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Hotel Pastis

Hotel Pastis

Titel: Hotel Pastis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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Geschäft, Geschäft und Eigennutz. Jordan erhob sich und kam auf Simon zu. Er gab sich redlich Mühe, ein feierliches Gesicht zu machen, und klopfte Simon auf die Schulter. »Werde Sie schmerzlich vermissen, alter Junge. Schmerzlich vermissen. Habe Ihre Freundschaft enorm zu schätzen gelernt.« Er seufzte heftig bei dem Gedanken an den Verlust seines lieben Freundes und griff nach der Champagnerflasche. »Ah«, sagte er, »Perrier-Jouet, Jahrgang ‘fünfundachtzig. Ausgezeichnet.«
    Ziegler begann auf- und abzuschreiten. Simons Aufmerksamkeit wurde auf seine Joggingschuhe gelenkt, die aussahen, als ob sie aufblasbar wären, und Ziegler einen federnden schwungvollen Gang verliehen. »Ich kapier’s nicht. Sie wollen irgend so ein mickriges Scheißhotel mitten in der Prärie führen?« Er blieb stehen und faßte Simon unvermittelt ins Auge. Sein Kopf reckte sich dabei vor wie bei einem Hund, der einen unerwartet aufgetauchten und möglicherweise unechten Knochen in Augenschein nehmen will. »Oder wollen Sie mich verarschen? Gibt’s etwa eine andere Agentur?«
    Im Zimmer war es still, abgesehen von dem Geräusch, das Jordan mit seiner Zigarette auf dem goldenen Etui machte — tap, tap, tap.
    »Nein, Bob. Nichts von alledem. Ich schwör’s. Ich habe die Nase voll, das ist alles. Ich will etwas anderes machen.« Simon grinste. »Wünschen Sie mir Glück und sagen Sie mir, daß Sie mich vermissen.«
    Ziegler blickte finster drein. »Was wollen Sie, ein Abschiedsdinner und einen Verdienstorden? Sie halsen mir da Probleme auf, und ich soll mich freuen? Herrgott noch mal!«
    Doch unter der Oberfläche des Gepolters bemerkte Simon deutlich, daß Ziegler — wie auch Jordan — sich durchaus freute. Bei ihrem weiteren Gespräch, das sich bis in den späten Nachmittag hinzog, kam noch deutlicher zum Ausdruck, daß keiner von beiden ihn länger als unbedingt nötig dabeihaben wollte. Im Verlauf weniger Stunden veränderte sich seine Position von unentbehrlich in potentiell hinderlich, ein Manager, der dem Unternehmen den Rücken gekehrt hatte, ein Abtrünniger. Leute wie er waren störend, ja sogar gefährlich für die Agentur, denn sie stellten die sorgsam gepflegte Aura der Selbstaufopferung in Frage.
    Simon hörte schweigend zu, als Ziegler und Jordan die Kundenliste durchgingen, um den möglichen Schaden abzuschätzen, und eine Umorganisation im Topmanagement diskutierten. Nicht ein einziges Mal fragten sie ihn nach seiner Meinung, und ihm wurde klar, daß er, um mit Zieglers Worten zu sprechen, bereits Teil der Geschichte war. Die Detailfragen würden die Anwälte regeln. Er gehörte nicht mehr dazu.

15
     
     
     
     
     
    E rnest stellte seinen betagten, aber würdevollen und auf Hochglanz polierten Armstrong Siddeley vor der Wohnung in der Rutland Gate ab. Heute war der Tag, an dem sie endgültig abreisten, emigrierten, ein neues Leben begannen.
    Er sperrte die Wohnungstür auf und erblickte Simon, der auf einem berstend vollen Koffer kniete und unter Flüchen versuchte, die Schnappschlösser einrasten zu lassen: »Entschuldigen Sie, Ern. Im Packen war ich noch nie besonders gut. Wieviel Platz ist denn noch im Wagen?«
    Ernest gesellte sich zu ihm auf den Koffer und half ihm. »Er ist zwar bereits ein klein wenig voll, aber das schaffen wir schon. Sind es nur noch der hier und die anderen zwei?« Er ließ die Schlösser einschnappen. »So. Dann also los.«
    Sie trugen die Koffer zum Wagen, und Ernest öffnete den Kofferraum. »Den großen können wir noch hier reinquetschen, und die anderen stellen wir auf Mrs. Gibbons’ Korb.« An Mrs. Gibbons hatte Simon gar nicht mehr gedacht. »Wo wird sie denn sitzen?«
    »Nun, sie hat eine etwas lästige Angewohnheit. Sie reist nur auf dem Beifahrersitz. Wenn man sie nach hinten verfrachtet, gerät sie völlig aus dem Häuschen und knabbert die Polster an.«
    »Na, und ich?«
    »Sie dürfen ganz der englische milord sein und auf dem Rücksitz Platz nehmen.«
    Simon spähte durchs Fenster in den Wagen. Zwei hellrote Augen blickten ihm entgegen, dann setzte sich Mrs. Gibbons auf und gähnte. Wie alle Bullterrier hatte sie ein Gebiß, als könne sie Steine zerbeißen. Mit schiefgelegtem Kopf musterte sie Simon und stellte ein struppiges weißes Ohr auf. Dann ließ sie ein tiefes, rasselndes Knurren vernehmen.
    Da trat Ernest hinzu und öffnete die Tür. »So was wollen wir hier nicht noch mal hören, verstanden? Los, komm raus und begrüße Mr. Shaw.« Er wandte sich an Simon.

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