Hotel
entdeckte, das er ahnungslos aus der Präsidentensuite mitgenommen hatte, glaubte er zuerst zu träumen. Er war in seinem Zimmer umhergelaufen, um wach zu werden. Aber das nützte nichts, denn er war auch im Traum wach. All das machte ihn so konfus, daß er erst bei Tagesanbruch einschlief und dann so tief und fest schlummerte, daß er erst am späten Vormittag erwachte.
Typisch für Keycase war jedoch, daß die Nacht nicht vergeudet wurde.
Während er sich mit Zweifeln herumschlug, machte er Pläne und traf Vorsichtsmaßregeln für den Fall, daß er nicht geträumt und wirklich fünfzehntausend Dollar erbeutet hatte.
So viel Geld war ihm während seiner langjährigen Betätigung als professioneller Dieb noch nie zwischen die Finger geraten. Besonders bemerkenswert erschien ihm dabei, daß es nur zwei Probleme zu lösen galt, um das Geld unangefochten aus dem Hotel zu schleusen. Das erste war der Zeitpunkt seiner Abreise, das zweite der Transport des Geldes.
Beide Fragen wurden noch in der Nacht zufriedenstellend geklärt.
Beim Verlassen des Hotels durfte er möglichst kein Aufsehen erregen. Folglich mußte er sich normal abmelden und seine Rechnung bezahlen. Alles andere wäre pure Torheit gewesen, hätte ihn als Betrüger entlarvt und zu Nachforschungen geführt.
Keycase wäre am liebsten auf der Stelle abgereist, widerstand aber der Versuchung. Eine Abreise mitten in der Nacht, die womöglich eine Diskussion darüber herausforderte, ob noch ein Tag mehr auf die Rechnung gesetzt werden sollte oder nicht, hatte zu viele Nachteile. Der Nachtkassierer würde sich an ihn erinnern und ihn beschreiben können. Das galt auch für andere Angestellte.
Nein! – Der Vormittag war die günstigste Zeit. Wenn er sich einem Schub abreisender Gäste anschloß, würde er unbeachtet bleiben.
Natürlich war der Aufschub nicht ganz ungefährlich. Der Herzog und die Herzogin von Croydon konnten den Verlust des Geldes entdecken und die Polizei alarmieren. Die Folge wäre Überwachung der Halle und Gepäckkontrolle bei den abreisenden Gästen. Auf der Kreditseite stand jedoch, daß nichts auf Keycase als den Täter hinwies und daß man wohl kaum sämtliche Gepäckstücke durchsuchen würde.
Ferner sagte Keycase ein Instinkt, daß das Vorhandensein einer so hohen Geldsumme in kleinen Scheinen sowie ihr Aufbewahrungsort zum mindesten seltsam, wenn nicht sogar verdächtig war. Würden die Croydons wirklich die Polizei alarmieren? Es war immerhin denkbar, daß sie es nicht tun würden.
Das zweite Problem war der Transport des Geldes.
Keycase erwog, es mit der Post zu versenden und an sich selbst zu adressieren, an ein Hotel in irgendeiner anderen Stadt, wo er es in ein oder zwei Tagen abholen konnte. Mit Bedauern sagte er sich, daß die Summe zu hoch war. Er würde zu viele Päckchen machen müssen und damit vielleicht die Aufmerksamkeit auf sich lenken.
Er würde das Geld bei sich tragen müssen. Aber wie?
Natürlich nicht in der Aktenmappe, die er aus dem Schlafzimmer der Herzogin entwendet hatte. Bevor er etwas in Angriff nahm, mußte er die Tasche verschwinden lassen. Keycase machte sich sogleich an die Arbeit.
Sorglich trennte er sie mit Hilfe von Rasierklingen auseinander und zerschnitt das Leder in kleine Schnipsel. Es war ein mühsames und langwieriges Unternehmen. Dann und wann spülte er eine Portion Schnipsel in der Toilette hinunter, war jedoch seiner Zimmernachbarn wegen darauf bedacht, es nicht zu häufig zu tun.
Es dauerte über zwei Stunden. Schließlich war von der Tasche nichts mehr vorhanden außer den Metallscharnieren und dem Schloß. Keycase steckte sie ein, verließ das Zimmer und schlenderte den Korridor entlang.
Nahe bei den Fahrstühlen standen mehrere Sandurnen. Er wühlte ein Loch in den Sand und stopfte Scharniere und Schloß möglichst tief hinein. Vermutlich würden sie irgendwann gefunden werden, aber erst, wenn er längst über alle Berge war.
Inzwischen war es ein bis zwei Stunden vor Tagesanbruch und totenstill im Hotel. Keycase kehrte in sein Zimmer zurück und verpackte seine Habseligkeiten bis auf die wenigen Dinge, die er noch brauchen würde. Er benutzte die zwei Koffer, mit denen er am Dienstag gekommen war. In dem größeren verstaute er die fünfzehntausend Dollar, nachdem er sie in mehrere schmutzige Oberhemden eingewickelt hatte.
Dann legte er sich schlafen.
Er hatte den Wecker auf zehn Uhr gestellt, aber entweder versagte der Wecker, oder er hörte ihn nicht. Als er erwachte,
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