Hotel Transylvania
Glücksspielen zuwenden, und ich fände mich verlassen und als Zielscheibe des Spottes oder des Mitleids, wie es so vielen Gattinnen ergeht. Und warum sollte es auch anders sein? Wie Ihr schon sagt, ist es der Lauf der Welt.«
Die meisterliche Zusammenfassung der Lage besänftigte le Marquis keineswegs. »Nun gut, Mademoiselle, da Ihr mich nicht haben wollt, gibt es andere, die Euch haben wollen, und das mit weit weniger ehrenhaften Absichten.« Er bemerkte ihren ungläubigen Blick und zog daraus grimmige Befriedigung. »Ja, daran habt Ihr nie gedacht, nicht wahr? Vielleicht bin ich für Euch ein scheußlicher Einkauf, aber es gibt unendlich schlimmere Schicksale. Ihr sagt, dass Ihr mich nicht akzeptieren werdet. So sei es, Mademoiselle.« Mit seinem Gehstock klopfte er an die Decke der Kutsche.
»Was tut Ihr da?«, verlangte Madelaine zu wissen.
»Ich ändere meine Anweisungen.« Er rief dem Kutscher zu: »Ich habe es mir anders überlegt. Ich wünsche nun doch zum anderen Ziel gebracht zu werden.«
»Zu welchem anderen Ziel? Wohin bringt Ihr mich?« Chenu-Tourelle lächelte höhnisch. »Ich bringe Euch zu jenen, die für Euch Verwendung haben.«
»Zu wem?« Madelaines Knöchel waren weiß, eine Übelkeit erregende Angst stieg in ihr auf, und sie schien wieder die Geräusche der Verfolger bei Sans Désespoir zu hören.
»Le Baron Clotaire de Saint Sebastien und seine speziellen Freunde haben mir gewisse ... Belohnungen versprochen, wenn ich Euch zu ihnen bringe. Ich sagte, dass ich es tun würde, wenn Ihr Euch mir verweigertet. Ihr habt Euer Schicksal selbst gewählt, Mademoiselle.« Zum ersten Mal seit Antritt der Fahrt entspannte er sich, kreuzte die wohlgewachsenen Beine an den Knöcheln und begann am Knauf seines Gehstocks herumzuspielen.
Madelaine fühlte, wie sie der Mut verließ, und zwang sich zu den Worten: »Ich dachte nicht, dass Ihr so abscheulich wäret, Marquis. Aber wir befinden uns auf den Straßen von Paris. Wenn ich um Hilfe rufe, werden wir gewiss gerettet. Bringt mich und meine Zofe zum Haus meiner Tante zurück, und ich gebe Euch mein Wort, dass ich weder jetzt noch später etwas zu Eurem Nachteil sagen werde.« Sie wusste, dass sie log, denn noch während sie sprach, dachte sie an Saint-Germain.
»Ihr könnt um Hilfe rufen, wenn Ihr wollt, Mademoiselle. Das liegt ganz bei Euch.« Er machte eine rasche Handbewegung und zog die schmale Klinge aus seinem Stock. »Aber ich denke, Ihr werdet es nicht tun.«
Madelaine biss sich auf die Lippe, als die Schwertspitze vor ihrem Gesicht hin und her schwankte. Sie fühlte, wie Cassandre neben ihr erstarrte, und sagte: »Tut nichts. Ich glaube, er würde es bei dem geringsten Anlass einsetzen.« Sie empfand Stolz, dass ihre Stimme so fest war wie stets. Sie verschränkte langsam die Arme und musterte Chenu-Tourelle. »Darf ich erfahren, warum Ihr das tut? Welche Belohnung hat man Euch angeboten?«
Chenu-Tourelle wedelte mit dem Schwert wenige Zoll vor ihrem Gesicht und genoss ihr Unbehagen. »Ich weiß nicht, ob ich Euch das sagen sollte.«
Verzweifelt schlug sie eine neue Richtung ein. »Wisst Ihr, warum Saint Sebastien mich haben will? Er kennt mich doch nicht. Er hat ja kaum mit mir gesprochen. Wenn es um die Feindschaft mit meinem Vater geht...«
»Feindschaft, Mademoiselle? Er hat das Recht, Euch zu besitzen.« Mit der freien Hand griff er in seine geräumige Rocktasche, holte ein Fläschchen hervor und hielt es Madelaine hin. »Erweist mir die Höflichkeit und trinkt das.«
«Nein«, lehnte Madelaine ab.
»Wenn Ihr nicht trinkt, werde ich Eure Zofe töten. Jetzt, sofort.« Er nahm den
Arm für den Stoß zurück und ergötzte sich an der Angst in der Miene der älteren Frau. »Trinkt den Wein, Madelaine.«
»Ihr müsst es nicht tun«, sagte Cassandre schwach.
Aber Madelaine hatte das Fläschchen schon ergriffen und setzte es an die Lippen. Ihre Augen funkelten vor Hass, als sie den Wein austrank und das Behältnis wieder an Chenu-Tourelle reichte. »Ein schlechter Jahrgang, Marquis.«
»Für meine Zwecke genügt er. Es wird nicht lange dauern, bis die Droge zu wirken beginnt, ma belle.«
Madelaines Kinn hob sich. »Es kann nicht bald genug geschehen, da ich dann Eure Gesellschaft nicht mehr ertragen muss. Ich wusste, dass ich nichts mit Euch zu tun haben sollte. Aber Ihr überzeugtet meinen Vater, nicht wahr? Und ich wollte ihn nur ungern enttäuschen.« Sie drehte sich leicht zu Cassandre. »Es ist zwecklos, eine Szene zu
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