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Hotel Pastis

Hotel Pastis

Titel: Hotel Pastis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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schließlich ein Profi. Er goß den schweren, dunklen Wein in zwei Gläser und schwenkte ihn herum. » Quelle robe, eh? « Dann nahm er sein Glas, schloß die Augen, inhalierte und schüttelte den Kopf vor Selbstbewunderung. Er nahm ein Schlückchen, kaute und schluckte und schüttelte erneut den Kopf. » Cong! Il a du slip, ce vin. Cong! «
    Madame Pons, die ähnliche Darbietungen bereits in mindestens einem Dutzend caves erlebt hatte, lächelte, nahm ihr Glas und vollzog bedächtig und gründlich ihr eigenes Ritual. Es herrschte vollkommene Stille bis auf ein gedämpftes Gurgeln. Der Wein, den Madame Pons durch ein gleichmäßiges Einatmen ansog, wanderte von ihren Lippen zu ihrer hinteren Zahnreihe. Dann schluckte sie. »Oui.« Sie nickte zweimal sehr bedächtig. »II est bon, très bon.« Als sie nach einem Stück Käse griff, füllte Constant ihr Glas nach und fragte sich, ob er beim Preis nicht noch einen Franc mehr herausschlagen konnte.
     
    Die Bande feierte den Frühlingsanfang, indem sie ihre langen Hosen ablegten. Der General musterte sie in ihren neuen schwarzen engen Shorts. Er hatte ein wenig draufzahlen müssen für das Tour-de-France-Modell mit dem doppelten Hosenboden und dem Autogramm eines ehemaligen Champions auf der Vorderseite. Sogar die Beine der Jungs sahen allmählich profimäßig aus, die Oberschenkel waren prall und muskulös, die Waden sprangen deutlich hervor. Natürlich waren sie noch ein bißchen blaß, aber in ein paar Wochen würden sie schon anders aussehen. Außerdem registrierte er mit Genugtuung, daß sie nicht vergessen hatten, sich zu rasieren. Haare an den Beinen konnten fatal sein, wenn man stürzte und sich die Haut abschürfte.
    Zur Überraschung des Generals hatten sich alle sieben tapfer seiner Disziplin unterworfen und all die Qualen auf sich genommen, um fit zu werden. Sie waren stolz, daß sie jetzt Berge erklimmen konnten, was noch wenige Wochen zuvor unmöglich gewesen wäre. Das Gefühl, etwas geschafft zu haben, dachte er, konnte Wunder bewirken, besonders, wenn gleichzeitig das Geld winkte. Das war auch der Grund, weshalb Verbrechen so befriedigend waren.
    » Bon .« Er entfaltete eine Karte und breitete sie auf dem Dach seines Wagens aus. »Fünfundsiebzig Kilometer heute morgen, und am Schluß werden wir durch Isle-sur-Sorgue zurückfahren, das ist der Weg, den wir an besagtem Tag auch nehmen. Starrt nicht zu intensiv auf die Bank, wenn ihr daran vorbeikommt.«
    Während sie sich die Route einprägten, die der General auf der Karte eingezeichnet hatte, holte er einen Beutel aus dem Wagen und packte ihn aus: sieben Sonnenbrillen und sieben grellbunte Baumwollmützen mit kleinen Schilden.
    » Voilà. Das Tüpfelchen auf dem i.« Er verteilte die Sachen. »Das ist eure Tarnung. Damit seht ihr aus wie die anderen fünftausend Radfahrer auch, die heute unterwegs sind. Niemand wird in der Lage sein, eure Haarfarbe oder die Farbe eurer Augen zu beschreiben. Ihr werdet gar nicht auffallen.«
    » C’est pas con, eh?« Jojo setzte seine Brille auf und zog sich die Mütze tief in die Stirn. »Wie sehe ich aus?« Jean sah ihn von oben bis unten an. »Ravissant. Besonders deine Beine.«
    » Allez!« tönte der General. »Das hier ist keine Modenschau. Wißt ihr den Weg aus der Stadt heraus? Ich bleibe bestimmt im Verkehr stecken.« Sieben Baumwollmützen nickten, der General nickte zurück. Die einfache Verkleidung war ausgesprochen wirksam. Er selbst würde sie wahrscheinlich kaum erkennen, wenn sie an ihm vorbeiflitzten.
     
    Simon und Ernest standen vor dem Hotel und begutachteten die Fassade, die durch das Gerüst halb verdeckt wurde. Neben ihnen drehte sich der Anstreicher Bert eine Zigarette. Er war eigens aus London heruntergekommen, um den Auftrag zu übernehmen. »Warten Sie ein paar Wochen, bis sich die Farbe gesetzt hat«, meinte er. »Jetzt ist sie noch einen Hauch zu hell, aber durch die Sonne und den Wind wird es dann wie alt aussehen. Der gewünschte Effekt, wie wir sagen.«
    Bert war ein Künstler, was verblichen wirkende Anstriche betraf — Schleifen, Patinieren, eine Behandlung mit dem Schwamm, Eintrüben, schlichtweg alles beherrschte er. Und mit Hilfe der Gerätschaft in seinem Lieferwagen zauberte er von einer künstlich krakelierten Lackierung bis hin zu einer durch Nikotin vergilbten Decke die überraschendsten Effekte herbei. Der Lieferwagen, ein altes Vehikel, stand auf dem Parkplatz hinter ihnen. An den beiden Seitenflächen war jeweils ein Detail

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