Hotel Pastis
gefunden?«
Bonetto drückte Simons Hand. »Qa vä?« Dann klopfte er ihm auf die Schulter. »Wir werden also bald ein Hotel hier haben?« Seine Augen, hell und forschend in seinem wettergegerbten Gesicht, studierten Simon.
»Ich hoffe, Sie sind einverstanden.«
»Bin ich, bin ich. Der ganze Conseil Municipal hat sich einverstanden erklärt. Weshalb soll denn alle Welt in Gordes übernachten? C’est bieng, c’est bieng.« Er versetzte Simon einen Schlag auf die Schulter, der gewiß einen Bluterguß hinterließ. Mit einem Gefühl der Erleichterung begleitete Simon sie hinüber zur Bar, wo Ernest ihnen einen pastis einschenkte. »Sagen Sie«, fragte Simon, »wo ist eigentlich Ihre Tochter? Kommt sie nicht?«
»Sie ist im Café. Das gefällt ihr zwar nicht besonders, aber einer muß ja da bleiben. Santé.« Bonetto nahm seinen pastis in Angriff.
»Ich werde ihr ein Glas Champagner hinüberbringen«, sagte Simon, »zum Aufheitern.«
Der Raum füllte sich, und Nicole führte Simon unter den Gästen herum, trichterte ihm Namen ein, die er beinahe sofort wieder vergaß — ein Quartett aus Paris in weichen Lederblousons; der Metzger und der Bäcker; der notaire mit seiner Frau; ein liebenswertes holländisches Pärchen; die Madame, die das Winzige Postamt leitete; Duclos aus der Garage und sein ölverschmierter Hund; Fonzi mit seiner ganz in Wildleder gekleideten parfümierten Freundin. Jojo und Claude, rasiert und frisch gewaschen, ältere Dorfbewohner, die zurückhaltend an den Wänden standen, zwei Makler, die ihre Visitenkarten in Simons Brusttasche gleiten ließen, ein schick gekleideter Herr, der über einbruchsichere Alarmanlagen diskutieren wollte, sowie der Besitzer des besten Weinbergs der Gegend. Nach einer hektischen, aber vielversprechenden Stunde gegenseitiger Vorstellungen und freundlicher Unterhaltungen hatte Simon noch kein einziges Anzeichen von Ablehnung entdecken können. Die Atmosphäre war warm, und die anfängliche Distanz zwischen Dorfbewohnern und Fremden verschwand allmählich. In einem so kunterbunten Durcheinander würden sie wahrscheinlich niemals wieder zusammenkommen. Es versprach, ein erfolgreiches Fest zu werden.
Simon ging hinüber zur Bar. »Wie kommen Sie zurecht, Ern?«
»Es geht, aber nur mit Mühe.« Er fuhr sich mit einer Hand über die Augenbrauen. »Der Champagner scheint äußerst beliebt zu sein.«
Simon erinnerte sich an das Mädchen im Café. »Ich denke, ich bringe Bonettos Tochter ein Gläschen rüber.« Er sah zu, wie Ernest den Champagner einschenkte. »Ich glaube, es läuft gut, was meinen Sie?«
»Na ja, wenn Sie die Geschwindigkeit meinen, mit der die Flaschen leer werden...« Ernest wandte seine Aufmerksamkeit Madame zu, die nichts mehr zu trinken hatte. » Un petit pastis, madame?«
Madame Bonetto ließ sich gerne nachschenken. »Merci, jeune homme.« Ernest schmunzelte.
Simon bahnte sich mit dem Champagner einen Weg durch die Menge zur Tür und trat hinaus in die kühle Nachtluft.
Das Mädchen saß ganz allein im Café und sah in einer Ecke der Bar fern, dazu aß sie Erdnüsse aus einem Plastiktellerchen. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, ehe sie Simon anlächelte.
»Es tut mir leid, daß Sie hierbleiben müssen«, sagte er. »Ich habe Ihnen Champagner gebracht.«
»C’est gentil.« Ihre dunklen Augen blickten ihn offenherzig an. Ein hübsches Mädchen wie sie wäre eine gute Empfangsdame für das Hotel, dachte Simon. Er würde sich mit ihrem Vater darüber unterhalten.
»Ich habe nie gefragt, wie Sie heißen«, sagte er.
»Françoise.«
»Simon.«
»Papa sagt, Sie wollen ein Hotel eröffnen.«
»Das stimmt. Wir wollen nächsten Sommer den Betrieb aufnehmen.«
Sie nahm einen Schluck Champagner und sah ins Glas, schwarze Wimpern auf olivbrauner Haut. »Da werden Sie Leute brauchen, die bei Ihnen arbeiten.«
»Nach Weihnachten wollen wir uns umsehen.«
»Es würde mich sehr interessieren.« Sie beugte sich nach vorne, und Simon ertappte sich dabei, wie er auf das kleine goldene Kreuz starrte, das über ihrem Ausschnitt baumelte. »Ich möchte etwas Neues machen.«
»Was würden Ihre Eltern dazu sagen, wenn Sie nicht mehr im Café helfen? Ich kann Sie doch nicht abwerben.«
Sie schob die Unterlippe vor und zuckte mit den Schultern. »Ich habe eine Cousine. Sie könnte hierherkommen.«
»Ich werde mit Ihrem Vater sprechen, ja? Hören Sie, ich muß jetzt wieder gehen.« Er trat einen Schritt von der Bar zurück. »Au revoir,
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