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Hotel

Hotel

Titel: Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Hailey
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zu benutzen.« Mit Hilfe der Taxifahrer, die ihr Platz machten, scherte sie aus der Reihe aus und fädelte sich in den Verkehrsstrom auf der St. Charles Street ein.
    Es hatte den Anschein, dachte Peter, als sie an der Canal Street auf grünes Licht warteten, als werde er andauernd von hübschen Frauen durch New Orleans kutschiert. War es wirklich erst drei Tage her, daß er mit Christine in ihrem Volkswagen zu ihrem Appartement hinausgefahren war? In derselben Nacht war er Marsha zum erstenmal begegnet. Es kam ihm länger vor als drei Tage vielleicht weil Marsha ihm inzwischen einen Heiratsantrag gemacht hatte. Er fragte sich, ob sie die Dinge am Morgen nicht in einem vernünftigeren Licht gesehen hatte, war jedoch nach wie vor entschlossen, nichts zu sagen, sofern sie das Thema nicht selbst anschnitt.
    Dennoch war es aufregend, so dicht neben ihr zu sitzen und sich die letzten Minuten vor ihrem Abschied gestern nacht ins Gedächtnis zurückzurufen – der zuerst zärtliche und dann so leidenschaftliche Kuß; der atemberaubende Moment, in dem er nicht ein Mädchen, sondern eine Frau in den Armen gehalten und das verheißungsvolle Beben ihres Körpers gespürt hatte. Nun betrachtete er sie verstohlen; ihren jugendlichen Eifer, ihre geschmeidigen Bewegungen, ihre schlanke Figur unter dem dünnen Kleid. Falls er die Hand ausstreckte …
    Widerstrebend unterdrückte er den Impuls. In einer bußfertigen Anwandlung sagte er sich, daß die Gegenwart von Frauen von jeher sein gesundes Urteil getrübt und ihn zu unbesonnenen Handlungen verleitet hatte.
    Marsha streifte ihn mit einem Blick. »Woran haben Sie eben gedacht?«
    »Geschichte«, schwindelte er. »Wo fangen wir an?«
    »Beim alten St.-Louis-Friedhof. Waren Sie schon mal dort?«
    Peter schüttelte den Kopf. »Für Friedhöfe habe ich mich nie übermäßig interessiert.«
    »In New Orleans lohnt sich das aber.«
    Es war nur ein kurzes Stück Fahrt zur Basin Street. Marsha parkte vorschriftsmäßig auf der Südseite, und sie gingen quer über den Boulevard auf den von einer Mauer umgebenen Friedhof zu, St. Louis Nummer eins mit seinem alten Säulentor.
    »Ein gut Teil der Geschichte beginnt hier«, sagte Marsha und nahm Peters Arm. »Anfang des achtzehnten Jahrhunderts, als New Orleans von den Franzosen gegründet wurde, war das ganze Gebiet ein einziger Sumpf. Das wäre es auch jetzt noch, wenn man den Fluß nicht eingedämmt hätte.«
    »Ich weiß, daß der Untergrund der Stadt naß ist«, meinte Peter. »Im Souterrain des Hotels pumpen wir vierundzwanzig Stunden täglich die Abwässer nach oben in die städtischen Abflußkanäle – und nicht nach unten.«
    »Früher stand das Grundwasser noch höher. Sogar an trockenen Stellen reichte es bis neunzig Zentimeter an die Erdoberfläche, so daß Gräber überflutet wurden, bevor man den Sarg hinunterlassen konnte. Angeblich stellten sich die Totengräber auf die Särge und drückten sie hinunter. Und manchmal bohrten sie Löcher in das Holz, damit die Särge von selber untersanken. Damals pflegten die Leute zu sagen, wenn einer nicht richtig tot ist, ertrinkt er.«
    »Das klingt ja wie ein Gruselfilm.«
    »In manchen Büchern steht, daß das Trinkwasser nach Leichen roch.« Sie verzog angewidert das Gesicht. »Auf jeden Fall kam dann später ein Gesetz, das alle Bestattungen in der Erde verbot.«
    Sie schlenderten zwischen den Gräberreihen dahin. Einen Friedhof wie diesen hatte Peter noch nie gesehen. Marsha wies in die Runde. »Das alles hier entstand, nachdem das Gesetz verabschiedet worden war. In New Orleans nennen wir die Friedhöfe Städte der Toten.«
    »Der Name leuchtet mir ein.«
    Der Friedhof glich wirklich einer Stadt, dachte er; mit unregelmäßigen Straßen und Grüften im Stil kleiner Häuser, manche aus Backstein, andere weiß getüncht, mit schmiedeeisernen Balkonen und schmalen Gehsteigen. Die Häuser hatten mehrere Stockwerke, und das Fehlen von Fenstern war das einzige übereinstimmende Merkmal; statt der Fenster hatten sie zahllose kleine Türen. Er zeigte darauf. »Das könnten lauter Appartements sein.«
    »Das sind auch welche, und die meisten werden nur für kurze Zeit vermietet.«
    Er sah sie neugierig an.
    »Die Gräber sind in Abschnitte unterteilt«, erklärte Marsha. »Ein normales Familiengrab hat zwei bis sechs Abschnitte, die größeren haben mehr. Zu jedem Abschnitt gehört eine kleine Tür. Kurz vor einer Beerdigung wird eine der Türen geöffnet. Der Sarg, der bereits drin ist,

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