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Hotel Pastis

Hotel Pastis

Titel: Hotel Pastis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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erstarrte.
    »Ich habe eine kleine Schiffstransportfirma, hauptsächlich Frachtgut, aber gelegentlich nehmen wir auch Passagiere mit, die besondere Wünsche haben. Verstehst du?« Enrico wartete die Antwort nicht ab. »Mir fällt da zufällig etwas ein. Eins meiner Schiffe — nicht besonders luxuriös, aber durchaus bequem — läuft übermorgen von Genua nach Algier aus. Sehr schön, das Mittelmeer, zu dieser Jahreszeit.«
    Der General ließ den Türgriff los.
    »Du und deine Freunde wären absolut in Sicherheit.« Enrico sah auf die Uhr. »Zufällig fahre ich jetzt nach Italien. Alphonse zieht Nachtfahrten vor, besonders im Juli. Am Tag sind die Straßen nämlich dicht.« Er bot dem General noch eine Zigarette an. »Wir könnten uns in Genua treffen. Geht einfach zu den Docks und fragt nach meinem Kollegen, dem Kapitän der Principessa Azzura. Er weiß, wo ich zu finden bin.« Der General gab sich alle Mühe, so zu tun, als sei er enttäuscht. » Merde , wenn ich das gewußt hätte«, meinte er, »aber ich habe natürlich schon andere Pläne.« Er griff erneut nach der Tür.
    »Mein Freund.« Enrico sah ihn mit einer Freundlichkeit an, daß er erschrak. »Ich muß darauf bestehen, daß du von diesem unerwarteten Glücksfall Gebrauch machst. Es wäre ausgesprochen traurig, wenn die Polizei die Namen auf diesen wunderbaren neuen Pässen suchen würde. So eine Verschwendung. Ich hasse Verschwendung.«
    Dieser Bastard. Der General nickte, und Enrico lächelte ihn an. »Du wirst es nicht bereuen. Die Seeluft ist sehr gesund.«
    »Aber nicht billig.«
    »Nichts, was gut ist im Leben, ist billig.« Enrico zuckte die Achseln, als täte es ihm leid. »Aber ich mache dir einen tarif de vacances, da ihr eine Gruppe seid. Sagen wir fünfhunderttausend Francs. Ihr bekommt auch gutes Essen. Es gibt einen sehr guten Koch an Bord.«
    Jetzt zuckte der General bedauernd mit den Schultern. »Ich habe keine fünfhunderttausend Francs bei mir.«
    » Ouf .« Enrico wischte diese Kleinigkeit mit einer Handbewegung beiseite. »Wir sind doch Geschäftsleute, du und ich. Wir verstehen uns doch und vertrauen uns gegenseitig. Du kannst in Genua bezahlen, und anschließend gehen wir zusammen essen.« Enrico beugte sich zur Tür hinüber und öffnete sie. »Ich lade dich ein. Es wird mir ein Vergnügen sein.«
    Der General stand da und beobachtete, wie der große Wagen losfuhr, und mit dem Verschwinden der unmittelbaren Bedrohung, die Enrico verkörperte, wichen Angst und Schrecken, und Wut stieg in ihm auf. Eine Million Francs für acht lumpige Pässe und einen Trip nach Algier auf einem heruntergekommenen Kahn, der womöglich auch noch voll von lärmenden macaronis war. Der General war ein toleranter Mensch, aber das hier war nicht mehr fair, ja es war regelrechte Halsabschneiderei. Er wandte sich um und wollte zu seinem Wagen gehen, hielt aber plötzlich inne und zwang sich, einen klaren Gedanken zu fassen.
    Er hatte die Pässe. Warum also nach Genua fahren? Er konnte sich an seinen ursprünglichen Plan halten, Enrico übers Ohr hauen, dachte er, und fühlte sich augenblicklich besser. Leute wie der, die keine Geschäftsmoral besaßen, hatten es einfach nicht verdient, ungestraft davonzukommen. Er sah wieder vor sich, wie Enrico das Geld für die Pässe geradezu beiläufig in seinen Koffer geworfen hatte, oben auf den Stapel von Banknoten, die sich bereits darin befanden. Und jetzt wollte er noch mehr, dieser Blutsauger. Nun, dieses Mal hatte er es allerdings nicht mit einem von seinen harmlosen, dummen Gangstern zu tun. Er hatte es mit einem Mann zu tun, der seinen Verstand zu gebrauchen wußte.
    Der General ging hinauf zum Terminal, bahnte sich den Weg zwischen den Arabern hindurch zur Bar und bestellte einen Calvados. Als er spürte, wie ihm der Alkohol kratzend und warm die Kehle hinunterrann, kehrte sein Mut zurück. Er gab sich einen Ruck, ging zu der Telefonwand am tabac und rief an. Als er den Hörer wieder auflegte, rann ihm der Schweiß hinunter. Salopard. Mal sehen, wie er damit fertig wurde.
    Auf dem Weg zurück zum Lubéron machte der General an der Tankstelle in Lançon halt, um einen Kaffee zu trinken und sich noch einmal klarzumachen, welche Wirkungen sein Anruf haben würde. Enrico würde es mit hundertprozentiger Sicherheit nicht herausbekommen. Er würde etwas ahnen, aber sicher nichts ausplaudern — nicht aus Gründen der Ehre unter Ganoven, auf die alle echten Ganoven pfeifen, sondern weil er in ein Verbrechen

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