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Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Hotel Mama vorübergehend geschlossen

Titel: Hotel Mama vorübergehend geschlossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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lächerlich wirken. Nichts gegen ihre Figur, darum kann man sie beneiden, aber sieh dir bloß das neckische Kleid an! Mit solch karierten Hängerchen läuft unser Babysitter herum, und das Mädel ist fünfzehn! Hat dein Bruder eigentlich keine Augen im Kopf?«
    »Doch!« sagte Tinchen trocken, »die waren schon immer dominierender als sein Verstand!«
    »Trotzdem sollte er ihn gelegentlich benutzen!« Sie drängte Tinchen unauffällig zu dem Rattansofa, von dem aus Gisela noch immer ihren Monolog hielt. »Deine Mutter und diese Frau Klaasen-Sonstwie werden bestimmt nicht die Contenance verlieren, die sind entsprechend erzogen, aber wenn wir deine Schwiegertochter nicht bald erlösen, fällt sie gleich vom Stuhl.« Sie deutete auf die Ecke, in der Ulla auf einem Hocker kauerte, bemüht, die Augen offenzuhalten und den Schilderungen der Frau Professor zu folgen.
    »Für unser Eßzimmer habe ich endlich die passende Ergänzung zu der jahrhundertealten Truhe gefunden, nämlich einen Refektoriumstisch. Er soll aus einem fränkischen Kloster stammen.«
    »Tatsächlich?« Frau Antonie bekundete höfliches Erstaunen. »Ich hätte bei derartigen Anschaffungen immer die Befürchtung, betrogen zu werden. Wer außer Kunsthistorikern und Restauratoren kennt sich denn mit Antiquitäten wirklich aus? Woher, liebe Frau Professor, können Sie mit Sicherheit wissen, daß jener Tisch tatsächlich antik ist?«
    »Ganz einfach«, mischte sich Katrin ein, »der Holzwurm spricht mittelhochdeutsch!«
    Nur Gisela stimmte nicht in das allgemeine Gelächter ein, vielmehr bat sie Florian um einen weiteren Cognac. »Ich glaube, ich werde eine Grippe bekommen.«
    »Schon wieder?« Fabian kam in den Wintergarten geschlendert und sah seine Frau zweifelnd an, bevor er sich den übrigen Anwesenden zuwandte. »Seitdem wir eine Klimaanlage im Haus haben, brauchen wir wenigstens nicht mehr bis zum Winter zu warten, um uns zu erkälten. Wir können das jetzt auch den ganzen Sommer hindurch haben.«
    Frau Klaasen-Knittelbeek fielen zum Thema Grippe gleich ein paar Geschichten ein, und während sie die erzählte, benutzten die Jüngeren die Gelegenheit zur Flucht. Unter Umgehung des Wohnzimmers endete sie in der Küche, wo dank der vielen Helfer kaum noch etwas von der vorangegangenen Schlacht zu sehen war. Zwar röhrte der Geschirrspüler und würde gleich eine zweite Ladung Teller bewältigen müssen, doch auf dem leeren Tisch in der Mitte des Raums prangte schon wieder der Obstkorb, die noch vor kurzem vollgetürmten Arbeitsflächen waren makellos sauber, und lediglich Joyce wienerte immer noch am Herd herum. »Du liebe Zeit, jetzt hören Sie doch endlich auf!« Lachend nahm ihr Tinchen das Tuch aus der Hand. »So sauber ist der nicht mal gewesen, als er nagelneu war! Da hatten wir nämlich tagelang Kälte und Dauerregen gehabt, und die beiden Fahrer werden sich wohl an jeder dritten Imbißbude innerlich aufgewärmt haben. Jedenfalls waren sie im Vorgarten vom rechten Weg abgekommen und im aufgeweichten Tulpenbeet gelandet – immer mit dem Herd in den Händen. Irgendwann haben sie ihn aber doch losgelassen, und dann sah er untenrum gar nicht mehr so schön neu aus!«
    »Was ist das hier eigentlich für eine Pampe?« Rüdiger deutete auf die beiden vollen Kristallschüsseln, die nun den Kühlschrank zierten. »Aussehen tut's wie Welpenfutter. Guck mal, Joyce, hat Prinz Charles nicht auch sowas gekriegt, bevor er auf Dose umgestiegen ist?«
    »Prinz Charles?« kam es mehrstimmig zurück.
    »Na ja, nicht der natürlich! Obwohl er zumindest indirekt betroffen ist. Der kleine Mischlingshund von Joyce' Eltern hat nämlich genauso abstehende Ohren und auch eine kahle Stelle auf dem Kopf. Wir haben ihm bloß noch nicht beibringen können, seine Vorderpfoten auf dem Rücken zu verschränken.«
    »Er ist auch viel hübscher als der Engländer«, bestätigte Joyce, »und das da« – sie deutete mit dem Kopf zu den Schüsseln – »hätte er bestimmt nicht gefressen. Es ist wie Leim zum Tapeten ankleben.«
    Erst jetzt hatte Tinchen Gelegenheit, Frau Klaasen-Knittelbeeks verkanntes Dessert in Augenschein zu nehmen. Zugegeben, appetitanregend sah es nicht gerade aus, mehr nach drei Tage altem Großstadtstraßenschnee, und der Vergleich mit Tapetenkleister war auch nicht von der Hand zu weisen, aber man soll sich ja nicht von Äußerlichkeiten beeinflussen lassen. Sie holte einen Teelöffel und schob ihn ganz am Rand in diese undefinierbare Masse. Es gab ein

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