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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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meterhoher Weihnachtsbaum, der mindestens alle zwei Stunden einmal beinahe umfällt, keine Kinder, die sich abwechselnd übergeben müssen, kein Gänsebraten und vor allem keine Besucherscharen, die später in ihre aufgeräumten Wohnungen zurückkehren und sich den Mund zerreißen, weil sie bei uns nicht auf Anhieb die Fernsehzeitung gefunden haben.«
    »Wir haben ja auch gar keine«, kicherte Tinchen, »das wissen die bloß nicht. Ich schneide mir doch immer das aktuelle Programm aus dem ZEITSPIEGEL heraus.«
    »Na also«, frohlockte Florian, »dann ist die Zeitung ja doch noch zu etwas anderem nütze, als zum Einwickeln der Kamin-Briketts.« Er tastete auf dem Nachttisch nach der Zigarettenpackung.
    »Im Schlafzimmer wird nicht geraucht!«
    »Heute ist Weihnachten, da darf man mal.« Florian zündete die Zigarette an und schob sie Tinchen zwischen die Lippen. »Es ist sowieso die letzte.«
    Sofort schoß sie hoch. »Wieso letzte? Heißt das, wir haben keine Zigaretten mehr, oder willst du im neuen Jahr mal wieder das Rauchen aufgeben?«
    »Die letzte in der Packung!« korrigierte er, »und was das neue Jahr anbelangt, so werde ich es diesmal umweltfreundlich beginnen und mich auf die Wiederverwertung der alten Vorsätze beschränken. Nikotin-Abstinenz ist nicht dabei gewesen.« Er nahm ihr die Zigarette aus der Hand, zog ein paarmal daran, drückte den Stummel im Aschenbecher aus und rollte sich wieder in Schlafposition.
    »Das hast du dir aber auch bloß gedacht!« Mit einem Ruck riß sie das Deckbett an sich und stürmte damit ins Bad. Bevor sie die Tür hinter sich zuschlagen konnte, hatte Florian bereits einen Zipfel erwischt. »Gib sofort meine Decke her!« Energisch zerrte er an dem einen Ende, Tinchen, ein Bein gegen die halb geschlossene Tür gestemmt, am anderen. Prompt geschah, was geschehen mußte: Florian ließ los, Tinchen verlor den Halt, knallte mit dem Kopf an den Badewannenrand und sah Sterne. »In der Schule habe ich beim Tauziehen immer verloren«, murmelte sie noch, dann sah sie eine Zeitlang gar nichts mehr.
    Als sie mühsam die Augen öffnete, fand sie sich im Bett wieder, einen kalten Waschlappen auf der Stirn und einen zerknirschten Florian neben sich stehend, der mit einem kleinen Fläschchen unter ihrer Nase herumfuhr. Angewidert schob sie seine Hand zur Seite. »Nimm bloß das Zeug weg, bevor mir schlecht wird! Was ist das überhaupt?«
    »Duftöl! Etwas anderes habe ich so schnell nicht gefunden.« Er sah aufs Etikett und grinste. »Fit for Fun steht drauf.«
    »Genauso fühle ich mich auch!« giftete sie. »Hinter meiner Stirn arbeiten zwei Preßlufthämmer, also habe ich mindestens eine doppelseitige Gehirnerschütterung, mein Hintern tut weh, weil ich irgendwo draufgefallen bin – ich weiß aber nicht, was es war –, und die Beule am Hinterkopf wird von Minute zu Minute größer. Ich kann förmlich spüren, wie sie wächst!« Vorsichtig tastete sie zwischen den Haaren herum, bis sie die Stelle fand und befühlte. »Aua! Die Beule hat schon Hühnereigröße und tut hundsgemein weh!«
    »Soll ich den Notarzt anrufen? Mit Gehirnerschütterung ist schließlich nicht zu spaßen!«
    »Bloß nicht! Am Ende kommt ein Orthopäde, und der hat sowieso keine Ahnung! Gib mir lieber ein Aspirin und ein zweites Kissen. Ich bleibe einfach ein paar Stunden liegen, schlafe eine Runde, und danach komme ich schon von allein wieder auf die Beine.« Sprach's und kuschelte sich tiefer in das Deckbett. »Vorher sollte ich aber noch eine Kleinigkeit essen, meinst du nicht auch?«
    Das meinte Florian eigentlich nicht. Er löste vorsichtshalber gleich zwei Tabletten auf und reichte Tinchen das Glas. »Jetzt trink erst mal das hier, und wenn die Wirkung eintritt, sehen wir weiter.«
    »Och, so viel Weitblick habe ich schon jetzt, um zu wissen, daß ich nachher mächtigen Appetit haben werde, und zwar auf frischgepreßten Orangensaft, ein weichgekochtes Ei, Toast, Butter und Tonis selbstgemachte Aprikosenmarmelade. Und natürlich auf Kaffee, mindestens zwei Tassen. Die Zeitung kannst du dann auch gleich mitbringen, ja?«
    »Soll ich vielleicht auch noch den Fernseher einschalten?« knurrte er erbost.
    Sie nickte. »Gute Idee. Die bringen nämlich in jedem Jahr einen Streifzug durch die Geschäfte, filmen das letzte Kampfgetümmel und fragen die Kunden, was sie zu Weihnachten verschenken. Was kriege ich eigentlich von dir, Flori?«
    »Gar nichts! Sklaven verteilen keine Geschenke, sie bekommen welche!« Er

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