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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Sie debattierten lang und breit die Möglichkeiten, essenzugehen, ohne ein ›richtiges‹ Restaurant aufsuchen zu müssen, die bis zur Rückkehr ins Hotel verbleibenden Stunden ›bildend‹ zu nutzen, möglichst ohne eine weitere Autofahrt, und – wenn es denn ginge – noch einiges besorgen zu können, ohne viel laufen zu müssen. Frau Antonies Zahncreme würde nicht bis zum Ende des Urlaubs reichen, Nähnadeln hätte sie gerne, weil die aus dem Reisenecessaire unbegreiflicherweise angerostet waren, und dann mußte sie noch ein Mitbringsel für Pavla haben, während Frau Klaasen-Knittelbeek dringend eines darmregulierenden Mittels bedurfte, am besten auf homöopathischer Basis.
    »Für oder gegen?« wollte Tinchen wissen.
    »Wie bitte?«
    »Können Sie auf die Toilette, oder können Sie nicht?«
    »Eher das Gegenteil«, flüsterte Frau Ka-Ka verschämt.
    »Also
nicht!«
vergewisserte sich Tinchen noch einmal, »dann habe ich was für Sie! Hilft garantiert! Ich bringe es zum Abendessen mit.«
    Bobby schlug einen Abstecher nach Ocho Rios vor, dort hätte er ohnehin vorbeigemußt wegen eines Brothers, für den er etwas mitgenommen hatte. Da Frau Antonie über die jamaikanische Bedeutung dieses Wortes noch nicht aufgeklärt worden war, erging sie sich in düsteren Prognosen über die im kommenden Jahrtausend zu erwartende Bevölkerungsexplosion auf dieser Insel, da ihre Bewohner von Geburtenkontrolle offenbar nichts hielten. »Der junge Mann muß ja mindestens fünf Brüder haben und sicher auch noch etliche Schwestern, auch wenn er sie nie erwähnt.«
    Ocho Rios heißt übersetzt ›acht Flüsse‹, aber sechs von ihnen müssen schon versickert sein, denn man überquert nur zwei, wobei nicht mal sicher ist, ob es sich nicht nur um
einen
handelt, der sich kurz vor der Mündung teilt. Hat man die Brücke hinter sich, befindet man sich praktisch schon im Stadtzentrum, auch wenn es nicht danach aussieht. Ocho Rios ist nämlich ein wirklich nur ganz kleines Hafenstädtchen, denn was sich danach kilometerweit nach Osten erstreckt, nennt sich zwar auch so, ist aber reines Urlaubsgebiet mit Hotels, Apartmenthäusern, Ladenzeilen, Fast-food-Restaurants, mindestens vier Juwelier- und ebenso vielen Fachgeschäften für
Underwater-Sports,
obwohl die meisten Taucher ihre eigene Ausrüstung mitbringen. Und dann gibt es natürlich noch den Markt, auf dem allerdings kaum etwas von dem verkauft wird, was man normalerweise auf solch einem Areal erwartet. Man bekommt weder Küchenmesser noch Hosenträger, sucht vergebens nach einem Kochtopf oder nach Sicherheitsnadeln, aber dafür findet man über fünfzig Stände mit T-Shirts und Hemden. Die Preise, dank großer Pappschilder schon von weitem erkennbar, sind offiziell einheitlich, bei Kaufinteresse jedoch sehr individuell und vom jeweiligen Verhandlungsgeschick abhängig. Oft gibt es Mengenrabatt, was trainierte Touristen vorübergehend zu scheinbar familiären Gruppen zusammenschließen und Großeinkäufe tätigen läßt.
    Mehr als alles andere sieht man jedoch Urlauber in Ocho Rios, die Einheimischen sind absolut in der Minderzahl und fallen auch gar nicht weiter auf. »Man muß sie ja förmlich mit der Lupe suchen«, hatte Frau Antonie festgestellt, nachdem sie sogar in der Apotheke, wo sie ihre Zahnpasta gekauft hatte, nur Touristen begegnet war.
    »Dafür fallen sie auch aus dem Rahmen«, hatte Tinchen geantwortet, »es sind die Angezogenen!« Sie hatte auf eine mit Minishorts und trägerlosem BH doch etwas unzulänglich bekleidete Rothaarige gedeutet. »In diesem Aufzug würde keine Jamaikanerin durch die Stadt laufen. Ich übrigens auch nicht!«
    Sie befanden sich auf der Suche nach einem jener Etablissements, in dem man nicht auf das Essen zu warten braucht, weil es bereits auf den Kunden wartet. Zum Erstaunen aller hatte Frau Antonie diesen Wunsch geäußert, ausgerechnet sie, die sich seit wenigstens zwanzig Jahren weigerte, eines dieser Restaurants auch nur zu betreten. Selbst Tim hatte das nicht geschafft. Seine Uromi hatte ihm einfach Geld in die Hand gedrückt und vor der Tür gewartet, bis er mit seiner Pommes-Tüte wieder herausgekommen war.
    »Welchem Laden gibst du denn den Vorzug, Toni?« erkundigte sich Florian, »willst du zu McDonald's oder lieber zu Burger King, vielleicht finden wir ja auch einen Pizza-Hut oder diesen Kentucky Dingsda. Ich weiß ja nicht mal, welchem Umstand dein Sinneswandel zu verdanken ist, also habe ich auch keine Ahnung, in welche Richtung

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