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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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schmatzendes Geräusch, als sie ihn halbgefüllt wieder herauszog.
    »Hört sich an, als ob Michael seine Gummistiefel aus dem Matsch holt«, konstatierte Katrin, sich ebenfalls mit einem Löffel bewaffnend. »Und du weißt bestimmt, daß das da eßbar ist?«
    »Zumindest behaupten das Frau Ka-Ka und die Fernsehzeitung. Da hat sie das Rezept angeblich her.« Nach einem letzten Blick auf die weißlichgraue Masse schob Tinchen den Löffel in den Mund, kaute kurz und schluckte. »Es schmeckt genauso wie es aussieht«, sagte sie schließlich, »sehr süß und sonst nach gar nichts.«
    »Das stimmt nicht«, widersprach Katrin, immer noch kauend, »es schmeckt ein bißchen nach Marzipan, ein bißchen nach Amaretto, ein bißchen nach Backpulver, doch in erster Linie nach dem guten alten ATA aus der Streudose.«
    »Woher willst du das denn wissen? An die Dosen kann ich mich zwar auch noch erinnern, aber ich hatte nie das Bedürfnis, ihren Inhalt zu kosten.«
    »War ja auch bloß ein Versehen! Angeblich soll ich mir als Kind das Pulver mal über ein Stück Kuchen gekippt haben, weil ich geglaubt hatte, es sei Puderzucker.«
    »Das gleiche habe ich mit Kartoffelmehl gemacht«, fiel Julia ein, »weißt du noch, Mami?«
    »Und ob! Daß du zehn Minuten lang gehustet hast, war ja nicht so schlimm, aber bis ich das Zeug aus deinem Angorapullover wieder draußen hatte, hat eine Ewigkeit gedauert. Du hattest noch Zitronensprudel drübergespuckt!«
    Ein Kopf erschien in der Tür. »Ach,
hier
seid ihr alle!« wunderte sich Florian und schob sich in die Küche, »gibt's was Besonderes? Vielleicht was zu trinken?«
    »Ja, Kaffee!« Einladend schwenkte Julia die Kanne.
    »Hast du den ganz allein gekocht?«
    »Ja.«
    »Dann kannst du ihn auch ganz allein trinken! Dein sogenannter Kaffee sieht immer aus wie Tee und schmeckt wie warmes Wasser.« Er sah sich unschlüssig um, entdeckte die beiden Schüsseln und betrachtete mißtrauisch ihren Inhalt. »Is'n das?«
    »Hundefutter!« – »Holzleim!« – »After table!« – »Die drei großen K!« klang es durcheinander, doch nachdem Florian die ersten beiden Bezeichnungen milde lächelnd abgehakt und die dritte als allzu wörtliche Übersetzung des deutschen Begriffs
Nach-Tisch
dechiffriert hatte, interessierte er sich für die drei K. »Das klingt so nach Kriminalroman.«
    »Damit liegst du gar nicht mal falsch«, sagte Tinchen. »Die Ingredienzien dieser Masse haben wir noch nicht enträtselt, deshalb habe ich sie die ›Klaasen-Knittelbeek'sche Kreation‹ genannt, also die drei großen K.«
    »Und warum hast du sie vorhin nicht auf den Tisch gestellt?«
    »Weil sie kein Mensch gegessen hätte!«
    »Quatsch!« widersprach Florian, »dazu sind wir alle viel zu höflich! Wie ich dich kenne, hättest du diese … na ja, also diesen Nachtisch noch einmal mit bewegenden Worten als Beitrag von Frau Ka-Ka angekündigt, wir hätten ›ah‹ und ›oh‹ gesagt, zwei Löffelchen voll genommen, weil das Zeug ja nun wirklich nicht so doll aussieht, hätten's auch runtergeschluckt, und falls jemand seine Gesichtszüge nicht so ganz unter Kontrolle gehabt hätte, wäre deine Mutter eingesprungen und hätte mit Sicherheit erzählt, wie glücklich sie gewesen wäre, hätte sie solch ein phantastisches Dessert Weihnachten anno 45 gehabt. Frau Ka-Ka hätte gestrahlt und uns ihre Pampe schlimmstenfalls zu Ostern noch mal serviert. Was also hat dich daran gehindert, die Schüsseln zu bringen?«
    »Einzig und allein die Tatsache, daß wir alle bis obenhin satt waren. Vielleicht erinnerst du dich, daß außer Frau Ka-Ka's Delikatesse noch zwei Schüsseln Obstsalat im Keller stehen und eine große Auflaufform mit Tiramisu.«
    »Wo im Keller?« Björn war schon auf dem Sprung.
    »Denk nicht mal daran!« warnte Tinchen. »Irgendwie werde ich nämlich den Verdacht nicht los, daß unser Damenkränzchen damit rechnet, nach angemessener Zeit mit Kaffee und Kuchen versorgt zu werden, und darauf bin ich überhaupt nicht eingestellt. Normalerweise hätten sich meine Mutter und Frau Ka-Ka schon längst nach Hause verkrümelt, um ein kleines Mittagsschläfchen zu halten und anschließend vor dem Fernseher Kaffee zu trinken. Gisela hätte sich in ein stilles Kämmerlein verzogen und wäre erst zum Abendessen wieder aufgetaucht, und wir anderen hätten, wie es in deutschen Familien üblich ist, einen zügigen Spaziergang von einigen hundert Metern gemacht. Sollte danach schon wieder jemand Hunger haben, so stehen ja genug

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