Hotel Pastis
ich euch jetzt das Essen bringen?« Madame lud ihr Tablett auf den Tisch ab: Steaks, die noch vor Hitze brutzelten, ein Teller mit einem Berg Pommes frites darauf, eine Literflasche Rotwein ohne Etikett, ein Korb Brot, ein Töpfchen Aroma. »Danach hätte ich Käse oder crème caramel anzubieten. Wollen Sie Wasser? Ach, welche Frage!« Sie strich sich eine Haarsträhne aus der schweißnassen Stirn und räumte die pastis- Gläser ab. »Allez. Bon appétit.«
Am nächsten Sonntag nahm Jojo den General beiseite und führte mit ihm ein Gespräch, sozusagen zwischen Leutnant und Kommandant. Der General zog an seinem Schnurrbart und blickte Jojo zustimmend an. Es gefiel ihm, wenn auch einmal ein anderer seinen Kopf zum Denken gebrauchte. »Meinst du, daß Fonzi sie einstellt?«
»Wenn der nächste chantier groß genug ist, warum nicht? Billige Arbeitskräfte kann er immer brauchen. Ich könnte ja mal mit ihm reden.«
»Bon.« Der General nickte. »Ich werde ihnen die schlechte Nachricht überbringen. Für Jean besorgen wir am besten gleich ein Bruchband. Ach, übrigens, Jojo...« Er zwinkerte und tippte mit dem Finger an den Kopf. »Gut gemacht.« Mit stolzgeschwellter Brust ging der kleinwüchsige Mann hinaus, um sein Fahrrad zu holen.
Nach der Morgentour rief der General alle zusammen. Jeans und Bachirs lautstarker Protest gegen den Vorschlag, ihre geruhsame Arbeit aufzugeben, ging im Gebrüll der anderen unter.
»Demokratie« nannte dies der General und hörte weg, als Bachir aufzählte, was ihn diese Demokratie alles könne...
»Noch was«, sagte der General, »und das ist ganz wichtig.« Er hielt seine Zeigefinger väterlich-autoritär hoch. »Fangt nicht an, einander zu erzählen, was ihr mit dem Geld alles machen wollt, d’accord? Nicht mal dann, wenn sonst niemand in der Nähe ist.«
Jojo schüttelte weise das Haupt. Manchen Leuten mußte man auch alles auseinanderklauben.
»Ich sag euch auch, warum
Die Büros von Global Communications Resources Inc. lagen in den obersten fünf Etagen eines monumentalen Baus aus Stahl, Glas und poliertem Granit, der mitten in Manhatten in der Sixth Avenue prangte. Dem Klatsch aus der Branche zufolge waren die Angestellten die bestbezahlten und paranoidesten des ganzen Werbegeschäfts. Fünf Jahre bei Global genügten, um einen normalen Menschen zum Wahnsinn zu treiben, hieß es, aber dann habe man zumindest genügend Geld, um sich seine eigene Irrenanstalt zu leisten. Der Geschäftsführer Bob Ziegler (3,5 Millionen Dollar jährlich plus Prämien und Gratifikationen) genoß dieses Image, das er hegte und pflegte. Das leckerste Zuckerbrot und die härteste Peitsche in der ganzen Stadt, wie er es seinen Untergebenen gegenüber gern formulierte. Mach den großen Reibach oder mach ‘ne Fliege.
Simon nahm den Eillift, der ohne Halt bis zur einundvierzigsten Etage fuhr, und ließ sich an zwei Vorzimmerdamen mit farblich aufeinander abgestimmter Kleidung vorbei zu Zieglers Eckbüro geleiten, das exakt doppelt so groß war wie jedes andere Büro im Haus. Ziegler saß zurückgelehnt in seinem Ledersessel, am Ohr einen Telefonhörer, zu seinen Füßen einen ältlichen Schuhputzer. An der geölten Teakholzwand hinter ihm ein großes Schwarzweißfoto, auf dem er und Ex-Präsident Bush sich die Hände schüttelten. Ziegler besaß viele solcher Fotografien, die ihn zusammen mit herausragenden Politikern beider Parteien zeigten, und sie wurden je nach Bedarf ausgetauscht. Der heutige Kunde, Parker, von Parker Foods, war offensichtlich Republikaner.
Der Schuhputzer ließ seinen Lappen ein letztes Mal über das Leder gleiten und tippte Zieglers glänzenden schwarzen Schuh an der Seite an, was bedeutete, daß er fertig war. Er richtete sich steif auf, bedankte sich mit einem schweigenden Nicken für die Fünf-Dollar-Note, die Ziegler ihm hinschnippte, und blickte Simon fragend an. Doch der schüttelte den Kopf. So schlurfte der Alte zur Tür hinaus, um dem Schuhwerk anderer Global-Angestellter Glanz zu verleihen, und Simon fragte sich, was im Kopf dieses Mannes vorging, wenn er die täglichen Gespräche mitanhörte, in denen
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