Hotel Transylvania
zu der jämmerlichen Gestalt herab: »Arme Narren. Gervaise, warum habt Ihr mir nicht geglaubt?« Er hielt es für zwecklos, aber er schlug auf Gervaises Stirn das Zeichen des Kreuzes, bevor er wieder zur Tür ging.
Ein Stöhnen aus der Ecke ließ ihn innehalten. Rasch wandte er sich um, bereit, jeden hinter diesem Geräusch anzugreifen. Dann sah er Cassandre, die an der Wand kauerte. Mit behutsamen Bewegungen durchquerte er erneut das Zimmer und ließ sich neben Madelaines Dienerin auf ein Knie nieder.
Cassandres Blick war unstet. Zwar versuchte sie sich zu regen, aber ihr Körper gehorchte den Befehlen ihres Willens nur mit einer schwachen aufbäumenden Bewegung. Schließlich sagte sie unter großen Mühen: »Sie sind fort, Madelaine ist... bei ihnen ... ich habe gehört ...«
Mit bewusst sanfter, beharrlicher Stimme suchte Saint-Germain sie zu beruhigen; er wusste, wenn Cassandre sich der Angst ergab, erfuhr er nichts mehr von ihr. »Ja. Ihr habt wohl getan. Ihr braucht Euch nicht zu fürchten. Sie sind fort, und ich werde Euch helfen. Ich will Euch helfen. Ich will Madelaine helfen. Wenn Ihr mir sagt, was Ihr gehört habt, verspreche ich Euch, dass ich sie finden werde, bevor ihr etwas zustößt.«
Der Zofe stiegen die Tränen in die Augen, und sie versuchte sie vergeblich zu unterdrücken. »Madelaine ... Madelaine ... Ach, mein liebes Kind ...« Lang gezogene Schluchzer erstickten ihre Worte.
»Nein, nein, Madame«, sagte Saint-Germain, und beim Klang seiner Stimme beruhigte sie sich wieder. »Wenn Ihr weint, könnt Ihr mir nicht sagen, wo Madelaine ist.« Er wartete scheinbar endlose Minuten, in denen Cassandre ihre Tränen trocknete und sich genügend sammelte, dass sie wieder vernünftig reden konnte.
»Es geht mir schon besser«, sagte sie mit leiser Stimme. »Aber ich habe große Angst. Ach, so große Angst. Le Baron hat Madelaine fortgebracht ...« Sie erzitterte, aber hielt sich in der Gewalt. »Nein, ich darf nicht. Er, le Baron, hat Madelaine und ihren guten Vater mitgenommen. Er hat gesagt, dass er einen Ort kennt, er nannte ihn eine Kapelle, aber sie muss dem Bösen verschrieben sein, wenn dieses Ungeheuer sie betreten kann.«
»Seid Euch sicher, dass Ihr Euch nicht irrt?«, warf Saint-Germain grimmig ein.
»Es ist eine Kapelle, wo er Madelaine und le Marquis töten wird. Ach, meine
süße Madelaine!«
»Aber wo befindet diese Kapelle? Hat er das gesagt?«
Wieder kämpfte Cassandre ihren Kummer nieder. »Es ist ... eine, die schon vorher benutzt wurde, von Montespans Gruppe.«
»Sagten sie, wo sie liegt?«
»Nein.« Cassandres Gesicht verzerrte sich, und sie hielt die Tränen nicht zurück, die ihr über das zerfurchte Gesicht rannen.
Saint-Germain spürte, wie seine Hand erstarrte, und er wollte sich schon entfernen, als ihm etwas anderes einfiel. »Ist hier sonst noch jemand, Madame? Es gibt noch eine Chance, dass jemand weiß, wohin Saint Sebastien gegangen ist.«
Wortlos schüttelte Cassandre den Kopf, während ein leises Wimmern ihren zusammengepressten Lippen entwich. Dann sagte sie mit bebender Stimme: »Nein ... wartet... Der Stall ... Le Marquis wurde in den Stall gebracht... Da ist vielleicht etwas ...«
»Bon. Ihr habt wohl getan, Madame.« Saint-Germain nahm Cassandres Hände in seine und bemerkte besorgt, wie kalt sie schon waren. »Ich möchte nun, dass Ihr mir zuhört. Ich werde Madelaine und ihren Vater suchen. Ihr habt mein Wort, dass ich Euch Hilfe schicken werde, aber das wird noch eine kleine Weile dauern. Ihr sollt nicht verzweifeln, und Ihr sollt Euch nicht fürchten.« Er beugte sich vor. »Ihr werdet jetzt ausruhen, Madame, denn Ihr habt es verdient. Ihr werdet unbeschwert schlafen, und Eure Leiden werden Euch fliehen. Wenn Ihr erwacht, wird Eure Angst verflogen sein und Euer Herz leicht. Schlaft jetzt.« Er fuhr ihr mit einer kleinen Hand über die Augen, die sich gehorsam schlossen, und als er sich erhob, hörte er, wie ihr Atem regelmäßiger wurde. Er war sicher, dass sie sich erholen würde. Bevor er Saint Sebastiens Privatraum verließ, zog er zwei Vorhänge herab und legte sie über das, was von Gervaise, le Comte d'Argenlac, und dem Leibdiener Tite übrig geblieben war.
Ohne allzu umfangreiche Vorsichtsmaßnahmen schlich er sich zum Stall, in der Hoffnung, dass er dort tatsächlich einen Hinweis finden werde, wohin Saint Sebastien und sein grässlicher Zirkel sich begeben hatten. Das Stalltor stand weit offen, und die Pferde
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