Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
Phalaenopsis-Hybride, da ist die Pflegeanleitung länger als die ganze Pflanze. Am Schluß steht sogar, man soll mit dem Gewächs reden.«
    Frau Hildebrandt hatte nur gelacht. »Da wird sich Hartmut aber freuen, dann muß er sich nicht mehr jeden Abend meinen Bürofrust anhören. Den erzähle ich dann Ihrer … wie heißt die? Palopsis? Meinen Sie, sie hat was dagegen, wenn ich sie einfach Paula nenne?«
    Anfangs war Frau Antonie regelrecht beleidigt gewesen, weil Tinchen die Blumenpflege nicht ihr, sondern Frau Hildebrandt aufgetragen hatte, einer zwar nicht gerade fremden Frau, jedoch nicht der Familie zugehörig und schon aus diesem Grund suspekt. Man vertraut seinen Hausschlüssel einfach keinen fremden Leuten an, basta! Oder wenn es denn wirklich sein muß, wählt man zumindest jemanden, den man seit Jahrzehnten kennt, und nicht eine Person, die erst vor wenigen Jahren zugezogen ist. »Wenn du es schon mir nicht zutraust, während eurer Abwesenheit deine Pflanzen regelmäßig zu gießen, dann laß es Frau Knopp tun, sie ist absolut vertrauenswürdig.«
    »Und neugierig wie eine Elster!« hatte Tinchen erwidert. »Ich habe aber keine Lust, sämtliche Schrankschlüssel abzuziehen, und bei Ellen Hildebrandt bin ich mir hundertprozentig sicher, daß sie sich weder für meine Unterwäsche interessiert noch für Florians Schreibtisch. Und daß ich dir das Gießen nicht zutraue, ist auch Unsinn, ich mute dir nur nicht zu, jeden Tag herzukommen und meine Blümchen zu bewässern. Für dich sind's neunhundert Meter, für Ellen nur neunzig.« Daß es auch Frau Antonie an der gebotenen Diskretion fehlen ließ und sie sogar bei ihren Canasta-Damen keine Gelegenheit ausließ, einen schnellen Blick in deren Schränke zu tun, war Tinchen ebenfalls nicht unbekannt. Nein, einen eigenen Hausschlüssel hatte sie ihrer Mutter nur in den ersten Jahren zugebilligt, als die Kinder noch klein gewesen waren und Frau Antonie häufig und liebend gerne Babysitterdienste übernommen hatte, später hatte sie ihn unter einem Vorwand zurückgefordert und nicht wieder ausgehändigt.
    »Was meinst du, Flori, ist es ein Vertrauensbruch, wenn ich Ellens Herd benutze?« Unschlüssig drehte sie seinen Bettzipfel immer wieder um ihren Zeigefinger. »Ich weiß sonst wirklich nicht, was ich machen soll. Roh kann ich den Vogel ja nicht auf den Tisch stellen!«
    »Ich bin überzeugt, daß sie nichts dagegen haben würde, und außerdem hat sich Hartmut neulich auch unseren Gartengrill ausgeliehen, weil seiner nicht gereicht hat.«
    »Da ha'm wir aber auch mitgegessen«, erinnerte sie.
    »Na gut, dann leg ihnen ein Stück fertige Gans in den Kühlschrank und schreib einen Zettel dazu, warum und weshalb.«
    »Den haben sie doch abgestellt.«
    Jetzt wurde er richtig ärgerlich. »Also nee, Tine, wenn ich nicht wußte, daß du normalerweise eine ganz vernünftige Frau bist, dann würde ich mich jetzt ernsthaft fragen, wie ich es mit dir fast dreißig Jahre lang ausgehalten habe!« Er strampelte sein Deckbett weg, schwang die Beine über Tinchens Kopf und stand auf. »Hast du schon was von unseren Logiergästen gehört?«
    Sie verneinte. »Hast du denn gehört, wann sie schlafengegangen sind?«
    Eigentlich war sie ganz froh gewesen, daß Rüdiger seine Überraschung noch nicht gleich mitgebracht, sondern in einem Hotel abgeladen hatte. »Sie war hundemüde, wollte morgen erst mal ausschlafen, und überhaupt ist sie der Meinung, eine Einladung zum Essen sei okay, aber gleich kompletter Familienanschluß entschieden zu viel. Ich werde sie also rechtzeitig zum Aperitif abholen. Oder kennt man sowas hier noch nicht?« hatte er erschrocken gefragt.
    »Natürlich kennt man das, du verdammter Snob«, hatte Florian geantwortet. »Wir reichen immer Pfefferminzlikör oder selbstgebrannten Kartoffelschnaps.«
    Dann hatte Rüdiger vier Stück gedeckten Apfelkuchen gegessen, und als ihn Björn endlich nach oben in sein Zimmer bringen wollte, hatte es wieder geläutet, und diesmal hatte Rüdiger geöffnet. »Ich werd verrückt, Julchen? Und mit Zweitage-Köfferchen? Heißt das, du hast den Tag der Geschenkpapierorgien und der Völlerei nicht im Kreise deiner Familie verbracht, wie es sich gehört, sondern fern des heimischen Herdes und am Ende auch noch mit einem dir nicht angetrauten Mann? Wo ist dein Lover?«
    »Es gibt keinen, du Idiot! Gestern haben wir gepokert, von der ganzen WG ist nämlich keiner nach Hause gefahren, und heute früh habe ich noch über meiner

Weitere Kostenlose Bücher