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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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stapfte ins Bad. Dann hörte Tinchen die Dusche rauschen und im selben Augenblick Florians Entsetzensschrei: »Das Wasser ist ja eiskalt!«
    »Tatsächlich? Dann mußt du einfach den anderen Hahn aufdrehen, den mit dem roten Punkt in der Mitte!«
    Eine halbe Stunde später Krisensitzung in der Küche. Teilnehmer: das in einen Bademantel gehüllte und vor einem Becher Kaffee hockende Tinchen, ein ebenfalls noch unvollständig bekleideter Florian sowie Herr Alois Knopp, nicht nur Nachbar und Gartenliebhaber, sondern darüber hinaus Zentralheizungs- und Lüftungsbauer, allerdings im Ruhestand, und das schon seit elf Jahren. Den angebotenen Kaffee hatte er abgelehnt, er stand mehr auf Bier, Weizenbier, wenn's möglich wäre, am liebsten dunkles, aber helles ginge auch. Florian hatte keins von beiden, nur Pils, deshalb veredelte er das Getränk mit einem Doppelwacholder in der Hoffnung, Herr Knopp würde an derartige Kombinationen gewöhnt und auch nach ihrem Genuß noch in der Lage sein, sich um das aufgetretene Problem kümmern zu können. Das Problem hieß Heizung. Genauer gesagt, die nicht funktionierende Heizung. Schon von weitem hatte das rote Lämpchen signalisiert, daß etwas nicht in Ordnung war, doch obwohl Florian anhand der Bedienungsanleitung mögliche Fehlerquellen gewissenhaft überprüft hatte, hatte er nichts finden können. »Da unten herrscht absolute Betriebsruhe«, hatte er Tinchen mitgeteilt, »und das nicht erst seit kurzem. Im Wohnzimmer haben wir nur noch dreizehn Grad.«
    »Plus oder minus?« hatte sie gefragt und dann wissen wollen, ob er auch die beiden Heizöltanks kontrolliert habe.
    »Für wie blöd hältst du mich eigentlich?« hatte er sich empört, »danach habe ich natürlich zuerst geguckt. Die Dinger sind noch viertelvoll.« Dann hatte er Kaffee gekocht, Tinchen einen Becher voll ans Bett gebracht, und gemeinsam hatten sie nach einem Ausweg gesucht. Zuerst in der Zeitung. Da gab es eine lange Liste von Notärzten einschließlich Zahn- und Tiermediziner, Rufnummern von Schlüsseldiensten, Last-Minute-Reisen, Bahnhofsmission und Hilfe bei Wasserrohrbrüchen, Weihnachtsmänner hatten noch Termine frei, Haustierpensionen noch Plätze, nur mit defekten Heizungen schien niemand zu rechnen. Kopfnickend legte Tinchen die Zeitung zur Seite. »Du mußt das mal von der logischen Seite sehen, Flori: Wenn du ohne Schlüssel vor der Tür stehst, gibt's nur die Axt oder den Schlüsseldienst, und wenn die Skier durch den Keller schwimmen, weil irgendwo im Haus ein Wasserrohr geplatzt ist und der Pegel ständig steigt, dann kann man auch nicht bis nach den Feiertagen warten, aber drei Tage ohne Heizung kann man überleben. Oder kannst du dich nicht mehr an den ersten Nachkriegswinter erinnern?«
    »Kaum«, erwiderte Florian, »ich weiß nur, daß wir damals in jedem Zimmer einen Kachelofen hatten, in den man alles Brennbare hineinstopfen konnte. Und es auch tat. Versuch das mal mit einer Ölheizung!« Dann hatte er das Branchen-Telefonbuch geholt und begonnen, die Sparte Heizungstechnik durchzutelefonieren. Mit A gab es in dieser Rubrik vier Eintragungen, mit B zwei und mit c gar keine. Als sich bei D wie Droppel wieder nur ein Anrufbeantworter einschaltete und dem allmählich resignierenden Florian mitteilte, daß die Betriebsferien bis zum 4.1. dauern und Herr Droppel nebst Mitarbeiter der verehrten Kundschaft ein frohes Fest sowie ein glückliches und erfolgreiches neues Jahr wünschen, warf er den Hörer auf die Gabel. »Hat deine Mutter nicht auf dem Dachboden noch einen Heizlüfter stehen? Wenn wir den alten Ofen aus dem Keller dazunehmen und das futuristische Ding aus Karstens Werkstatt, dann …«
    »… fliegen uns die Sicherungen um die Ohren, und wir sitzen nicht bloß im Kalten, sondern auch noch im Dunklen!« ergänzte Tinchen. »Entweder eine funktionierende Heizung, oder Weihnachten wird abgeblasen.«
    Florian war sofort einverstanden. »Au ja! Gib doch noch mal' die Zeitung rüber mit den Last-Minute-Reisen! Madeira wäre nicht schlecht oder vielleicht Malta. Da wollte ich schon immer mal hin.«
    Doch bevor er sich mit den einschlägigen Angeboten beschäftigen konnte, war Tinchen Herr Knopp eingefallen, der ihr ja früher schon mal hilfreich zur Seite gestanden hatte. Allerdings waren damals noch Haus und Heizung neu gewesen, Herr Knopp übrigens auch, denn kurz vorher hatte Frau Knopp noch Möllmann geheißen; außerdem hatte es sich seinerzeit lediglich um eine Kleinigkeit gehandelt.

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