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Hotel Pastis

Hotel Pastis

Titel: Hotel Pastis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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Simon sahen einander an. Ja, warum eigentlich nicht?
     
    Sie hatten jedoch nicht mit dem delikaten und höchst bedeutsamen Faktor des gastronomischen Eigendünkels gerechnet, dem Ego des Meisterkochs, der um seine Qualitäten weiß und sich in einer Reihe mit Bocuse und Senderens sieht — angebetet, hofiert, vom Präsidenten als Kleinod der Nation behandelt, von Filmstars umschmeichelt. Als Nicole den jungen Mann an der Küste anrief, schlug er die Einladung aus, da er es offenbar unter seiner Würde fand, in der Küche eines Privathaushalts zu kochen. Nach Brassière würde er zwar gerne kommen, wenn ein Wagen mit Chauffeur ihn aus Nizza abholte, doch er müsse dafür eine déplacement -Gebühr in Höhe von fünftausend Franc berechnen, und er würde nicht kochen. Nicole legte den Hörer auf und verzog das Gesicht. »Il pète plus haut que son cul.«
    »Wie bitte?« sagte Ernest.
    Simon lachte. »Das lernt man nicht bei Berlitz, Ern. Das heißt, daß er sich für übertrieben wichtig hält — er furzt höher als sein eigener Arsch.«
    »Ein analer Bauchredner. Äußerst geschmacklos.«
    Mit einigen Schwierigkeiten gelang es Nicole, die zweite Kandidatin, Madame Pons, ausfindig zu machen, der sie denselben Vorschlag unterbreitete. Man einigte sich darauf, daß sie herkommen und sich das Hotel sowie Nicoles Küche ansehen würde. Wenn sie einen positiven Eindruck davon gewänne, würde sie kochen. Wenn nicht, sollte man sie zum Mittagessen ins Mas Tourteron außerhalb von Gordes einladen, von dem sie gehört hatte, daß es ganz vorzüglich sei; mehr würde sie für diesen Tag nicht verlangen. Aber sie sei ein optimistischer Mensch, meinte sie. Man verabredete sich für den nächsten Tag um sechs Uhr morgens in Les Halles, den Markthallen von Avignon, wo Madame Pons die Zutaten kaufen wollte.
     
    Kurz vor sechs kamen die drei in Les Halles auf der noch nächtlich-düsteren Place Pie an. Die vielen Autos auf den Parkplätzen und das schwache Licht, das aus der Markthalle drang, waren die einzigen Anzeichen, daß auch andere schon auf den Beinen waren. Die Temperaturen lagen deutlich unter Null, der Wind trieb leere Zigarettenschachteln am Straßenrand vor sich her und prallte mit schneidender Kälte auf ungeschützte Hautpartien. Simon rieb sich über sein unrasiertes Gesicht, das sich wie gefrorenes Schmirgelpapier anfühlte.
    »Wie sollen wir sie denn finden?«
    »Sie sagte, sie würde in Kikis Bar frühstücken.«
    Aus der Dunkelheit und Stille traten sie in das gleißende Licht und die lärmende Betriebsamkeit der Markthalle. Menschenmengen drängten sich durch die Gänge, die Standbesitzer mußten schreien, um Kundenbestellungen zu wiederholen und unentschlossene Käufer zu überreden. Staunend blickte Ernest auf all die Stände, die bis zum letzten Quadratzentimeter mit Gemüse, Fleisch, Käse, Oliven, Früchten und Fisch ausgefüllt waren, alles im Überfluß.
    »Ah! Ich denke, daß wir hier künftig viele glückliche Stunden verbringen werden. Sehen Sie sich doch mal diese Auberginen an — da bekommt ja jeder Ballettänzer einen Minderwertigkeitskomplex.«
    Sie bahnten sich ihren Weg durch die Menge zur Bar. Männer in alten Arbeitsanzügen standen dichtgedrängt und widmeten sich ihren kleinen ballons mit Rotwein und ihren Wurstsandwiches. In einer Ecke machte sich eine Frau Notizen auf einem Umschlag, vor sich hatte sie einen halbvollen Sektkelch stehen.
    Madame Pons hatte ihre Blüte bereits hinter sich und war nun, Anfang Vierzig, ziemlich füllig geworden. Unter dem dunkelroten gelockten Haar und dem fleischigen, hübschen Gesicht wölbte sich ein mehrfaches Doppelkinn bis zu ihrer weißen Bluse hinab. Ihr Make-up war unübersehbar, ebenso ihr Busen, der wie zwei schlafende Hündchen auf dem Tresen auflag. Um die Schultern trug sie einen flaschengrünen Umhang, und zwei erstaunlich zierliche Füße balancierten auf eleganten hochhackigen Schuhen.
    Nicole stellte sie einander vor, und Madame Pons’ lebhafte braune Augen musterten die drei, während sie ihr Sektglas leerte. »Sie gestatten doch«, sagte Simon und legte einen Hundert-Francs-Schein auf die Theke. Madame Pons nickte huldvoll, griff nach ihrem Umschlag und tippte mit ihrem fleischigen Zeigefinger darauf.
    »Hier habe ich die Liste für das Mittagsmenü«, erklärte sie. »Eine kleine bouffe, nichts Kompliziertes. Folgen Sie mir.«
    Mit würdevoller Eleganz schritt sie die Stände entlang, betastete Waren, rümpfte die Nase, lehnte ab. Die

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