte.
Carmen — die überhaupt nicht spanisch
aussah, sondern wie eine blonde Walküre von 70 Kilo Lebendgewicht — war
vernarrt in ihn. Trotzdem besaß sie genügend Sinn für die Wirklichkeit, um zu
merken: irgendwas mit ihm stimmte nicht.
Er bezog Arbeitslosengeld. Aber das
hätte nicht gereicht, zumal auch Carmen zur Zeit keinen Job fand. Zuletzt hatte
sie in einer Schnellreinigung gearbeitet.
Zum Glück hatte Valentin dann seine
Chance wahrgenommen, wie er es nannte, und sich als Wachmann bei
Weitere Kostenlose Bücher