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Hotel Pastis

Hotel Pastis

Titel: Hotel Pastis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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herübergerettet worden waren, viel Mühe gegeben hatte, war die Wohnung so trist und anonym wie eine Hotelsuite. Auch hatte nun der lange und trübe Auftakt zum britischen Winter begonnen. Der Himmel glich einer niedrigen Betondecke. Die Menschen auf den Straßen huschten geduckt durch den Nieselregen und kämpften mit ihren Regenschirmen. Es wurde nie richtig hell. Die Provence war eine zwar strahlende, aber ferne Erinnerung.
    Der erste Tag im Büro trug auch nicht gerade dazu bei, Simons Stimmung zu heben. Jordan hatte die vergangene Woche als Herr und Meister über den ganzen Betrieb sichtlich genossen und gab seine Rolle nur widerstrebend auf. Alle paar Minuten erschien er in Simons Büro und bot seine Ratschläge an zum gegenwärtigen Stand der Dinge. Besonders beunruhigte ihn ein Vorfall, der sich am letzten Freitagabend zugetragen hatte und über den er Simon, unterbrochen von bedeutsamen und langwierigen Zügen an seiner Zigarette, ausführlich berichtete.
    David Fry, der Leiter der Kreativabteilung der Agentur, war für Jordan eine Quelle unablässigen Ärgernisses, da Fry den leitenden Angestellten gegenüber eine demonstrative Geringschätzung an den Tag legte. Fry nun war in einem eleganten Restaurant dabei beobachtet worden, wie er sich ausgesprochen danebenbenommen hatte.
    »Was hat er denn gemacht?« erkundigte sich Simon.
    »Zum einen war er stockbesoffen«, erwiderte Jordan. »Und dann zog er offenbar Kokain aus der Tasche und fing an, sich am Tisch die Nase zu pudern. Er hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, aufs Scheißhaus zu verschwinden.« Dabei schürzte er mißbilligend die Lippen. »Ein Kumpel von mir, der dort war und es gesehen hat, hat mich gleich am Samstagmorgen in Wiltshire angerufen. Ich habe natürlich sofort David angerufen und ihn gefragt, was er sich verdammt noch mal dabei eigentlich gedacht habe. Solche Dinge sind fürs Private Eye ein gefundenes Fressen, die Kunden werden verunsichert, und die ganze Agentur gerät in ein schiefes Licht.« Simon seufzte. Jordan hatte ja recht. »Und was hat David darauf geantwortet?«
    »Ich habe ihm ordentlich die Leviten gelesen. Hab’ ihm gesagt, daß ein Abteilungsleiter einer bekannten Firma sich in der Öffentlichkeit nicht wie ein Ferkel benehmen darf.« Jordan zupfte energisch an seinen Manschetten, als ob er verhindern wollte, daß sie die Jackettärmel hinauf entwischten.
    »Und, was hat er dazu gesagt?«
    »Ich soll mich verpissen, hat er gesagt. Ich war drauf und dran, hinzufahren und ihm eine Tracht Prügel zu verpassen, diesem unerträglichen kleinen Scheißkerl.«
    »Ich spreche mit ihm, sobald wir die Präsentation hinter uns haben. Wie sieht’s eigentlich damit aus?«
    »Wie üblich, Panikstimmung in der Kreativabteilung, während der Rest der Agentur dasitzt und Däumchen dreht. Nach der wenig verläßlichen Auskunft von Davids Sekretärin wollen sie uns ihre Entwürfe morgen vorlegen. Bei denen muß man mal härter durchgreifen. Von Termineinhalten haben sie noch nie etwas gehört.«
    Simon spürte, daß dies der Anfang eines Vortrags über Managementtechnik war, und nahm sich einen Stapel Papiere zur Hand. »Ich glaube, ich mach’ mich mal hier dran«, sagte er. »Bis Donnerstag muß ich ein intimer Kenner des Verhütungsmittelmarkts sein.«
    Jordan lächelte und entblößte dabei seine langen, gelblichen Zähne. Er wird seinen blöden Pferden immer ähnlicher, ging es Simon durch den Kopf. »Das überlasse ich gerne Ihnen, alter Knabe. Diese erbärmlichen Dinger hab ich schon immer gehaßt. Das ist wie Bordeaux mit dem Strohhalm trinken.« Wiehernd vor Lachen ging er in sein Büro zurück.
    Der Condom Marketing Board, zu dem sich die großen Kondomproduzenten zusammengeschlossen hatten — innerhalb der Agentur besser bekannt unter dem Namen Gummibarone hatte darum gebeten, Vorschläge für den Werbeauftritt ihres Produkts zu bekommen, den sie sich fünf Millionen Pfund kosten lassen wollten. Simon wußte, daß zwei andere Agenturen sich ebenfalls um den Auftrag bemühten, doch er wollte sie unbedingt ausstechen. Der Auftrag war zwar nicht besonders lukrativ, aber die Sache war es schon allein wegen der gestalterischen Möglichkeiten wert. Sex und soziale Verantwortung, die Traumkonstellation für einen Werbetexter. Darauf konnte man einen gut gemachten, aufsehenerregenden Werbespot aufbauen, der sich von der Verpackungswerbung, die die meisten Kunden der Agentur haben wollten, wohltuend abheben würde. Und die City

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