Hotel Pastis
Anteil an einem Weingut gekauft — , aber in der Agentur spielt sich immer irgendeine Krise ab, man versucht, sie zu bewältigen, und dann die nächste, und plötzlich merkt man, es sind sechs Monate vergangen, und man hat nichts weiter getan als...«
»Als Geld zu verdienen?«
»Genau. Also kauft man sich ein neues Auto oder ein neues Haus und sagt sich, daß ein gutes Leben die beste Rache ist — eine Art Trostpreis dafür, daß man sich langweilt, am Wochenende arbeiten muß und das, was man tut, nicht besonders gerne tut.« Simon zog an seiner Zigarre und legte die Stirn in Falten. »Ich vermittle nicht gerade einen positiven Eindruck von meiner Arbeit, stimmt’s? Der arme alte Werbemanager, der im Luxus lebt und leidet, von der Concorde in den Mercedes und vom Mercedes ins Restaurant hetzt.« Er lächelte. »Es bricht dir sicher das Herz, habe ich recht?«
Sie schwiegen beide und dachten über das Problem nach, reich, aber unzufrieden zu sein. Nicole fiel es schwer, die Sache ernst zu nehmen. Sie überlegte, ob dies nicht der geeignete Augenblick wäre, Simon von ihrer Idee zu erzählen, entschied sich aber, es nicht zu tun. Sie wußte noch nicht genug, ja sie war sich noch nicht einmal darüber im klaren, ob es überhaupt möglich war. Sie hätte sich vor ihrer Abreise beim notaire erkundigen sollen, ob das Anwesen in Brassière noch zum Verkauf stand.
Sie ertappte ihn dabei, daß er sie ansah, und stülpte ihre Unterlippe in gespieltem Mitgefühl nach vorne. »Armer kleiner reicher Mann«, sagte sie. »Ein schreckliches Leben, Zigarren und Champagner und Ernest, der sich um dich kümmert. Quelle tristesse! « Sie rollte die Augen und lachte.
Simon schüttelte den Kopf. »Du hast ganz recht. Ich bemitleide mich selbst, anstatt etwas dagegen zu unternehmen.« Er trank seinen Champagner aus und verlangte die Rechnung. »Aber was?«
Nicole beschloß, den notaire am nächsten Tag anzurufen. »Überleg mal, was dir Spaß machen würde.«
»Laß uns morgen zusammen zu Abend essen. Das wäre ein Anfang.«
Sie verließen das Restaurant in einem Zustand verhaltener Erregtheit, denn beide wollten sie das Ende dieses Abends noch hinauszögern und fragten sich, ob der andere ebenso empfand. Nicole hakte sich bei Simon unter, und er genoß es wie eine Liebkosung.
Als er den Wagen aufsperrte und Nicole die Beifahrertür öffnete, piepte das Telefon. Mechanisch hob er den Hörer ab und wünschte sich im gleichen Augenblick, er hätte es gelassen. Es war Liz.
»Entschuldigen Sie, daß ich so spät anrufe, aber ich wollte Mr. Ziegler nicht die Nummer vom Restaurant geben.«
»Dem Himmel sei Dank.« Simon blickte zu Nicole hinüber und lächelte entschuldigend. »Was hat er denn so Dringendes auf dem Herzen, daß es nicht bis morgen warten kann?«
»Nun, ich fürchte, er möchte, daß sie morgen nach New York kommen. Er sagt, es ist absolut wichtig.« Simon konnte Papier rascheln hören; Liz blätterte ihre Notizen durch. »Parker Foods Worldwide, dreihundert Millionen Dollar. Mr. Parker kommt morgen nachmittag in die Agentur. Offensichtlich will er eine rasche Entscheidung.«
Simon starrte durch die Windschutzscheibe. Das alte Lied, und ich springe mal wieder durch den Reifen wie ein gut bezahlter Seehund. Verdammter Ziegler. Mit bewundernswerter Zielsicherheit traf er immer den richtigen Augenblick.
»Mr. Shaw?«
»Ja, Liz. Entschuldigen Sie bitte.«
»Ich habe einen Concorde-Flug für Sie gebucht, mit dem müßten Sie es ganz gut schaffen. Mr. Ziegler meint, Sie sollten ihn heute abend anrufen. Er wird bis zwanzig Uhr im Büro sein und danach bei Lutece. Möchten Sie die Nummer von dort?«
»Nein, ist schon okay. Ich werde ihn anrufen, bevor er weggeht. Bis morgen.«
»Gute Nacht, Mr. Shaw. Und vergessen Sie Ihren Paß nicht.« Simon legte den Hörer auf, die Stimmung der letzten Stunden war verflogen. Er ärgerte sich über sich selbst. Warum hatte er nicht einfach nein gesagt? Warum rief er Ziegler nicht an und sagte ihm, er solle selbst damit fertig werden? Er war genauso schlimm wie all die anderen auch, redete ständig davon, auszusteigen, bis jemand ihm mit einem Auftrag winkte, und schon war er auf und davon wie eine Ratte in der Kanalisation. Und wofür das Ganze? Für Geld. Und was tat er damit? Noch ein Haus kaufen, das er nur zum Schlafen aufsuchte? Oder einen neuen Wagen? Polopferde, Fußballmannschaften, Kunstsammlungen, Rotwein von höchster Qualität, Hochseejachten? Nichts als Spielzeug
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