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Hotel van Gogh

Hotel van Gogh

Titel: Hotel van Gogh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Bechtle
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Besorgt verfolgt sie den Sechstagekrieg, den Sieg der Israelis empfindet sie als den bisherigen Höhepunkt ihres Lebens.
    Meine erste Kurzgeschichte. Ich lege eine Pause bei Sarah ein, um über diese junge Deutsche zu schreiben. Der ehemaligen Schülerin fallen bei ihrer Scheidung dreißig Jahre nach dem Briefwechsel die Briefe ihres israelischen Brieffreundes in die Hände. Während ihre eigene Welt zusammenbricht, will sie nun wissen, wie er das Leben mit seinen Idealen gemeistert hat. Nach erheblichen Schwierigkeiten macht sie ihn in Paris ausfindig, er arbeitet dort als Attaché an der israelischen Botschaft, ist verheiratet und hat zwei Kinder.
    Sie verabreden sich in Straßburg, auf halbem Weg zwischen Paris und Frankfurt, wo sie erfolgreich als Grundstücksmaklern tätig ist. Sie ist ungewöhnlich aufgeregt, diesen Mann nach all den Jahren zu treffen, vielleicht auch, überlegt sie, weil sie eigentlich nie bewusst einem Israeli begegnet ist. Was verspricht sie sich überhaupt davon?
    Sie findet ihn sofort sympathisch. Er ist kräftig gebaut, trägt einen dunklen Anzug und ein blaues Hemd mit offenem Kragen. Ein direkter, etwas bohrender Blick, der durch ein angenehmes Lächeln entschärft wird. Er tritt selbstsicher auf, dennoch meint sie eine unterschwellige Unruhe zu verspüren.
    Sie gehen stundenlang durch die engen Gassen der Stadt, der Israeli war noch nie hier, auch in Deutschland nicht, was sie von ihm als Diplomaten eigentlich erwartet hätte, aber auch sie hat nie Israel besucht, als halte eine tiefsitzende Hemmung sie davon ab. Beim Abendessen sprechen sie über die Zeit ihrer Brieffreundschaft.
    »Das Damals kommt einem heute so unschuldig vor. Ich habe dich beneidet und wünschte mir nichts sehnlicher, als mit dir zu tauschen. Später wurde mir bewusst, dass ich mich vor allem aus Auflehnung gegen das Schweigen meiner Eltern auf die Seite der Israelis gestellt hatte.«
    »Mir war deine Unzufriedenheit unerklärlich, es fehlte dir an nichts, während es uns an vielem mangelte und wir von allen Seiten bedroht wurden.«
    »Würdest du heute mit mir tauschen?«
    »Nein, ich wollte eigentlich nie mit dir tauschen. Ich fühle mich geborgen in unserer Gemeinschaft, bei unseren Bräuchen und den Geschichten, die von Generation zu Generation weitererzählt werden. Im tiefsten Inneren bin ich ein Träumer. Und du, beneidest du mich immer noch?«
    »Ich habe das in der Zwischenzeit überwunden. Israel ist auch nicht mehr dasselbe. Es fällt mir schwer, heute allem, was dort geschieht, wie damals uneingeschränkt zuzustimmen. Viele Unruhen in der Welt gehen doch auf einen Mangel an Flexibilität von Seiten Israels zurück. Man muss den Palästinensern eine Chance geben, politisch und wirtschaftlich, damit sie sich zu einer Friedenspolitik bekennen. Was hat das starke Israel denn schon zu befürchten!«
    »Kannst du dir überhaupt vorstellen, wie es ist, wenn deine Existenz täglich aufs Neue in Frage gestellt wird?«
    »Die Weltmächte würden dem nie tatenlos zusehen.«
    »Und Deutschland?«
    »Deutschland ist keine Weltmacht.«
    »Also entzieht ihr euch der Verantwortung? Hast du von Massada gehört?«
    »Ja, natürlich, der Ort des letzten Widerstands der Juden gegen die Römer.«
    »Massada lebt als wichtiges Symbol in uns fort. Damals hat uns niemand beigestanden. Auch später nicht. Massada darf es nicht noch einmal geben. Wir müssen uns auf uns selbst verlassen.«
    »Zu Zeiten unseres Briefwechsels übte Massada eine magische Kraft auf mich aus. Natürlich schwang dabei eine Menge Romantik mit. Mit den Jahren bin ich abgeklärter geworden, irgendwann hat mich die Romantik verlassen.«
    »Dich mit einem fremden Mann in Straßburg zu treffen, um deiner Vergangenheit noch einmal zu begegnen, das finde ich schon ziemlich romantisch.«
    »Oder neugierig. Ein Blick zurück, was war und was hätte sein können. Wann bietet einem das Leben schon diese Möglichkeit? Ich bin froh, dass wir uns getroffen haben.«
    Sie verbringen die Nacht zusammen. Draußen ist es kühl und regnerisch. Sie fühlt sich an seinem kräftigen Körper geborgen. Als sie am nächsten Morgen aufwacht, ist sie allein, der Israeli ist spurlos verschwunden, nur sein Geruch ist geblieben, der noch an ihr haftet.
    Natürlich hat die Geschichte mit Sarah zu tun. Beim Überlesen wird mir auch bewusst, dass sie erst nach Sarahs Paris veröffentlicht werden darf. In ihr tritt eine Entwicklung in Hinblick auf Israel zutage, die Sarah und ihr

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