Hotel Transylvania
Sept-Nuit«, sagte sie so ruhig, wie sie es vermochte, »warum tut Ihr das? Es ist schlecht und böse, Chevalier. Denkt an die Bestrafung.«
De la Sept-Nuit fuhr grob mit den Händen über ihren Leib. »Denkt an die Macht, Madelaine. Clotaire hat mir die Führung des Zirkels versprochen, wenn er fertig ist und ich mich würdig erweise. Ihr seid Teil der Prüfung.«
Zum ersten Mal spürte sie, wie die Hilflosigkeit von ihr Besitz ergriff. Vergeblich suchte sie die schmerzhaften Demütigungen zu ignorieren, die le Chevalier de la Sept-Nuit ihr zufügte, und an andere Dinge zu denken. Aber die Leichen in der sich ausbreitenden Blutlache konnten nicht ignoriert werden, auch nicht die jammervolle Gestalt ihrer Zofe Cassandre oder die grässlichen Hände, die sie schändeten. Mehr als alles andere in ihrem Leben wünschte sie sich, dass Saint-Germain sie retten würde, sie von der Pein und der Angst und der Erniedrigung fortbrächte. Aber zwei Männer hatten bereits versucht, sie zu retten, und einer war tot und lag weniger als zehn Fuß von ihr entfernt, und der andere war ein Gefangener und befand sich in einer ebenso gefährlichen Lage wie sie. Also betete sie stumm, inbrünstig und elend; sie betete darum, dass sie den Verstand verlieren möge.
Aus einem von mehreren gleichlautenden Briefen des Baron Clotaire de Saint Sebastian an die abwesenden Angehörigen seines Zirkels; undatiert:
... Man kann die Kapelle über einen geheimen Tunnel erreichen, der von der Seine zu den verlassenen Gewölben des Klosters führt, das vor mehr als fünfhundert Jahren nahe am Fluss stand. Ihr findet den Eingang zum Tunnel an der Fluss zugewandten Seite des Quai Malaquais zwischen la rue des Saints Pésres und la rue de Seine. Der Tunnel ist mit schweren Steinen verstärkt, und Ihr solltet einen Prügel mitnehmen, denn es gibt dort viele Ratten.
... Auf der anderen Seite des Grabgewölbes befindet sich die Kapelle. Man raunt, dass Praktiken unserer Art dort sogar schon seit der Herrschaft des Spinnenkönigs vorgenommen wurden, was ein gutes Vorzeichen ist. Gewiss hat sie neuere Verwendung erfahren, denn La Voison sprach von ihr und etlichen anderen ihrer Art in und um Paris zu vielen Mitgliedern jenes Zirkels, dem mein Großvater angehörte.
Die Kapelle selbst befindet sich fast genau unter dem Hotel Transylvania. Dieser Gegensatz verschafft mir Erheiterung. Über uns werden unsere prunkvollen Standesgenossen dem Würfelspiel frönen und das Vermögen mehrerer Generationen auf eine Karte setzen und dabei denken, dass sie den wahren Weg zu Macht und Ruhm gefunden haben, derweil wir tief unter ihren Füßen die Rituale vollziehen werden, die uns Macht verschaffen, von deren Existenz sie nicht einmal etwas ahnen, und die Herrschaft über Frankreich, die stärker ist als jene, die vom Thron ausgeht.
Ein Wort der Warnung: Offenbar besteht eine Zugangsmöglichkeit vom Hotel Transylvania zur Kapelle, allerdings habe ich sie nicht gefunden, und es ist zweifelhaft, dass die Besitzer oder das Personal des Hotels davon Kenntnis besitzen. Aber Ihr werdet zugeben, dass es sehr ungünstig wäre, wenn jemand aus unserer Mitte diesen Zugang benutzen würde, und wichtiger noch: wenn ein unglücklicher Personalangehöriger des Hotel zufällig unsere Anwesenheit bemerkt. Aus diesem Grund und aus anderen bestehe ich darauf, dass Ihr abwechselnd Wache steht. Die Freuden unserer Opferung werden Euch nicht vorenthalten, auch nicht die Benutzung unseres Opfers, das vortrefflich ist, wie ich festgestellt habe. Sogar die geringe Kostprobe, die ich von ihr genossen habe, verrät mir schon, dass es ergötzlich sein wird, sie zu vernichten. Aber wir müssen unentdeckt bleiben. Die Besinnung auf den Skandal der mit der letzten Entdeckung eines Zirkels einherging, sollte Euch die Notwendigkeit dieser Vorsichtsmaßnahmen vor Augen führen. Ein Giftmischerprozess ist für Frankreich genug. Ich werde nicht dulden, dass sich einer von Euch so tolpatschig anstellt wie Montespan.
Während ich dies schreibe, hat die erste volle Stunde nach Mitternacht geschlagen. Ich fordere Euch auf, zur dritten Stunde bei der Kapelle zu erscheinen, wie wir es geplant haben. Vielleicht hat es sein Gutes, dass wir uns vor der Zeit zur Kapelle begeben haben, denn dadurch verringert sich die Gefahr unserer Entdeckung, und uns bleibt größere Muße, die Opfer angemessen vorzubereiten.
Wenn Ihr mich hierin enttäuscht, werde ich Euch als meinen
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