Hotel Pastis
hindern, über dieses Hotel zu schreiben, Mr. Shaw. Sie sind ausgesprochen naiv.« Er hielt ihm sein leeres Glas hin. »Nun ja, Sie arbeiten ja auch in einem naiven Geschäft.«
Simon nickte. Er wollte sich nicht zu einer bissigen Bemerkung hinreißen lassen. »Sagen Sie mir doch, was es kostet.« Nun ließ Crouch seinem Spott freien Lauf. »Ich sehe, worauf dieses Gespräch hinausläuft, aber ich muß Sie leider enttäuschen.« Er nahm einen großen Schluck und genoß sichtlich den Augenblick, die Macht der Presse, die Genugtuung, einen reichen Mann zappeln zu lassen. »Nein, Mr. Shaw, Sie können damit rechnen, daß Sie eine Riesenwerbung gratis im Globe bekommen. Flächendeckend — so heißt das doch bei Ihnen? Ich habe siebenhundertfünfzigtausend Leser, wissen Sie?« Er unterdrückte ein Rülpsen und leerte sein Glas in einem Zug. Dann schenkte er sich nach.
Simon schlug einen etwas härteren Ton an. »Sie hatten siebenhundertfünfzigtausend Leser. Leider sind Sie nicht auf dem neuesten Stand. Seit drei Jahren sinkt die Auflage — sollte man Ihnen das etwa nicht gesagt haben?«
Crouch leckte sich den Schweiß von der Oberlippe. »Der Globe ist nach wie vor die einflußreichste Zeitung Großbritanniens.«
»Das ist auch einer der Gründe dafür, daß sie von meiner Agentur jährlich mehr als vier Millionen Pfund für Anzeigen erhält.« Simon seufzte, als ob es ihm schwerfiele, diese erfreuliche Statistik in einem Atemzug mit schlechten Nachrichten zu nennen. »Natürlich bedarf dies immer auch einer Überprüfung.«
Crouch kniff die Augen zusammen, und um seine aufgedunsenen Wangen legten sich kleine Fältchen.
»Von diesen vier Millionen Pfund wird auch Ihr Honorar bezahlt, Mr. Crouch. Haben Sie jemals darüber nachgedacht? Wahrscheinlich nicht. Na ja, es ist ja auch nicht weiter wichtig.«
»Nein, Mr. Shaw, es ist nicht weiter wichtig.« Crouch wollte weggehen, doch Simon hielt ihn am Arm zurück.
»Ich bin noch nicht ganz fertig. Lassen Sie es mich so klar wie möglich formulieren: Wenn innerhalb der nächsten sechs Monate das Hotel in der Zeitung erwähnt wird, sei es in Ihrer Kolumne, sei es, daß Sie es sonst irgendwo hineinschmuggeln, dann werde ich unsere Werbung im Globe zurückziehen. Und zwar voll und ganz.«
Crouch, der gerade sein Glas zum Mund führen wollte, hielt inne. »Das werden Sie nicht wagen. Es handelt sich hier nicht um ein kleines Käseblatt, sondern um die britische Presse. Das wird mein Chefredakteur niemals hinnehmen.«
»Ich verhandle nicht mit Ihrem Chefredakteur. Ich verhandle mit dem Besitzer. Dem Geschäftsinhaber.« — Simon wiederholte Crouchs herablassende Bemerkung von vorhin — , »so heißt es doch bei Ihnen? Ich gehe zwei-, dreimal im Jahr mit ihm essen. Er ist ein sehr praktisch denkender Mann.«
Simon sah, wie Crouchs Hand zitterte. »Vorsicht. Sie verschütten Ihren Champagner.«
»Das ist einfach ungeheuerlich.« Crouch schlürfte aus seinem Glas, was ihm zu neuem Aufschwung zu verhelfen schien; er fand zu seinem höhnischen Tonfall zurück. »Sie wissen, daß ich die ganze Angelegenheit — diesen miesen, erbärmlichen Bestechungsversuch — auf die erste Seite bringen könnte, nicht? Das gäbe eine hübsche Geschichte, eine sehr hübsche sogar.«
Simon nickte. »Höchstwahrscheinlich. Und falls sie je gedruckt werden würde, würden drei Dinge passieren. Erstens, ich würde alles leugnen. Zweitens, ich würde meine Werbung zurückziehen. Und drittens, ich würde Klage einreichen. Nicht gegen das Blatt. Gegen Sie.«
Die beiden starrten sich einen Augenblick an, bevor Simon das feindselige Schweigen brach. »Noch ein Glas?«
»Soll Sie doch der Teufel holen.« Crouch wankte an Simon vorbei und torkelte dann mit schnellen unsicheren Schritten an den Tisch zurück, an dem die Valiums saßen. Crouch sagte etwas zu ihnen, sie drehten sich zu Simon um, standen auf und gingen.
Jojo und Claude lehnten an der Bar und tranken pastis. Sie hatten Crouch und die Valiums beobachtet, wie sie sich mit zusammengebissenen Lippen und angewidertem Gesichtsausdruck ihren Weg zur Tür bahnten. Jojo stieß seinen Arbeitskollegen an. » Ils sont en colère, les rosbifs.«
Claude zuckte die Achseln. » C’est normal.« Seiner begrenzten Erfahrung nach fanden die Engländer, denen er bisher begegnet war, immer einen Grund, sich über irgend etwas aufzuregen — über die Sonne, die zu heiß schien, über die sanitären Anlagen, den langsamen Fortschritt der Arbeiten auf
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