Hotel Mama vorübergehend geschlossen
Ansichtskarte schickt«, hatte Karsten mal gelästert und die nach Frau Antonies Ansicht für warme Sommerabende auf seiner Dachterrasse geeigneten Shorts mit jeweils einem Eiffelturm auf den Beinen zur sofortigen Weitergabe auf die Seite gelegt.
Widerwillig bewaffnete sich Florian mit den beiden Einkaufstüten und folgte seinem Tinchen, das auf der anderen Straßenseite in einem Musikgeschäft verschwunden war, CD's für Ulla und Tobias aussuchen. »Irgendwas müssen wir ihnen doch mitbringen«, hatte sie gesagt, »und was bietet sich da an?«
»Bob Marley!« war ihm sofort eingefallen, denn an dem jamaikanischen Nationalhelden kam man hier einfach nicht vorbei, es gab sogar ein Denkmal von ihm.
»Ich hatte eigentlich mehr an Reggae ohne Gesang gedacht. Vierzehnmal hintereinander ist selbst für eingefleischte Bob-Marley-Fans zuviel, und ich weiß nicht mal, ob Tobias überhaupt einer ist.« Unschlüssig sah sie die einzelnen Titel durch, konnte sich aber nicht entscheiden.
»Dieses Ölfaßgetrommel hört sich doch immer gleich an, da ist es egal, was du nimmst.« Er zog eine CD heraus, auf deren Cover ein kitschiger Sonnenuntergang zu sehen war. »Das hier scheint eine von den aktuelleren zu sein, da ist noch kaum Staub drauf.«
»Banause!« fertigte sie ihn kurz ab. »Was hat denn eine Steelband mit Musik zu tun? Außerdem kannst du doch bis heute Reggae nicht von Rock 'n' Roll unterscheiden!«
»Doch«, behauptete er grinsend, »Rock 'n Roll ist lauter!« Dann sah er ihr Gesicht und zog den Kopf ein. »Ist ja gut, ich bin schon ruhig. Am besten warte ich draußen!« Sprach's und konnte gerade noch seine Schwiegermutter und Frau Ka-Ka am Betreten des Ladens hindern, bevor Tinchen endgültig ausrasten würde. Frau Klaasen-Knittelbeek hegte doch tatsächlich die Hoffnung, ausgerechnet hier in Ocho Rios eine Original-Aufnahme der von ihr so geschätzten Operette
Maske in Blau
kaufen zu können, da ja bekanntlich ein Teil der Handlung in Südamerika spiele, und das sei doch gar nicht weit weg.
Pünktlich um halb fünf stand Bobby am vereinbarten Treffpunkt vor dem großen Supermarkt, aus dem Frau Antonie noch schnell zwei Pfund Blue-Mountain-Kaffee geholt hatte, ziemlich teuer, aber bekanntlich der beste der Welt (was von dem kenianischen und dem aus Costa Rica allerdings auch behauptet wird), ein Pfund für sich und eins für Pavla, die dazu noch ein Glas Limetten-Konfitüre bekommen sollte, weil sie die bestimmt noch nie gegessen hatte. »Hast
du
sie denn schon mal probiert?« Florian reichte die Tüten an Bobby weiter, der sie im Kofferraum zwischen einem Fernseher ohne Bildschirm und diversem anderem, offenbar ebenfalls defektem Kleineisen verstaute.
»Nein, aber ich weiß, daß Pavla immer eine Tüte Zitronenbonbons in ihrer Schürzentasche hat.«
Den größten Teil der Rückfahrt hatten sie schon hinter sich, als Tinchen plötzlich aufschrie: »Bobby, stop the car! Just a minute!«
Erschrocken trat er auf die Bremse und bugsierte den Wagen an den Straßenrand. »Wir sind doch gleich im Hotel, Ernestine«, rügte ihre Mutter. »Kannst du nicht so lange warten?«
»Nein! Flori, gib mir mal den Fotoapparat rüber!« Sie öffnete die Tür und sprang aus dem Auto. »Ist das nicht einzigartig?«
Und dann sahen es alle: Wenige Meter neben der Straße gab es einen Tümpel, nicht größer als ein Ententeich, der von einem Bach gespeist wurde. Mittendrin ein bis zu den Radnaben in der schon dreckigen Brühe stehender Lieferwagen, an dem zwei Jungen herumschrubbten. Ein handgemaltes Schild aus Wellpappe war neben dem Gewässer in den Boden gerammt.
Car-Wash = 4 $
stand drauf. Zwei andere Autos warteten schon.
»Die hiesige Form von ABM«, sagte Florian lachend, »und ganz ohne Betriebskosten! Man muß bloß erst drauf kommen!«
Nachdem Tinchen ein paar Fotos geschossen hatte, immer darauf bedacht, auch das Schild im Sucher zu haben, kramte sie in der Hosentasche nach Kleingeld, fand auch welches und drückte den beiden Jungs je einen halben Dollar in die Hand. Das Angebot, schnell das Taxi zu waschen -»We finish up in seven minutes!« – mußte Tinchen mit einem bedauernden Schulterzucken ablehnen. Bobby hatte beim Anblick dieser Waschanlage nur angewidert das Gesicht verzogen.
Im Hotel wurde Florian zusammen mit seinem Schlüssel ein Brief ausgehändigt, der sofort Frau Antonies Neugier weckte. »Wer schreibt euch denn
hierher?«
»Weiß ich nicht, frag Tinchen!« brummte er mürrisch, »ist ja an sie
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