Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
draußen.«
    »Ich hasse kaltes Wasser auf'm Kopf. Jedenfalls morgens!« Sie fummelte eine zerdrückte Packung aus der Bademanteltasche, zündete zwei Zigaretten an und schob Florian eine zwischen die Lippen. »Jetzt laß uns mal ernsthaft nachdenken, wo wir Öl herkriegen. Bei unserem Lieferanten brauchen wir es gar nicht zu versuchen, der hat seinen Laden bis nach Neujahr dichtgemacht. Einen anderen kenne ich aber nicht, also bleibt bloß das Branchenbuch. Du mußt es einfach so lange versuchen, bis du jemanden erwischst, der kommt. Ich habe schon ein paarmal so was Ähnliches gelesen wie
Lieferung auch an Sonntagen.«
    »Wo?«
    »In der Zeitung!«
    »Und das sagst du erst jetzt? Wo ist sie?«
    »Ich habe nicht gesagt, daß ich es heute gelesen habe«, dämpfte sie seinen Optimismus. »Die heutige Ausgabe ist noch draußen.«
    Während Florian in den Vorgarten stürzte, wo eine dämlich grinsende blecherne Kuh den früheren Briefkasten abgelöst hatte, übrigens auch ein Geburtstagsgeschenk seines Schwagers Karsten, hängte sich Tinchen ans Telefon, um genau diesen anzurufen. »Ich weiß ja, daß du im Moment keine Zeit hast«, unterbrach sie seinen Protest, »aber es ist wirklich wichtig. Weißt du vielleicht …«
    »Nein! Und wenn ich was wußte, dann hätte ich jetzt keine Zeit dafür. Der Laden brummt, weil mindestens zehn Prozent aller Ehemänner eingefallen ist, daß wir heute Weihnachten und sie noch kein passendes Geschenk für ihre Angetraute haben. Also kriegt sie was Hochkarätiges, während die Freundin zumindest mit einem kleinen Weißgoldringlein über die bevorstehenden einsamen Feiertage hinweggetröstet werden muß. Ich habe extra für heute eine Studentin von der Kunstakademie angeheuert.«
    »Wozu denn das?«
    »Zum Einpacken. Sie macht das sehr stilvoll.«
    »Und das muß man extra studieren? – Sag mal, weißt du jemanden der heute noch Heizöl ausfährt? Wir sitzen nämlich auf dem Trocknen, und das im wahrsten Sinne des Wortes.«
    »Keine Ahnung, Tine, ich hab' Erdgas, das fließt von allein. Doch wenn alle Stricke reißen, dann schick Florian mit ein paar leeren Kanistern zur nächsten Tankstelle. Diesel ist zwar ein bißchen teurer, aber in der Not …«
    »Idiot!« Tinchen knallte den Hörer auf die Gabel und angelte eine weitere Zigarette aus der Packung.
    »Ich weiß ja, daß ich einer bin, aber mußt du mir das nun dauernd unter die Nase reiben?« Florian schloß die Tür und legte den ZEITSPIEGEL auf den Tisch.
    »Du warst ja gar nicht gemeint!« Sie schlug die Zeitung auf und vertiefte sich in den Anzeigenteil. »Fang trotzdem schon mal mit der Rubrik Heizöl im Branchenbuch an, aber diesmal von hinten. Mit A beginnt jeder, bis Z hat sich bestimmt noch niemand vorgekämpft.«
    Florian wählte die goldene Mitte und begann bei K. Schon bei N wurde er fündig. Ein Herr Naujoks erklärte sich bereit, das Heizöl zu liefern, allerdings könne er noch nicht genau sagen, wann, weil der Tankwagen bei seinem Bruder stehe, und der sei unterwegs.
    »Kann er dann nicht gleich hier vorbeifahren?«
    »Brauchen Sie'n auch 'toffeln?« nuschelte Herr Naujoks zurück, »prima Pfälzer 'toffeln, halten noch bis in'n Sommer.«
    Florian deckte die Sprechmuschel ab. »Brauchen wir Kartoffeln?«
    Tinchen sah ihn durchdringend an, dann sagte sie sehr langsam und deutlich, als spräche sie zu einem geistig Minderbemittelten: »Nein, Florian, wir brauchen keine Kartoffeln, wir brauchen Heizöl!«
    Er nickte, nahm die Hand von der Muschel und begann von neuem: »Wir benötigen Öl, Herr Naujoks, keine Kartoffeln. Sie verkaufen doch Heizöl, nicht wahr? – Ach so, auch Kartoffeln. Na gut, warum nicht, man muß ja im Sommer ebenfalls was zu tun haben. Und wann könnten Sie … Weil Ihr Bruder Landwirt ist, verkaufen Sie Kartoffeln? Sehr ökonomisch, aber eine eigene Ölquelle haben Sie nicht, nein? Vielleicht könnten Sie mir aber trotzdem sagen, wann …«
    »Jetzt reicht's aber!« Entnervt riß Tinchen ihrem Florian den Hörer aus der Hand. »Guten Morgen, Herr … wie war doch gleich der Name? Ach ja, Naujoks. Also, lieber Herr Naujoks, Sie sind meine letzte Rettung! Mein Ölanzeiger hat sich verklemmt, und ich habe erst heute morgen gemerkt, daß der Tank leer ist, und das am Heiligen Abend. Was soll ich denn jetzt bloß machen?« Sie unterlegte ihre Stimme mit einem weinerlichen Ton. »Ich bin Witwe, alleinstehend, und heute will endlich mal wieder meine Tochter kommen und die beiden Enkelchen mitbringen,

Weitere Kostenlose Bücher