Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
er zielt – Nudel, Ochse oder Flattermann?«
    Frau Antonie blieb mitten auf der Straße stehen und sah ihren Schwiegersohn verschwörerisch an. »Ich möchte einen Doppel-Whopper!«
    »Du willst – waaas?«
    »Einen Doppel-Whopper!« wiederholte sie, »ich wollte schon immer wissen, was das ist!«
    Es dauerte lange, bis sie sich beruhigt und die von Lachtränen durchfeuchteten Taschentücher wieder eingesteckt hatten, dann erst konnte Tinchen, immer noch von Kichern unterbrochen, ihre Mutter dahingehend aufklären, daß deren zweifellos aus der Fernsehwerbung stammenden Informationen inzwischen überholt und besagte Doppel-Whopper bestimmt durch ähnlich klingende und vermutlich auch ähnlich schmeckende Kreationen ersetzt worden waren. »Ein Klops ist aber immer in der Mitte drin.«
    »Und was noch?«
    »Das kommt darauf an, was du dir aussuchst.«
    »Tatsächlich? Gibt es denn da eine richtige Speisekarte?«
    »Natürlich, Mutti, sie ist nur etwas größer als üblich, hat bunte Bildchen und hängt hinter der Theke an der Wand.«
    Es war Florian zu verdanken, daß Frau Antonie doch noch zu ihrem Doppel-Whopper kam. Ihm war nämlich eingefallen, daß McDonald's seine Brötchen zwar wenig kreativ, doch dafür einprägsam entweder vorne mit ›Mäc‹ oder hinten mit ›Burger‹ kennzeichnet, während die Konkurrenz mehr auf Phantasienamen setzt, selbst wenn man sich darunter wenig vorstellen konnte. Jedenfalls hatte Frau Antonie den Namen behalten und wollte der Sache nun endlich auf den Grund gehen! »Dann müssen wir zu Burger King!« bestimmte Florian.
    So kam es, daß Frau Antonie Pabst mit größtem Appetit nicht nur ihren Whopper verspeiste, sondern dazu noch eine Portion Pommes frites sowie einen Salat und das Ganze mit einem Becher Orangensaft krönte.
    Sogar Frau Klaasen-Knittelbeek mußte zugeben, daß gegen den gelegentlichen Besuch eines solchen Schnellimbisses nichts einzuwenden sei, obwohl man ihn natürlich nicht vergleichen könne mit einem gedeckten Tisch, an dem man von Porzellan und Silber ißt statt von Papier und Plastik.
    »Stimmt!« bestätigte Florian, der während seiner Junggesellenzeit abwechselnd von Fastfood und von Fertigsuppen gelebt hatte, wobei letztere über den rein nahrhaften Zweck hinaus noch einen dekorativen Beitrag geleistet hatten, weil er mit den leeren Tüten die tristen Kacheln seiner Küchenzeile bekleben konnte. »Wenn ich in eins von diesen Brötchen beiße, weiß ich nie, wo der Pappteller anfängt.« Tat es und biß auf Styropor. Offenbar waren die Auflagen zum Schutze der Umwelt noch nicht bis nach Jamaika gedrungen.
    Gesättigt und auch sonst gutgelaunt wurde Frau Antonie tatendurstig. Sie wollte auf den Markt, dessen Besuch sie vorhin noch abgelehnt hatte, und T-Shirts kaufen. Für die Canasta-Damen und für sich. »Sie müssen aber das gleiche Motiv haben!«
    Ob ihr etwas Bestimmtes vorschwebe, wollte Florian wissen, er könne sich nicht erinnern, Hemden mit Spielkarten gesehen zu haben, und wie es denn zum Beispiel mit einem Haifisch wäre, den gäbe es in verschiedenen Varianten, und sie habe doch selber mal geäußert, eine ihrer Freundinnen benötige dringend eine Zahnkorrektur.
    Frau Antonie wollte keine Fische, nein, auch nicht den mit den roten Stacheln, obwohl der farblich sehr nett wäre, sie wollte Blumen. Am liebsten Orchideen und am allerliebsten violette. Offenbar gehörte dieses Motiv zu den häufig verlangten, denn es gab sie in allen Größen, sogar in XXL für Frau Reutter, die immer als erstes das Etikett heraustrennte. Und weil Toni für sechs T-Shirts natürlich Mengenrabatt erhandelte, kaufte sie doch noch das mit dem Fisch. »Für Karsten.«
    »Meinst du nicht, daß ihm eine Flasche echter Jamaika-Rum lieber wäre?« warnte Florian, der seinen Schwager und vor allem dessen Horror vor mütterlichen Reisemitbringseln kannte.
    »Den kriegt er auch in Düsseldorf, aber bestimmt kein Hemd mit einer Languste als Dekor«, entschied Frau Antonie.
    Den Hinweis, daß die vermeintliche Languste ein Rotfeuerfisch war, verkniff sich Florian. Karsten würde das T-Shirt sowieso nie anziehen, sondern an seinen Azubi weiterreichen. Der war erst siebzehn, chronisch pleite und für textile Zuwendungen dankbar. So trug er neben den in seinem Alter üblichen Designerklamotten auch mal das Kamelhemd aus Tunesien und das zumindest qualitativ hochwertige T-Shirt mit dem Kolosseum auf dem Rücken. »Ich weiß gar nicht, weshalb sie mir immer noch zusätzlich eine

Weitere Kostenlose Bücher