Hotel Mama vorübergehend geschlossen
adressiert!«
Tinchen war jedoch schon vorausgegangen, so daß sich Frau Klaasen-Knittelbeek genötigt sah, Florian an die versprochenen Tabletten zu erinnern. »Welche Tabletten?« Doch dann lächelte er scheinheilig und erkundigte sich mit deutlich erhöhter Lautstärke: »Meinen Sie die Abführpillen?«
Warum, hätte er nicht einmal sagen können, doch es erfüllte ihn mit außerordentlichem Vergnügen, Frau Klaasen-Knittelbeek nur stumm nicken und hochroten Kopfes davoneilen zu sehen.
»Dein Lover hat geschrieben!« Mit dem Brief wedelnd betrat er den Bungalow, in dem Tinchen mit einer braunen Paste im Gesicht auf dem Bett lag und Entspannung übte.
»Welcher denn?« flüsterte sie, bemüht, die langsam erhärtende Masse nicht zu sprengen, »Alfred oder Bertram?«
»Vernaschst du die Herren neuerdings nach dem Alphabet?«
»Reiner Zufall!« Vergeblich versuchte sie, das Kichern zu unterdrücken, die ersten Risse bildeten sich schon. »Wer hat mir denn nun geschrieben? Alfred Maier mit a-i oder der Herr Oberstaatsanwalt im Ruhestand? Die anderen Romeos sind ja noch nicht abgereist, die legen mir ihre Liebesbriefe immer morgens unter den Frühstücksteller.«
Unschlüssig drehte Florian den Umschlag in seinen Händen. »Das hier ist jedenfalls ein ganz Diskreter, er hat keinen Absender draufgeschrieben. Soll ich den Brief mal aufmachen?«
»Untersteh dich!« Sie rollte sich auf den Bauch und tastete auf dem Nachttisch nach ihrer Brille. »Das Briefgeheimnis gilt auch für Eheleute! Nun gib ihn schon her!«
Florian händigte ihr den Umschlag aus, blieb jedoch neben dem Bett stehen. Natürlich würde er seinem Tinchen nicht eine Minute lang mißtrauen, dazu kannte er es zu gut, aber seltsam war dieser Brief ja doch. Außer Hildebrandts kannten nur Ulla und Tobias ihre Urlaubsadresse, mußten sie ja, letztendlich kann immer mal etwas passieren, doch in solchen Fällen würden sie nicht schreiben, sondern anrufen.
Inzwischen hatte Tinchen die Brille nicht nur gefunden, sondern sogar aufgesetzt, was gar nicht so einfach gewesen war; die regenerierende, mit E+F-Biotin und Pantothenat angereicherte Beautymaske hatte sich als zäher Kleister entpuppt, auf dem die Brillenbügel immer klebengeblieben waren. »Gib mir mal die Nagelfeile rüber, Flori, das Kuvert ist so fest zugepappt.«
Endlich hatte sie es aufgeschlitzt und zwei eng beschriftete Briefbogen herausgezogen. »Scheint harmlos zu sein«, konstatierte Florian zufrieden. »Liebesbriefe schreibt man nicht auf'm Computer.«
Sie entfaltete die Seiten und suchte nach der Unterschrift. »Eine fürchterliche Klaue, aber wenn ich mich nicht irre, dann heißt das Björn.«
Sie irrte sich nicht, das ging schon aus den ersten Zeilen hervor.
Liebe Tante Tina, lieber Onkel Florian,
stand da, aber weiter kam sie nicht, denn Florian wollte wissen, wie der Knabe denn an die Urlaubsadresse gekommen sei.
Wahrscheinlich durch die Ansichtskarte, sie habe ihm gleich am zweiten Tag eine geschickt, vermutete Tinchen, ihr Gesicht befühlend, denn unter der Maske fing die Haut scheußlich an zu jucken. »Ich glaube, die zwanzig Minuten sind rum.«
»Au ja, kriecht jetzt der Schmetterling aus dem Kokon?«
»Da käme allenfalls ein Maikäfer raus«, giftete sie, »Schmetterlinge verpuppen sich!« Mit lautem Krach flog die Badezimmertür zu. Florian zuckte mit den Schultern und wollte nach dem Brief greifen, doch der war nicht mehr da.
Es dauerte nicht mal fünf Minuten, dann kam sie wieder heraus, fettglänzend und intensiv nach Kamille duftend. »Keine Angst, das muß jetzt nur noch ein bißchen einwirken, dann kann ich den Rest entfernen.« Sie streckte sich wieder auf dem Bett aus, beträufelte zwei Wattebäusche mit einer farblosen Flüssigkeit und legte sie auf die geschlossenen Augen. »So, nun kannst du den Brief vorlesen.«
»Gerne, wenn du mir verrätst, wo du ihn versteckt hast. Wenn man den Büchern der Courths-Mahler glauben kann, dann stopften sich die Damen verräterische Zettel immer in den Ausschnitt, aber bei dir …« Nachdenklich sah er sie an.
Hastig zog sie das Laken über sich. »Der Brief liegt auf'm Spülkasten vom Klo.«
»Dann hast du ihn doch schon gelesen?«
»Eben nicht! Ich hatte ja die Brille nicht mitgenommen.«
Er holte den Brief, der inzwischen schon mehrere fettcremehaltige Fingerabdrücke aufwies, setzte sich auf den Schreibtischstuhl und suchte den Anfang. »Ach ja, hier geht's los. Also:
Liebe Tante Tina, lieber Onkel Florian.
Du,
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