Hotel Transylvania
Nicht wahr, meine Liebe?«
»Gewiss«, stimmte la Comtesse etwas zu rasch zu. Sie warf einen verstohlenen Blick auf den Horizont und sagte dann wieder ganz munter: »Nun, ich habe gar nicht bemerkt, wie weit der Tag schon fortgeschritten ist. Wenn wir zur Ankunft meines Bruders wieder in unserem Hotel sein wollen, dann, so fürchte ich, müssen wir nunmehr umkehren. Ich hoffe, es macht dir nichts aus, meine liebe Nichte. Ich will Euch nicht Eures Vergnügens berauben.«
Madelaine fing einen beschwörenden Blick von Saint-Germain auf und sagte taktvoll: »Nun, meinen Vater wieder zu sehen, muss mir das größte Vergnügen sein, das ich haben kann. Wenn es Euch recht ist, lasst mich das Tempo für den Rückweg zu Eurem Hotel vorgeben . Saint-Germain«, sagte sie über die Schulter, »Eure Gesellschaft würde mich erfreuen, aber ich weiß, dass ich Euch nicht aufhalten darf. Ich werde auf der Fete nach Euch Ausschau halten. Und ich verspreche, dass ich die Probe für die Oper nicht belauschen werde.«
Mit dem Dreispitz über dem Herzen verneigte Saint-Germain sich tief im Sattel. »Ich danke Euch, Madelaine. Es war ein bezaubernder Nachmittag. Comte, Comtesse, Euer gehorsamster Diener.« Er zog den Hengst herum und ritt auf die Brücke zu. »Dann bis morgen.«
Aber auf der anderen Seite der Brücke wartete er noch eine Weile und sah Madelaine so lange hinterher, wie es ihm möglich war. wie die tapfere Gestalt ihrer verstörten Tante und ihrem Gatten in scharfem Trab zum Hotel voranritt.
Erst als sie völlig außer Sicht war, überquerte er erneut die Brücke und folgte ihr.
Aus einem Brief der Abbesse Dominique de la Tristesse de les Anges an den unbekannten Wohltäter ihrer Schwester, datiert auf den 2. November 1743:
... Der Arzt, der so freundlich war, meine arme Lucienne zu diesem Konvent zu begleiten, sagte mir, dass es ihr mit guter Pflege und Gottes Hilfe gut möglich sei, ihren Verstand und einen Großteil ihrer Gesundheit wiederzuerlangen.
Für Eure Freundlichkeit um ihretwillen kann ich Euch nicht genug danken. Dass Ihr ihr Violoncello mit ihr gesandt habt, so dass sie den Trost und die Freude ihrer Kunst in dieser Zurückgezogenheit genießen kann, enthüllt die Güte Eurer Seele. Solltet Ihr etwas von Gott am Jüngsten Gericht zu fürchten haben, so könnt Ihr sicher sein, dass Eure Bemühungen im Interesse meiner Schwester zu Euren Gunsten sprechen werden. Niemand, der von ihren Leiden erfuhr, hätte mehr für sie tun können, oder mit mehr Sorgfalt für ihren Schutz und ihren guten Namen. Dass Ihr sie ohne einen Skandal gerettet habt, zeigt mir, wie groß Eure Besorgnis um sie ist.
Schoenbrun teilte mir mit, dass Ihr nicht den Wunsch habt, erkannt zu sein, sowohl für Luciennes Wohl als auch aufgrund Eurer Bescheidenheit. Es ist zweifelsfrei wahr, wäre es jemandem im Kreise ihres Gatten bekannt, dass Anstrengungen unternommen werden würden, Euch zum Sprechen zu bringen und sie auf diese Weise der Verfolgung durch das Gesetz preiszugeben, wie auch den Gehorsam ihrem Gatten gegenüber zu erzwingen. Ich weiß, dass es die Pflicht der Gattin ist, das Urteil des Ehemannes anzuerkennen und sich demütig seinen Anordnungen unterzuordnen. Jedoch, nach dem, was ich von Lucienne hörte, ist ihr Gatte ein Ehebrecher auf unnatürliche Art gewesen und hat die Gesellschaft von Frauen einschließlich seiner Gattin verachtet. Zweifelsohne ist dies in den Augen Gottes keine Ehe, und selbst die heilige Jungfrau verlangt nicht, dass ihre Gläubigen das Fleisch verleugnen, sondern ermahnt die Frauen eher, um Kindersegen zu beten und Gott die Früchte ihrer Ehe zu zeigen als Beweis ihres gegenseitigen Respekts und Zuneigung.
Seid versichert, dass ich und die guten Nonnen hier meine Schwester beschützen und bewachen werden, bis sie bereit ist, wieder in die Welt hinauszutreten. Sollte sie es vorziehen, nicht nach Paris zurückzukehren, so werden wir bestrebt sein, dafür Sorge zu tragen, dass sie ein Leben führen kann, wie es ihrem Rang und Status gebührt. Ich habe bereits unserem Cousin geschrieben, welcher Kardinal Glaivefleur ist. Er lebt in Rom und ist ein Mann von ausgezeichnetem Ruf. Ich bin sicher, dass er bereitwillig Luciennes Vormund sein und ihr die Zuflucht seines Hauses gewähren würde, wie auch die Umgebung, um ihre Talente in einer äußerst angenehmen Atmosphäre auszuüben. Vielleicht werdet Ihr mir zustimmen, dass es das Beste wäre, wenn sie Achille Cressie niemals wieder sehen
Weitere Kostenlose Bücher