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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Messer.
    »Erkennst du denn nicht das Gittermuster oben drauf? – Danke.« Herzhaft biß er in das Kuchenstück, hielt aber sofort mit dem Kauen inne. »Ach ja, da draußen steht so 'ne himmelblaue Bonzenschleuder, und der Typ da drin behauptet, er will zu euch.«
    »Sag nicht schon wieder, wer kann das sein«, warnte Tinchen. »Geh lieber gleich nachsehen.«
    Florian befolgte diesen Rat und öffnete die Haustür. »Es ist Rüdiger!« rief er über die Schulter, bevor er seinen Neffen in die Arme schloß.
    »Na bravo«, seufzte sie leise, die Kuchenbleche vom Tisch räumend, »die Invasion hat schon begonnen!«

5.
    Der erste Anruf kam elf Minuten nach sieben. Frau Antonie teilte ihrer Tochter mit, daß sie im Hinblick auf den zusätzlichen Gast – »mit Björn konntest du doch nun wirklich nicht rechnen!« – gestern abend noch einen Rehrücken aufgetaut und soeben fertig gespickt habe. »Selbstverständlich werde ich ihn servierbereit mitbringen, vorausgesetzt natürlich, es wird mich jemand abholen.«
    »Selbstverständlich, Mutti«, gähnte Tinchen in den Hörer, und »vielen Dank erst mal, ich melde mich nachher noch.«
    Zum zweitenmal klingelte das Telefon um sieben Uhr achtunddreißig, als Tinchen unter der Dusche stand und nichts hörte. Notgedrungen ging Florian ran. »Städtisches Wasserwerk, guten Tag, wo brennt's denn?« nuschelte er und registrierte befriedigt, daß Frau Klaasen-Knittelbeek nach einer gestotterten Entschuldigung wieder auflegte. Danach dauerte es zwar nur drei Minuten, bevor es erneut bimmelte, aber sie hatten gereicht. Tinchen war schon in den Bademantel geschlüpft und rubbelte gerade ihre Haare trocken.
    »Tine, Telefon!« brüllte Florian, »Frau Ka-Ka ist dran.«
    »Woher weißt du das?«
    »Das hört man doch! Sie klingelt immer so energisch!«
    Sie nahm den Hörer ab, ließ sich einen guten Morgen wünschen und erfuhr, daß Frau Klaasen-Knittelbeek in der Fernsehzeitung das Rezept für ein weihnachtliches Dessert gefunden habe, basierend auf Grieß, Rosinen und Eiern, und ob Ernestine damit einverstanden sei, wenn sie es noch schnell zubereiten und auf diese Weise auch etwas zum Festtagsessen beitragen würde.
    Tinchen war einverstanden. Grieß klang in beruhigender Weise nach Sättigung, und alles, was dabei helfen würde, war willkommen. »Für so viele Personen werde ich am besten die vierfache Menge nehmen«, sagte Frau Klaasen-Knittelbeek, »damit auch jeder etwas davon erhält.«
    »Jetzt haben wir ein Problem!« Tinchen hatte sich bedankt, den Hörer aufgelegt und sich auf Florians Bettkante gesetzt. »Wohin mit der zweiten Gans?«
    »Am besten in den Ofen«, witzelte Florian, »wie lange braucht denn so ein Vogel, bis er gar ist?«
    »Das kommt auf die Größe an, aber darum geht's ja gar nicht. Ich kriege doch keine
zwei
Gänse in
einen
Herd! Die andere sollte Toni braten, aber die hat jetzt einen Rehrücken in Arbeit, und Frau Knopp macht schon die Putenkeulen.« Nur zu gerne hatte sich ihre Nachbarin dazu bereiterklärt, und das nicht nur, weil sie eine Keule für den eigenen Mittagstisch behalten sollte, sondern weil sie jetzt bestimmt Gelegenheit haben würde, die ganze Familie Bender genauer in Augenschein zu nehmen und vielleicht sogar einzeln begrüßen zu können. Vom Fenster aus konnte man ja doch nicht so viel sehen!
    »Wozu hast du denn den Mikrowellenherd?« erinnerte Florian. »Ich denke, da kann man auch drin kochen.«
    »Ja, garen, aber nicht braten! Willst du vielleicht eine gut durchgekochte, anämisch-bleiche Gänsekeule mit Wabbelhaut auf dem Teller haben?«
    Das wollte er keinesfalls, die knusprige Haut war doch das Beste von dem ganzen Vieh! »Könnte Ulla nicht …

    »Nein, Ulla kann nicht, weil sie's nicht kann!« wehrte Tinchen sofort ab und überließ es Florian, sich einen Reim darauf zu machen. »Außerdem wohnt sie viel zu weit weg, ich brauche einen Herd ganz in der Nähe.«
    Und dann fiel ihr der Schlüssel von Hildebrandts ein, die zwei Häuser weiter wohnten, vor ein paar Tagen in den Skiurlaub gefahren waren und wegen der beiden Perserkatzen bei Tinchen wieder den Zweitschlüssel abgegeben hatten. »Sie wissen ja, Tina, täglich Futter, frisches Wasser und ein paar Streicheleinheiten, und alle drei Tage das Katzenklo. Vielen Dank, ich mach's auch wieder gut!«
    »Unsinn!« hatte Tinchen gesagt, »im nächsten Jahr sind Sie ja wieder dran! Jetzt habe ich in meinem Blumenfenster sogar noch eine zweite Orchidee, eine

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