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Hotel Pastis

Hotel Pastis

Titel: Hotel Pastis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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mehrfaches Doppelkinn bis zur Schürze hinab erzittern, die sie noch immer umgebunden hatte. Für Simon stand außer Frage, daß er sie vom Fleck weg engagieren wollte, doch sie weigerte sich, beim Essen über Geschäftliches zu sprechen.
    »Essen«, meinte sie, »ist zu wichtig, als daß man dabei übers Geschäft reden dürfte. Bei Tisch soll man sich wohl fühlen. Ich nehme vielleicht noch einen kleinen Calvados, Ärnest, aber dann muß ich gehen.« Sie hielt eine Hand mit gespreiztem Daumen und kleinem Finger ans Ohr — eine Geste, die in der Provence üblicherweise mit dem Versprechen auf einen Telefonanruf einhergeht. »Wir sprechen uns morgen.«
    Die drei begleiteten Madame Pons hinaus, und auf dem Rückweg begab Ernest sich zu seinem Auto, um Mrs. Gibbons herauszulassen. Sie gähnte und sah ihn vorwurfsvoll an.
    »Mag sie keine Hunde, Ern?«
    »Ganz im Gegenteil, mein Bester. Sie hat Mrs. Gibbons beim Kochen immer wieder kleine Häppchen zugeworfen, und das tut ihr nicht gut. Davon bekommt sie Blähungen.«
    Als sie ins Haus zurückgekehrt waren, trafen sie beim Abwasch eine einstimmige Entscheidung: Das Hotel hatte eine Küchenchefin.

16
     
     
     
     
     
    I n den folgenden Wochen hatte Simon des öfteren das Gefühl, daß es seine einzige Aufgabe war — und das einzige, worin er sich nützlich erweisen konnte — , Schecks zu unterschreiben. Alle anderen hatten eine Arbeit. Madame Pons, immer in extrem hohen Stöckelschuhen und meist mit einem Glas in der Hand, überwachte die Gestaltung und Ausstattung der Küche, führte Gespräche mit möglichen Mitarbeitern und stellte die Weinliste für das Hotel zusammen. Zwei- oder dreimal pro Woche hielt sie in der unfertigen Küche an einem alten Blechtisch Hof und empfing stämmige Weinbauern oder smarte junge négociants, die ihre besten Flaschen mitgebracht hatten. Diesen Besuchen folgte regelmäßig eine Einladung zur Weinprobe auf dem Gut, bei dem ein leichtes dreistündiges Mittagessen serviert wurde. Es sei l’enfer, behauptete Madame Pons immer wieder, aber wie sollte man sonst die kleinen Schätze, die die Region barg, ausfindig machen?
    Ernest verbrachte Woche um Woche mit Prospekten und Stoffmusterbüchern, Stein- und Holzproben, Enzyklopädien über Bäume und Pflanzen, Skizzen und Plänen. Er hatte sich angewöhnt, einen schwarzen, breitkrempigen provenzalischen Hut zu tragen, und mit seiner zum Bersten vollen Aktenmappe, die in marmoriertes venezianisches Papier eingeschlagen war und an beiden Seiten mit Bändern aus Moiréseide zusammengehalten wurde, hätte man ihn auch für einen Künstler auf der Suche nach einem geeigneten Platz für sein nächstes Fresko halten können.
    Nicole arbeitete mit Ernest zusammen, wenn sie nicht gerade damit beschäftigt war, die Fingernägel und den Allgemeinzustand der potentiellen Kellner und Zimmermädchen in Augenschein zu nehmen. Sie begleitete ihn bei seinen Ausflügen zu den Antiquitätenhändlern von Isle-sur-Sorgue, den Ateliers für Metallverarbeitung, den Schreinerwerkstätten und den Gärtnereien, wo man alles finden konnte, vom Thymianstrauch bis zur fünfzehn Meter hohen Zypresse. Gewöhnlich kamen sie erst abends zurück, strahlend vor Freude über ihre Entdeckungen und Erwerbungen, und erzählten Simon, wie richtig doch seine Entscheidung gewesen sei, sich nicht mit all diesen Einzelheiten herumzuschlagen. »Kissen und Armaturen fürs Bad, mein Lieber«, hatte Ernest gesagt. »Schrecklich langweilig.« Merkwürdig, dachte Simon, wie gern die beiden und Madame Pons über Dinge murrten, die sie doch offensichtlich faszinierend fanden.
    Selbst der Hund hatte eine Aufgabe. Mrs. Gibbons hatte sich selbst zur Assistentin des Architekten Blanc ernannt, wartete allmorgendlich vor dem Hotel auf ihn und begrüßte ihn schwanzwedelnd. Den Rest des Tages hing sie ihm dann an den Fersen, wobei ihr Fell mit Staub und Mörtelflecken eingedeckt wurde, wenn sie durch den Schutt watschelte. Gelegentlich zerrte sie auch eine Latte oder einen ausrangierten Dachbalken herbei und legte sie ihm vor die Füße. Die Maurer nannten sie »architecte«, brachten ihr unter Zuhilfenahme von Resten ihres Mittagessens bei, Zwanzig-Kilo-Säcke Mörtel zu schleppen, und schlossen Wetten darüber ab, wie weit sie mit einem Sack die Steintreppe hinaufkam (sie wiederum gab dabei schreckliche heulende Laute von sich). Mrs. Gibbons war beschäftigt — und zufrieden.
    Simon hingegen stellte fest, daß er allmählich unruhig wurde. Es

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